Mauderer: „Zentralbanken und Aufsichtsbehörden müssen auch naturbezogene Risiken und den Verlust der Biodiversität berücksichtigen“
Zentralbanken und Aufsichtsbehörden müssen auch naturbezogene Risiken und den Verlust der Biodiversität berücksichtigen
, sagte Sabine Mauderer, Mitglied des Bundesbankvorstands und stellvertretende Vorsitzende des NGFS (Network for Greening the Financial System), in ihrer Eröffnungsrede. Denn es wird kein stabiles Klima ohne eine gesunde Natur geben – und umgekehrt.
Der Klimawandel ist eines der beherrschenden Themen unserer Zeit und wirkt sich auf Wirtschaft, Gesellschaft und Finanzsystem aus. Er zerstört nicht nur die Lebensgrundlagen vieler Menschen, sondern kann auch die Produktion beeinträchtigen und damit die Inflation beeinflussen, so Mauderer. Bei der vom Forschungszentrum organisierten Konferenz, die unter dem Thema „Klimawandel und Zentralbanken“ stand, tauschten sich Expertinnen und Experten aus Notenbanken und Wissenschaft am 11. und 12. Mai darüber aus, wie der Klimawandel die Arbeit von Notenbanken beeinflusst.
Klimawandel und Biodiversität nicht voneinander trennbar
Klimabedingte Risiken müssten genauso beobachtet werden wie alle anderen Risiken, sagte Mauderer. Der Verlust der Biodiversität wirke sich auch auf unsere Volkswirtschaften, Gemeinschaften und unser Leben aus. Der Rückgang ausgewählter Ökosystemleistungen könne nach Angaben der Weltbank bis 2030 einen Rückgang des globalen Bruttoinlandsprodukts um mehr als 2 Prozent jährlich verursachen. Zentralbanken und Aufsichtsbehörden weltweit müssten ihre ökonomischen Modelle weiter verbessern, um Klimarisiken besser zu erfassen und naturbedingte Risiken und den Verlust der biologischen Vielfalt zu berücksichtigen. Es sei wichtig, naturbedingte Risiken nicht von klimabedingten Risiken zu trennen, sagte Mauderer.
Auch Professor Geoffrey Heal von der Columbia University, bekannt für seine Beiträge zur Wirtschaftstheorie und zur Ressourcen- und Umweltökonomie, hob in seiner Präsentation die entscheidende Bedeutung der Biodiversität hervor. Ohne sie wäre der Mensch nicht entstanden und könne nicht weiter existieren, warnte er. Die biologische Vielfalt sei nicht nur für die natürliche Umwelt von Bedeutung, sondern auch für die Wirtschaft und die Gesellschaft als Ganzes. Viele der von der biologischen Vielfalt erbrachten „Dienstleistungen“ seien langlebige öffentliche Güter, für die nur eine zu niedrige Zahlungsbereitschaft seitens der Wirtschaftstakteure besteht. Trotz dieser Herausforderung wachse das Interesse an Investitionen in die biologische Vielfalt. Die Fähigkeit, die biologische Vielfalt in wirtschaftlicher Hinsicht zu bewerten, sei für ihre Erhaltung von entscheidender Bedeutung, denn Schädigungen der Biodiversität seien irreversibel. Es seien dringend weitere Anstrengungen erforderlich, um Wege zu finden, ihren Wert in wirtschaftliche Entscheidungen zu integrieren, mahnte Heal.
Preisstabilität für die grüne Transformation wichtig
In seiner Grußbotschaft betonte Bundesbankpräsident Joachim Nagel, wie wichtig die Wahrung der Preisstabilität als Ausgangspunkt für die Berücksichtigung von Klimafragen in der Geldpolitik sei. Das Streben nach Preisstabilität unterstütze die grüne Transformation in dreifacher Hinsicht: Eine niedrige und stabile Inflation ermögliche es Haushalten und Unternehmen, ihr Verhalten anzupassen, wodurch es einfacher würde, politisch bedingte Preissignale von allgemeinen Preisbewegungen zu unterscheiden. Zweitens erleichtere Preisstabilität die Entscheidung und die Finanzierung umfangreicher Investitionen in technologische Innovationen und erneuerbare Energien. Drittens verringere sie laut Nagel das Risiko anhaltend höherer Laufzeitprämien. Der Präsident betonte auch, dass die Zentralbanken zu einem gemeinsamen Verständnis der Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft beitragen und klimabedingte finanzielle Risiken für ihre eigenen Bilanzen beherrschen müssten.
Esteban Rossi-Hansberg von der University of Chicago hob die globalen Auswirkungen des Klimawandels hervor, die dauerhaft und in verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein werden. Die gesamtwirtschaftlichen Effekte zu quantifizieren sei komplex, da die Kosten der Anpassung an den Klimawandel von der Mobilität von Menschen, Waren und Investitionen, abhingen. Forschende müssten daher bestehende dynamische Modelle weiter entwickeln, um Anpassungskosten in angemessener Weise berücksichtigen zu können.
In weiteren akademischen Beiträgen diskutierten die Forschenden die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel und Preisstabilität, Finanzfriktionen sowie Innovation und Beschäftigung. Dabei wurden unter anderem auch Ergebnisse eigener Projekte des Forschungszentrums vorgestellt.
Falko Fecht, Leiter des Forschungszentrums der Bundesbank, dankte den rund 80 teilnehmenden Forscherinnen und Forschern sowie dem Organisationsteam für zwei spannende und lehrreiche Tage. Die Konferenz hat gezeigt, dass der Austausch mit der akademischen Welt von entscheidender Bedeutung ist, damit Zentralbanken für die Herausforderungen des Klimawandels gerüstet sind. Das Programm der Frühjahrskonferenz ist für unsere weitere Arbeit daher motivierend und inspirierend.
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