Neubausiedlung vor München ©Peter Kneffel

Vermögen in Deutschland sind deutlich gestiegen

Die Vermögen privater Haushalte in Deutschland sind zwischen 2014 und 2017 gestiegen. Das geht aus einer Studie der Bundesbank hervor, die die Vermögen und Finanzen der Haushalte regelmäßig untersucht („Private Haushalte und ihre Finanzen (PHF)“). So erhöhte sich das durchschnittliche Nettovermögen der Haushalte zwischen 2014 und 2017 um 18.300 Euro. Insbesondere Haushalte mit Immobilien- und Aktienbesitz profitierten von den gestiegenen Preisen dieser Werte. „Die Ergebnisse unterstreichen damit erneut die Bedeutung von Immobilien für die Vermögensbestände von privaten Haushalten“, heißt es hierzu im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank. Bei Haushalten, die ihre Immobilie selbst nutzten, stieg das Immobilienvermögen zwischen 2014 und 2017 im Schnitt um 27.000 Euro beziehungsweise 12 Prozent an. Der Wert von Aktien, die Haushalte direkt hielten, stieg um etwa 5.000 Euro beziehungsweise 13 Prozent. Auch die Vermögen vieler Mieter- und vermögensärmerer Haushaltelegten zu. Für diese Entwicklung sind laut der Expertinnen und Experten vor allem die gestiegenen Einkommen ursächlich. Sie ermöglichten auch ärmeren Haushalten, Ersparnisse zu bilden.

Ungleichheit bleibt hoch

Die Fachleute der Bundesbank untersuchten auch die Ungleichheit in Deutschland. „Nach wie vor ist Deutschland ein Land, in dem die privaten Vermögen ungleich verteilt sind“, schreiben sie in dem Bericht. Dies lässt sich unter anderem am Anteil ablesen, der den reichsten zehn Prozent der privaten Haushalte gehört. Dazu zählen Haushalte, die im Jahr 2017 mindestens 555.400 Euro Nettovermögen besaßen. Diese Gruppe nannte 2017 in Deutschland etwa 55 Prozent des gesamten Nettovermögens ihr Eigen.

Auf die hohe Ungleichheit in Deutschland deutet ebenso der sogenannte Gini-Koeffizient – ein Maß zur Beschreibung einer Verteilung – hin. Der Gini-Koeffizient nimmt in der Regel Werte zwischen 0 Prozent und 100 Prozent an: Ein Wert von 0 Prozent beschreibt eine perfekte Gleichverteilung, ein Wert von 100 Prozent eine maximal ungleiche Verteilung. Im Jahr 2017 lag er in Deutschland für das Nettovermögen der privaten Haushalte bei 74 Prozent (im Jahr 2014: 76 Prozent). Somit war das Nettovermögen hierzulande ungleicher verteilt als Fachleute es für den Euroraum insgesamt für das Jahr 2014 ermittelt hatten (68,5 Prozent). Neuere Zahlen belegen zudem, dass die Nettovermögen in Deutschland ungleicher verteilt sind als in Italien (61,6 Prozent im Jahr 2016); in Österreich ist die Ungleichheit etwa gleich hoch (73 Prozent im Jahr 2017), in den Vereinigten Staaten deutlich ausgeprägter (86 Prozent im Jahr 2016). Ob sich die Ungleichheit in Deutschland insgesamt eher verringert oder verstärkt hat, konnten die Forscherinnen und Forscher nicht eindeutig feststellen. Aus den Zahlen lasse sich kein eindeutiger Trend ablesen, heißt es in dem Bericht.

