Mehr Eigenkapital gegen Krisen: der antizyklische Kapitalpuffer

Probleme im Finanzsystem können schnell jeden treffen. Das hat die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 gezeigt, die schnell auf die Realwirtschaft übergriff. Unternehmen führten vielfach Kurzarbeit ein, Menschen verloren ihre Arbeit. Um Risiken weltweiter Finanzkrisen zu verringern, veröffentlichte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Jahr 2010 neue Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für Kreditinstitute (die sogenannten Basel III-Regeln). Unter besonderer Beobachtung stand dabei die Kreditvergabe der Banken. Schließlich war eine übermäßige Vergabe von Immobilienkrediten in den Vereinigten Staaten eine der wesentlichen Ursachen der Finanzkrise.

Banken verkraften Verluste besser

Mit dem sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer, der in Deutschland zum 1. Januar 2016 eingeführt wird, setzt die deutsche Bankenaufsicht eine weitere wichtige Komponente des Basel-III-Regelwerks um. In Deutschland ist es Aufgabe der BaFin, eine inländische Pufferquote festzulegen und zu veröffentlichen. Die Bundesbank bereitet dazu Analysen vor, auf deren Basis dann die Höhe einer angemessenen Pufferquote ermittelt wird. Um diese Methodik offenzulegen, hat sie nun ein Papier unter dem Titel "Der antizyklische Kapitalpuffer in Deutschland" veröffentlicht.

Den antizyklischen Kapitalpuffer können die Aufseher entgegen der Entwicklung bei der Kreditvergabe einsetzen: Vergeben die Banken aus Sicht der Aufseher übermäßig viele Kredite an den privaten Sektor, können sie die Banken dazu verpflichten, mehr Eigenkapital zu halten. Erleiden die Banken dann später Verluste, können sie diese dank des zusätzlich aufgebauten Kapitals besser verkraften. Die höhere Eigenmittelanforderung kann außerdem ein Anreiz für die Banken sein, ihre Kreditvergabe nicht noch weiter auszuweiten. Beobachtet die Aufsicht dagegen eine Normalisierung der gesamtwirtschaftlichen Kreditvergabe, kann sie den Kapitalpuffer wieder schrittweise freigeben.

Berechnung des Kapitalpuffers in Deutschland

Eine wichtige Rolle bei der Festlegung des Kapitalpuffers spielt die sogenannte Kredit/Bruttoinlandsprodukt (BIP)-Lücke, wie es in dem Papier heißt. Dieser Indikator zeigt an, inwieweit die Kredite im historischen Vergleich schneller wachsen als die Wirtschaftsleistung eines Landes. Eine positive Lücke kann demnach auf ein übermäßiges Kreditwachstum hindeuten. Mittels der Kredit/BIP-Lücke errechnen die Aufseher dann einen Pufferrichtwert. Aus Sicht der Bundesbank reicht dieser Pufferrichtwert alleine aber nicht aus, um die Höhe des zusätzlichen Eigenkapitals zu bestimmen. Ein einzelner Indikator könne allerdings leicht Fehlsignale geben, argumentieren die Autoren des Papiers. Deshalb spielen weitere Indikatoren, etwa über die Verschuldung des Privatsektors und Entwicklungen am Immobilienmarkt, bei der Berechnung der Pufferquote eine Rolle. Auch quantitative und qualitative Marktinformationen sowie Erkenntnisse aus Stresstests werden in eine ökonomische Gesamtbetrachtung einbezogen. Die Entscheidung über die Höhe des Kapitalpuffers enthält also auch diskretionäre Elemente.

In Norwegen und Schweden hat die Bankenaufsicht den antizyklischen Kapitalpuffer bereits eingesetzt. Dort waren die Banken im dritten Quartal 2015 erstmalig dazu aufgefordert, einen Puffer vorzuhalten. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen werden sich jedoch erst in einiger Zeit beurteilen lassen. Die Analysen zu Instrumenten mit einer vergleichbaren Wirkung deuten aber bereits darauf hin, dass dieses neue makroprudenzielle Instrument effektiv zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Banken in Krisenzeiten beitragen kann, lautet die Schlussfolgerung der Autoren des Bundesbank-Papiers.