Lohnentwicklung verzögerte Erholung im Euro-Raum

In den Jahren vor der Finanz- und Wirtschaftskrise stiegen die Löhne im Euro-Raum durchschnittlich um 2,9 Prozent, in der Spitze sogar um 3,7 Prozent. In den Krisenjahren 2008 bis 2013 verringerte sich ihre Zunahme zwar, betrug aber trotz der erheblichen Verschlechterung der Wachstumsperspektiven immer noch durchschnittlich 2,5 Prozent, heißt es im jüngsten Monatsbericht der Bundesbank. Erst 2014 wurde die Lohnentwicklung aufgrund einer schwachen Produktivitätsentwicklung und niedriger Preissteigerungsraten gebremst und blieb bis zuletzt verhalten.

Obgleich die Grundtendenz im gesamten Eurogebiet zu beobachten gewesen sei, habe sich das Lohnwachstum in den einzelnen Mitgliedsländern unterschiedlich entwickelt, so die Bundesbank-Ökonomen. "Deutschland spielte in der Lohndynamik des Euro-Raums eine Sonderrolle." Hier fiel das Lohnwachstum in den ersten Krisenjahren besonders kräftig aus. Die Ökonomen führen dies darauf zurück, dass die Arbeitskosten in den Jahren vor der Krise infolge verschiedener Arbeitsmarktreformen nur sehr verhalten zugenommen hatten.

Steigende Lohnkosten bei geringerem Wachstum

Deutliche Unterschiede zeigten sich zwischen der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Sektor: Während das Lohnwachstum im öffentlichen Sektor in vielen Ländern abrupt gebremst wurde, zog sich die Verlangsamung in der Privatwirtschaft länger hin, heißt es im Monatsbericht. So konnte der in diesen Ländern bestehende deutliche Lohnvorsprung des öffentlichen Sektors gegenüber der Privatwirtschaft ausgeglichen werden.

Insbesondere in einigen Mitgliedsländern führten die zu Beginn der Krise fortgesetzten Lohnsteigerungen zu einer deutlichen Zunahme der Lohnstückkosten. Da die Unternehmen die Absatzpreise nicht entsprechend anheben konnten, verschlechtere sich ihre Rentabilität. Die Lohnentwicklung dürfte sich somit negativ auf die Beschäftigung und Investitionsbereitschaft ausgewirkt haben, so die Bundesbank-Ökonomen. Eine größere Flexibilität der Löhne vor allem in der Privatwirtschaft wäre bei der Bewältigung der Krise hilfreich gewesen.

Flexibilität durch verschiedene Faktoren eingeschränkt

"Empirische Untersuchungen legen nahe, dass die Löhne in den Ländern des Eurogebiets stärker auf gute als auf schlechte Arbeitsmarktlagen reagieren", heißt es im Monatsbericht. Gründe dafür könnten Lohnstarrheiten gewesen sein: In der Regel würden Löhne zumeist in längerfristigen Verträgen festgelegt und nur in größeren Zeitabständen angepasst. Gleichzeitig seien Kürzungen der regulären Arbeitsentgelte generell eher untypisch, zumeist würden sie nur eingefroren, was in Krisenzeiten womöglich nicht ausreiche. Des Weiteren würden oftmals Teile der Belegschaft entlassen, statt größer angelegte Lohnkürzungen vorzunehmen. Damit solle vermieden werden, dass überdurchschnittlich produktive Mitarbeiter das Unternehmen verlassen oder ihre Arbeitsanstrengung zumindest verringerten. Auch der in den meisten Ländern des Eurogebiets gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn könne Lohnanpassungen in gewissen Segmenten einschränken, so die Bundesbank-Ökonomen.

Seit drei Jahren steigt die Beschäftigung wieder und die Arbeitslosenquote ist rückläufig. Jedoch bleibt das Lohnwachstum bisher verhalten. Die Bundesbank-Ökonomen führen dies neben dem schwachen Produktivitätswachstum und den sehr geringen Preissteigerungsraten auf die verzögerte Lohnanpassung in den Krisenjahren zurück.