Haushalte im Osten haben deutlich geringere Vermögen als im Westen

Die Fachleute der Bundesbank untersuchten auch, ob Merkmale wie die Region, in der ein Haushalt lebt, das Alter oder der Familienstand der Referenzperson Hinweise darauf geben, ob ein Haushalt eher vermögend ist oder nicht. Hierbei fanden sie heraus, dass die Nettovermögen im Osten Deutschlands deutlich geringer waren als im Westen. Das liegt laut den Forscherinnen und Forschern auch daran, dass im Osten weniger Haushalte Immobilien besitzen als im Westen. Je flächendeckender Wohneigentum gehalten wird, umso mehr Menschen können nämlich von steigenden Immobilienpreisen profitieren. Auch das Alter der Referenzpersonen in den Haushalten ist entscheidend. So haben laut der Studie Haushalte, in denen diese Person zwischen 16 und 24 Jahre alt ist, das geringste Nettovermögen. Das Vermögen nimmt dann bis zur Altersgruppe der ab 65-Jährigen immer weiter zu. Ab diesem Alter „entsparen“ viele Menschen und schenken beispielsweise ihren Kindern Teile ihres Vermögens. Der Familienstand der Personen spielt ebenfalls eine Rolle. So verfügten vor allem die Haushalte von Alleinerziehenden über deutlich geringere Vermögen als Paarhaushalte. Die Hälfte der Haushalte von Alleinerziehenden besaß im Jahr 2017 weniger als 3.900 Euro Nettovermögen.

Verschuldete Haushalte profitieren von niedrigen Zinsen

Im Fokus der Forscherinnen und Forscher standen auch das Anlageverhalten und die Schulden der Haushalte. In der Zusammenschau mit den Ergebnissen aus den Jahren 2014 und 2010 zeigte sich hierbei, dass die Haushalte nach wie vor nur zögerlich in Wertpapiere investierten. Zudem hielten sie einen substanziellen Teil ihres Finanzvermögens in liquiden und als risikoarm empfundenen Anlageformen, obwohl diese derzeit nur geringe Rendite abwerfen. Es gebe zudem erste Anzeichen dafür, dass weniger Haushalte in längerfristige Anlagen investieren wie etwa Verträge zur privaten Altersvorsorge oder kapitalbildende Lebensversicherungen. 

Verschuldete Haushalte profitierten laut der Studie von den niedrigen Kreditzinsen. Der Anteil der verschuldeten Haushalte habe sich zwischen 2010 und 2017 laut PHF-Studie kaum verändert. „Nach wie vor haben etwa 45 Prozent der Haushalte irgendeine Art von ausstehenden Schulden“, heißt es in dem Bericht.

Im Fokus: Die PHF-Studie

Die Befragung der Bundesbank ermöglicht ein umfassendes Bild vom Vermögen und zur Verschuldung der Haushalte in Deutschland. Die Studie befasst sich im Kern mit der finanziellen Struktur, dem Einkommen und dem Ausgabeverhalten privater Haushalte. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beschäftigen sich beispielsweise mit den folgenden Fragen: Wie viel Geld steht den Haushalten zur Verfügung? Wie legen sie dieses Geld an? Was können sie für Miete, Lebensmittel und Kleidung ausgeben? Wie hoch ist ihre finanzielle Belastung durch Kredite? Die Befragung findet seit dem Jahr 2010 etwa alle drei Jahre statt. Im Jahr 2017 beteiligten sich fast 5.000 Haushalte. Rund zwei Drittel nahmen bereits zum zweiten oder dritten Mal teil. Die Ergebnisse der Studie werden veröffentlicht und stehen allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung.

Für die Wissenschaft ist die Studie vor allem deshalb interessant, weil sie einen großen Datenschatz für die Forschung bietet. Die Forschungsprojekte decken dabei ein breites Spektrum ab: Dazu gehören etwa Studien zum Zusammenhang zwischen Immobilienbesitz und Vermögensaufbau oder zum Einfluss der Geldpolitik auf die Vermögensverteilung. Analysen auf Basis einer Sondererhebung im Rahmen der aktuellen PHF-Studie zeigen etwa für das Jahr 2016, dass die Haushalte in ihrem Sparverhalten auf die niedrigen Zinsen reagierten. Fachleute verwenden die Ergebnisse auch für die Politikberatung, und zwar innerhalb und außerhalb der Bundesbank.