Monatsbericht Juli: Markt für Unternehmensanleihen kräftig gewachsen

Der Markt für Anleihen nichtfinanzieller Unternehmen im Eurogebiet ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Laut der Kapitalmarktstatistik der Europäischen Zentralbank hat sich der Umlauf dieser Anleihen seit Anfang 2011 auf 1020,4 Mrd € erhöht, heißt es im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank. Dies entspreche einer Zunahme von knapp 50 Prozent. Vor allem Firmen in Frankreich hätten in großem Umfang Papiere emittiert. Dort beanspruchen Unternehmen den Kapitalmarkt traditionell vergleichsweise stark. Außerdem hätten italienische, deutsche und spanische Unternehmen zum Marktwachstum beigetragen. Nichtfinanzielle Unternehmen sind Firmen, die keine Finanz- oder Versicherungsdienstleistungen erbringen.

Angebot und Nachfrage gestiegen

Laut den Bundesbank-Fachleuten geht diese Entwicklung sowohl auf ein höheres Angebot an als auch auf eine höhere Nachfrage nach Unternehmensanleihen zurück. In einem insgesamt wachsenden Markt hätten dabei "vor allem in einigen Peripherieländern etliche nichtfinanzielle Unternehmen in den Krisenjahren Bankkredite durch Anleihen ersetzt und dadurch ihre Finanzierungsquellen diversifiziert", schreiben sie. Damals waren Bankkredite in den von der Staatsschuldenkrise besonders betroffenen Ländern nur in geringerem Umfang oder zu ungünstigeren Bedingungen verfügbar. Hingegen dürften für französische und deutsche Unternehmen die gegenüber den Kreditzinsen günstigeren Finanzierungsbedingungen am Markt für Unternehmensanleihen stärker bei der Finanzierungsentscheidung im Vordergrund gestanden haben.

Auch die Nachfrage nach Unternehmensanleihen sei seit Anfang 2011 gestiegen, schreiben die Bundesbank-Fachleute. Zum einen hätten die rückläufigen Zinsen für risikolose Anlagen für ein reges Interesse der Anleger gesorgt. Institutionelle Anleger wie Versicherungen und sonstige finanzielle Institute (zum Beispiel Investmentfonds) hätten deshalb auf der Suche nach Rendite vermehrt in Unternehmensanleihen investiert. Schließlich sei das Eurosystem seit dem Beginn seiner Unternehmensanleihekäufe im Juni 2016 als relevanter Investor in Erscheinung getreten. Im Rahmen des sogenannten CSPP-Programms (Corporate Sector Purchase Programme), das die Wirtschaftsaktivität und die Inflationsentwicklung positiv beeinflussen soll, kann das Eurosystem seit dem 8. Juni 2016 Unternehmensanleihen erwerben, wobei allerdings eine Reihe von Voraussetzungen – etwa bestimmte Mindestratings oder Restlaufzeiten – erfüllt sein muss.

Käufe im CSPP können Nebenwirkungen haben

Das Kaufprogramm habe zusätzlichen Spielraum für die Begebung von Anleihen geschaffen, schreiben die Bundesbank-Expertinnen und Experten im Weiteren. Doch seien mit dem Kaufprogramm auch mögliche unerwünschte Nebenwirkungen in Kauf genommen worden. Dazu gehöre eine mögliche Begünstigung von kapitalmarktaktiven Unternehmen, zu denen in der Regel größere Unternehmen zählen. "Das Eurosystem greift insofern tiefer in die Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen ein als mit konventionellen geldpolitischen Maßnahmen", so die Bundesbank-Fachleute.

Zudem komme es zu Bilanzrisiken für das Eurosystem, die trotz der vorgesehenen Risiko­kontrollmaßnahmen größer seien als bei typischen Refinanzierungsgeschäften mit Kreditinstituten. Mögliche Preisverzerrungen am Markt für Unternehmensanleihen gehörten ebenfalls zu den Risiken des Programms, so die Expertinnen und Experten. Ferner erwachse dem Eurosystem als Gläubiger von Unternehmen eine neue Rolle, wenn es im Rahmen von Gläubigerversammlungen zu Änderungen wesentlicher Emissionsbedingungen einer Anleihe kommen sollte. "Diese Rolle kann in einem Spannungsverhältnis zu dem Prinzip stehen, dass die Geldpolitik möglichst neutral, also ohne Einfluss auf die Geschäftspolitik eines Unternehmens, erfolgen soll", heißt es in dem Bericht.

Anleihemarkt könnte weiter wachsen

Daneben weisen die Bundesbank-Fachleute auf eine weitere Entwicklung hin, die zu einem Risiko für die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Marktes werden könnte. Die Korrelation der Anleiherenditen von Unternehmen verschiedener Branchen habe sich im Zuge des CSPP erhöht, beobachten die Expertinnen und Experten. Darin könnte zum Ausdruck kommen, dass die Unterschiede zwischen einzelnen Anleihen für die Anleger an Bedeutung verloren haben, was sich letztlich ungünstig auf die Effizienz der Kapitalmärkte und die Kapitalallokation auswirken könnte. "Das Risiko muss aus Sicht der Zentralbank laufend analysiert werden", heißt es im Monatsbericht.

Der Markt für Unternehmensanleihen könnte in Zukunft weiter wachsen. Darauf deuten laut dem Monatsbericht einige Faktoren hin. So könnten sich zum Beispiel Unternehmen, die in den vergangenen Jahren erstmals eine Anleihe emittiert haben, veranlasst sehen, Bankkredite dauerhaft durch Anleihen zu ersetzen. Zudem könnte das Marktwachstum durch politische Bestrebungen der EU gestützt werden. Hierzu zählten zum Beispiel Bemühungen, Hindernisse für die Integration der europäischen Anleihemärkte abzubauen und die Transparenz hinsichtlich unterschiedlicher nationaler Regeln zu verbessern, heißt es in dem Aufsatz.