Weidmann: Aufschwung nutzen, um Reformen voranzutreiben

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich dafür ausgesprochen, die guten weltwirtschaftlichen Aussichten für Reformen zu nutzen. Es komme jetzt darauf an, "den gegenwärtigen zyklischen Aufschwung zu nutzen, um strukturelle Reformen voranzutreiben, die Volkswirtschaften auf einen dauerhaft höheren Wachstumspfad führen", sagte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Weidmann verwies vor diesem Hintergrund darauf, dass der IWF für seine aktuelle Politikagenda auch das passende Motto "Eine günstige Gelegenheit" gewählt habe.

Die Notwendigkeit für weitere Strukturreformen ergibt sich dem Bundesbankpräsidenten zufolge auch daraus, dass private und öffentliche Schulden in vielen Ländern immer noch auf Höchstständen verharrten. Wenn hier keine weiteren Vorkehrungen getroffen würden, dann fehlten beim nächsten Abschwung wichtige Spielräume, um etwa mit einer expansiven Fiskalpolitik gegensteuern zu können. Weidmann unterstrich, dass "die Reformen darauf abstellen sollten, die Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaften zu erhöhen." Dies sei auch das Motto der auslaufenden deutschen G20-Präsidentschaft.

Weltwirtschaft im Auftrieb

Mit Blick auf die Weltwirtschaft betonte der Bundesbankpräsident, dass sich die globale Konjunktur weiter gefestigt habe. So sei auch das Wachstum der Weltwirtschaft im Frühjahr 2017 mit 0,9 Prozent auf Quartalssicht das stärkste seit vielen Jahren gewesen. Zugleich habe das Volumen des Welthandels weiter zugelegt. "Die konjunkturelle Verbesserung ist zudem breit angelegt, vor allem für die USA und den Euroraum zeichnet sich ein relativ starkes Sommerhalbjahr ab", sagte Weidmann.

Er verwies diesbezüglich auf die neuen Wachstumsprognosen des IWF, der für dieses und nächstes Jahr Zuwachsraten des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,6 Prozent bzw. 3,7 Prozent erwartet und damit ältere Prognosen leicht anhob. Weidmann unterstrich, dass der IWF dabei auch die Prognosen für den Euroraum nach oben angepasst habe - auf 2,1 Prozent Wachstum in diesem und 1,9 Prozent im kommenden Jahr.

Aufschwung schafft Perspektiven für geldpolitische Normalisierung

Die weiter verbesserte Wirtschaftsdynamik ist Weidmann zufolge auch aus geldpolitischer Sicht relevant. "Dadurch werden zusätzliche Perspektiven für eine Normalisierung geschaffen", sagte Weidmann, insbesondere auch mit Blick auf die Geldpolitik im Eurosystem, wo Ende Oktober wichtige Entscheidungen zum weiteren Fortgang vor allem des Wertpapierankaufprogramms gefällt werden. Es gehe nun darum, so der Bundesbankpräsident, "das geldpolitische Gaspedal nicht ständig durchzutreten".