Thiele: Forderung nach kompletter Bargeldabschaffung ist unangemessen Bargeldsymposium 2018

Bundesbankvorstand Carl-Ludwig Thiele hat sich gegen eine Abschaffung des Bargelds ausgesprochen. Sie berge hohe Risiken, bei denen die Nachteile die Vorteile bei weitem überwögen, sagte Thiele beim vierten Bargeldsymposium der Bundesbank. "Bargeld ist geprägte Freiheit. Ich bin felsenfest überzeugt davon: Bargeld wird auch in Zukunft seine Gültigkeit behalten", sagte er.

Bargeld bleibt beliebtestes Zahlungsmittel

Carl-Ludwig Thiele während der Podiumsdiskussion ©Nils Thies
Carl-Ludwig Thiele
Bargeld sei und bleibe weiterhin das meistgenutzte Zahlungsmittel, erklärte Thiele und berief sich dabei auf die Ergebnisse der jüngsten Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland. Für die Untersuchung befragte die Bundesbank im Jahr 2017 mehr als 2.000 Personen zu ihren Zahlungsgewohnheiten. Demnach zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland rund 74 Prozent ihre Einkäufe bar. Allerdings gewinnen bargeldlose Zahlungsmittel weiter an Bedeutung, insbesondere bei größeren Beträgen ab 50 Euro. 2017 nutzten die Verbraucherinnen und Verbraucher für 35 Prozent aller Zahlungen eine Debitkarte; im Jahr  2008 hatte dieser Anteil noch bei 26 Prozent gelegen. "Dies zeigt vor allem eins: Die Deutschen nutzen zumeist ihnen bekannte Zahlverfahren", so Thiele.

Digitales Geld ist keine Alternative

Auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann zeigte sich davon überzeugt, dass Bargeld weiterhin ein attraktives und häufig genutztes Zahlungsmittel bleiben werde. Aus seiner Sicht stellt digitales Geld auf absehbare Zeit keine ernsthafte Konkurrenz für Bargeld oder Bankguthaben dar. Würden die Notenbanken digitales Zentralbankgeld ausgeben, könne dies weitreichende Auswirkungen auf den Finanzsektor und damit auf die Geldpolitik haben, warnte er. Das größte Risiko für die Finanzstabilität stelle dabei die Möglichkeit eines digitalen Ansturms auf die Banken dar, bei dem Anleger ihr Geld möglichst schnell abheben beziehungsweise transferieren wollen. "Im Falle eines digitalen Bank Runs könnten Sie Ihre Ersparnisse per Mausklick auf das eigene Konto bei der Notenbank überweisen und damit aus dem privaten Finanzsystem fliehen", sagte Weidmann.

Mit Blick auf die aktuelle Diskussion um virtuelle Währungen wie den Bitcoin betonte der Bundesbankpräsident erneut, dass diese sich nicht als Zahlungs- oder Wertaufbewahrungsmittel eigneten. Weidmann zufolge passe der Begriff "Krypto-Token" besser, da diese die klassischen Funktionen einer Währung nicht erfüllten, sondern Spekulationsobjekte seien. "Wer sie kauft, riskiert Verluste, möglicherweise sogar den Totalverlust." Den Forderungen nach einem Verbot von Krypto-Token erteilte Weidmann dennoch eine Absage. Vielmehr seien im Sinne eines verbesserten Verbraucherschutzes umfangreichere Informationen für Anleger wichtig. Außerdem müssten bestehende Geldwäschevorschriften konsequent durchgesetzt werden, forderte Weidmann.

Bargeld ermöglicht Freiheit

EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch betonte in seiner Rede die wichtige Funktion, die Bargeld für die Wahrnehmung vieler Grundrechte habe. "Bargeld gewährt Privatsphäre und sichert damit Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die Handlungsfreiheit und Meinungsfreiheit ab", sagte Mersch. Das Argument vieler Kritiker, Bargeld würde kriminellen Aktivitäten Vorschub leisten, ließ er nicht gelten. Eine besondere Verknüpfung zwischen Bargeld und kriminellen Aktivitäten sei statistisch nicht feststellbar, so Mersch. Darüber hinaus ermögliche Bargeld Gleichheit und Teilhabe, da Bargeld für alle Bevölkerungsschichten, auch für sozial Schwache, leicht zugänglich sei.

Den Freiheitsaspekt von Bargeld betonte auch der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio. Die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger muss nach seiner Einschätzung unbedingt erhalten bleiben. "Wir dürfen den Bürger nicht in ein System zwingen, wo er ununterbrochen Spuren hinterlässt", so Di Fabio. Eine Abschaffung des Bargelds sei deshalb ein Verstoß gegen die Pflicht des Staates, eine geeignete Infrastruktur zum Schutz von Persönlichkeitsrechten zu erhalten.

Vertrauen schaffen und erhalten

Zentral ist laut Vorstandsmitglied Thiele letztlich das Vertrauen in die Währung. Neue Technologien müssten immer mit Blick darauf beurteilt werden, ob Vertrauen geschaffen beziehungsweise erhalten werde. "Es ist nicht das Geld der Zentralbanken, diese stellen es als Zahlungsmittel zur Verfügung. Es ist das Geld der Bürger", so Thiele.

ollkl