Monatsbericht: Deutsche Inflationsrate erstmals seit 70 Jahren zweistellig – Wirtschaft dürfte an der Schwelle zur Rezession sein
Laut dem Monatsbericht der Bundesbank dürfte sich die deutsche Wirtschaft an der Schwelle zu einer Rezession befinden. So bezeichnen die Expertinnen und Experten der Bundesbank einen deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaftsleistung. Die anhaltend hohe Inflation und die Unsicherheit über die Energieversorgung und ihre Kosten belasteten die deutsche Wirtschaft derzeit deutlich, heißt es in dem Bericht. Insbesondere die Lage bei der Gasversorgung werde in den kommenden Monaten aufgrund der fehlenden russischen Gaslieferungen angespannt sein. Den Fachleuten zufolge ist eine Rationierung von Gas zwar aus heutiger Sicht eher nicht zu erwarten. „Hohe Energiekosten können aber ähnlich wirken und dazu führen, dass insbesondere in der Industrie die Produktion sinkt“
, schreiben sie. Dazu passten die pessimistischen Produktionspläne und Exporterwartungen in diesem Sektor. Die erheblichen Kaufkraftverluste und die zurückhaltende Kauflaune der privaten Haushalte dürften zudem zu einem Rückgang beim privaten Konsum führen und auf die konsumnahen Dienstleistungen ausstrahlen. „Insgesamt könnte die Wirtschaftsleistung im Winterhalbjahr deutlich sinken“,
so die Fachleute. Das Ausmaß dieses Rückgangs sei allerdings ausgesprochen unsicher. So würde eine Gasmangellage die Abwärtskräfte verstärken. Die neu angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung zur Dämpfung der hohen Gas- und Strompreise könnten ihnen jedoch, abhängig von ihrer Ausgestaltung, entgegenwirken.
Im dritten Quartal 2022 könnte die Wirtschaftsleistung noch etwa unverändert geblieben sein, heißt es in dem Bericht. Industrie und Bau steigerten den bis August verfügbaren Angaben zufolge ihre Produktion etwas. Der Wegfall der meisten Corona-Schutzmaßnahmen habe zudem in manchen Dienstleistungsbranchen wohl noch für positive Impulse gesorgt. Im Einzelhandel seien die preisbereinigten Umsätze dagegen etwas zurückgegangen. „Außerdem dürfte die Wirtschaftsleistung im Verlauf des Quartals rückläufig gewesen sein,“
so die Fachleute. Am Bau mehrten sich laut dem Bericht bereits die Anzeichen für eine Abschwächung. „Hohe Baupreise, gedämpfte Kaufkraft der privaten Haushalte und gestiegene Finanzierungskosten drücken die Nachfrage nach Bauleistungen“,
heißt es hierzu.
Inflationsrate dürfte zweistellig bleiben
Laut den Expertinnen und Experten dürfte die Inflationsrate hierzulande in den nächsten Monaten zweistellig bleiben, auch wenn einige neue Entlastungen in Kraft treten würden, wie beispielsweise die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas und Fernwärme ab Oktober. Die Übernahme der Gasabschlagszahlung durch den Staat im Dezember 2022 habe nicht unbedingt Auswirkungen auf die Inflationsrate. „Dies hängt davon ab, auf welchem Weg der staatliche Zuschuss die Haushalte erreicht, und damit davon, wie er sich in der amtlichen Preismessung niederschlägt“
, schreiben die Fachleute. Die Inflation hierzulande, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), hatte im September bei 10,9 Prozent (August: 8,8 Prozent) gelegen. „Die außergewöhnlich hohen Preissteigerungen der Vormonate auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen setzten sich fort“,
heißt es in dem Bericht hierzu. Dies habe vor allem an dem andauernden Preisdruck auf den europäischen Energiemärkten gelegen. Die Einfuhrpreise insgesamt seien im August im Vergleich zum Vorjahr um rund 33 Prozent und die Preise der inländischen Erzeugnisse um rund 46 Prozent gestiegen. „So verdreifachten sich beispielsweise im Inlandsabsatz die Strom- und Gaspreise.“