Ewald Nowotny und Jens Weidmann ©OeNB

Weidmann: EZB-Rat braucht Erfahrung und Eigenständigkeit

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat die Verdienste des ehemaligen Gouverneurs der Österreichischen Nationalbank (OeNB) und Mitglieds im EZB-Rat, Ewald Nowotny, gewürdigt. „Ewald Nowotny ist auf seine charmante Art stets sein eigener, einfallsreicher Kopf“, sagte Weidmann bei einer Rede in Wien. Und als solcher habe er den EZB-Rat über lange Zeit geprägt. Dem Nachfolger Nowotnys, Robert Holzmann, wünschte der Bundesbankpräsident viel Erfolg. „Ich freue mich auf die Begegnungen und den Austausch im EZB-Rat und außerhalb“, so Weidmann.  Auch Nowotny bedankte sich bei Weidmann für sein Kommen und blickte bei der Veranstaltung auf seine Amtszeit zurück. „Notenbanken sind Institutionen, die auf Stabilität und Nachhaltigkeit basieren. Es war mir eine Ehre dieses Amt innezuhaben und damit auch Teil des EZB-Rats zu sein“, sagte er.

Nicht an Kaufgrenzen rütteln

Bei seiner Rede warnte Weidmann mit Blick auf die Geldpolitik davor, an den Regeln des Anleihekaufprogramms des Eurosystems zu rütteln. Die Grenzen für das Programm seien eingezogen worden, um das Risiko zu mindern, dass die Geldpolitik ins Schlepptau der Finanzpolitik gerate, sagte er. Nach diesen Regeln darf das Eurosystem nur Anleihen eines Staates in einem Volumen von maximal 33 Prozent aller im Umlauf befindlichen Staatsanleihen kaufen. Zudem orientieren sich die Geschäfte am Kapitalschlüssel der EZB und nicht nach dem Umfang der Staatsverschuldung eines Landes im Euroraum.

Weidmann warnte davor, dass es mit den jüngsten Beschlüssen des EZB-Rats nur eine Frage der Zeit sei, bis die Kaufgrenzen in Frage gestellt würden. Bei der Ratssitzung im September hatte der EZB-Rat eine neue umfangreiche Lockerung der Geldpolitik beschlossen und dabei auch die Wiederaufnahme von Nettoanleihekäufen beschlossen. Seine Kritik an diesen Beschlüssen wiederholte der Bundesbankpräsident in Wien. Er halte das umfangreiche Paket an Maßnahmen in seiner Gesamtheit für unnötig und überzogen, sagte er mit Verweis auf die wirtschaftliche Lage und die Perspektiven im Euroraum, die nicht so schlecht seien. „Die Löhne steigen deutlich, die Vorausschätzung für die Inflationsrate in zwei Jahren wurde nur leicht herabgesetzt, und die Gefahr einer Deflation, also dauerhaft sinkender Preise und Löhne, ist nicht zu erkennen“, so Weidmann.

Verschiedene Meinungen wichtig

Der Bundesbankpräsident betonte zudem die Wichtigkeit der Meinungsvielfalt im EZB-Rat. Eine möglichst vollständige Betrachtung von Daten, Konzepten und möglichen Sichtweisen sei gerade dann wichtig, wenn die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung besonders hoch sei, sagte er. „Mit Blick auf die Konjunktur in der Welt und im Euroraum befinden wir uns zweifelsohne in einer solchen Phase der Unsicherheit“, sagte der Bundesbankpräsident. Was der EZB-Rat brauche, seien Erfahrung und Eigenständigkeit im Urteil. Darauf komme es entscheidend an, damit das Urteil einer Gruppe dem einer Einzelperson überlegen sei. Mit Bedauern habe er den Rücktritt von Sabine Lautenschläger zur Kenntnis genommen. „Ihre Stimme hat den Rat bereichert und wird uns künftig fehlen“, sagte er. Die Vielfalt der Meinungen und Perspektiven sei stets die Stärke dieses Gremiums gewesen, nicht die Schwäche, so Weidmann. Die EZB-Direktorin will ihren Posten zum 31. Oktober aufgeben.

Fotos der Veranstaltung