Weidmann: Konjunktur in Deutschland deutlich abgekühlt
Die deutsche Konjunktur hat sich deutlich abgekühlt, und das Wirtschaftswachstum könnte 2019 ganz erheblich hinter der Ausweitung des Potenzials von 1 ½ Prozent zurückbleiben. Am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit Blick auf IWF-Prognosen, die 2019 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 rozent für Deutschland sehen: „Angesichts der Indikatoren am aktuellen Rand wäre aber auch ein etwas schwächeres Wachstum plausibel.“
Bislang keine breite Besserung der konjunkturellen Lage
Weidmann zufolge hat sich die Konjunktur in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2018 deutlich abgekühlt und für das laufende Jahr zeichne sich bislang keine breite Besserung ab. Als Gründe nannte er Produktionsprobleme in der Kfz-Industrie sowie fehlende Impulse aus der Exportwirtschaft sowie vom privaten Konsum. „Wir rechnen aber weiterhin damit, dass insbesondere der private Konsum seine Schwäche überwinden wird und das Wirtschaftswachstum stützt“
, sagte Weidmann. Der Einzelhandel habe in den ersten Monaten bereits ein Plus verzeichnet und auch die Kfz-Zulassungen privater Haushalte hätten sich erholt.
Nach Einschätzung Weidmanns ist das wahrscheinlichste Szenario ein sogenannter „soft patch“. Davon sprechen Fachleute, wenn das Wachstum nur vorübergehend schwächer ausfällt, ohne dass die Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Die Konjunktur werde also nach einer Pause wieder Fahrt aufnehmen, auch wenn das Wachstum der deutschen Wirtschaft 2019 ganz erheblich hinter der Potenzialrate zurückbleiben werde, so Weidmann.
Abwärtsrisiken für deutsche Wirtschaft
Weidmann warnte davor, dass die Gefahr eines ungeordneten Brexits noch nicht gebannt sei. Aus seiner Sicht stehen vor allem die möglichen Auswirkungen auf die Realwirtschaft im Vordergrund, denn mit Blick auf die Finanzmärkte seien bereits umfangreiche Vorkehrungen getroffen worden. „Ich hoffe, dass die am Mittwoch vereinbarte Nachspielzeit jetzt auch genutzt wird, um einen harten Brexit zu vermeiden“
, sagte der Bundesbankpräsident. Neben dem Brexit bezeichnete er auch den internationalen Handelskonflikt als wichtiges Abwärtsrisiko für das Wachstum der deutschen Wirtschaft.
Mit Blick auf die Geldpolitik im Eurosystem betonte der Bundesbankpräsident, dass die Normalisierung mit den jüngsten Entscheidungen des EZB-Rats nur aufgeschoben, aber nicht abgesagt worden sei. Er verwies darauf, dass sich wegen des schwächeren Wachstums der Preisauftrieb nicht so schnell festigen wird, wie Ende 2018 erwartet. Der Rat hatte vor diesem Hintergrund im März seine Kommunikation über den erwarteten Zeitpunkt für eine mögliche erste Zinsanhebung angepasst und zudem die Einführung neuer langfristiger Refinanzierungsgeschäfte beschlossen.