Hochfrequenzhandel kann Volatilität an den Finanzmärkten erhöhen

Der Handel von Wertpapieren und Derivaten an den Finanzmärkten unterliegt seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts einem bedeutenden Wandel. Immer häufiger nehmen Computerprogramme dem Menschen die unmittelbare Entscheidung, welches Wertpapier wann und zu welchem Kurs ge- oder verkauft wird, ab. Spezielle Algorithmen können in Sekundenbruchteilen große Datenmengen analysieren und Hunderte von Aufträgen generieren. Dabei nutzen die Akteure direkte und sehr schnelle elektronische Börsenzugänge. Der sogenannte Hochfrequenzhandel (High Frequency Trading: HFT) macht heute in den liquidesten Marktsegmenten in den USA und Europa nahezu 50 Prozent des Handelsvolumens aus.

Eine Reihe starker und fundamental nicht erklärbarer Kursturbulenzen in der jüngeren Vergangenheit haben HFT in den Fokus von Öffentlichkeit und Regulierung gerückt. Beobachter führen diese Börsenereignisse auf die Aktivitäten von HFT zurück und diskutieren den Einfluss dieser Marktakteure auf die Fähigkeiten von Finanzmärkten, Schocks abzufedern. In ihrem jüngsten Monatsbericht ist die Bundesbank daher der Frage nachgegangen, welche Effekte die zunehmende Geschwindigkeit von Finanzmarktaktivitäten insgesamt für die Kapitalmärkte hat. Im Fokus der Untersuchung stehen die Auswirkungen von HFT-Aktivitäten auf die Preiseffizienz, die Kursvolatilität und die Liquiditätsbereitstellung in verschiedenen Marktphasen. Vor diesem Hintergrund haben die Bundesbank-Ökonomen umfangreiches Datenmaterial von DAX- und Bund-Future-Kontrakten auf Mikrosekundenebene untersucht.

HFT kann Volatilität kurzfristig erhöhen

Die Ergebnisse der Bundesbank zeigen, dass aktive, d.h. liquiditätsnehmende Marktteilnehmer in Zeiten höherer Volatilität verstärkt am Handel teilhaben. Gleichzeitig ziehen sich passive, d.h. liquiditätsgebende HFT-Marktteilnehmer in diesen Phasen typischerweise zurück, indem sie Handelsaufträge löschen. Damit verringern sie das Liquiditätsangebot. "Diese unterschiedlichen Verhaltensweisen führen dazu, dass in turbulenten Marktphasen das Risiko kurzfristig übermäßiger Volatilität zunimmt", heißt es im Monatsbericht. Dadurch könnten Marktverwerfungen begünstigt werden.

Schnelles Handeln verbessert die Preisfindung

Des Weiteren hat die Bundesbank das Verhalten von HFT-Akteuren bei Bekanntgabe wichtiger Nachrichten am Beispiel der US-Arbeitsmarktdaten untersucht. Es zeige sich, dass die HFT-Akteure insbesondere in ruhigen Marktphasen die Effizienz erhöhten – neue Informationen würden durch HFT besonders schnell in den Marktpreisen erfasst. Allerdings läge diese Verbesserung im Mikrosekundenbereich – der ökonomische Wert sei daher schwierig nachzuvollziehen, so die Bundesbank-Ökonomen.

Studie bietet Ansatzpunkte für Regulierung

Mit den Ergebnissen liefert die Bundesbank mögliche Ansatzpunkte für die regulatorische Diskussion um HFT. Zum einen zeigten sie, wie wichtig es sei, Anreizmechanismen zu setzen, damit passive HFT-Akteure auch in höheren Stressphasen weiterhin Liquidität bereitstellten. Zum anderen könnten durch die exzessive kurzfristige Volatilität, zu der die aktiv handelnden HFT-Teilnehmer beitragen, langsamere Marktteilnehmer dauerhaft entmutigt werden, in solchen Phasen ausreichend Liquidität bereitzustellen. Diskutiert würden bereits Maßnahmen, die die Reaktionsfähigkeit aller Marktteilnehmer um Sekundenbruchteile verzögerten. "Dadurch könnten die Wettbewerbsnachteile langsamer Marktteilnehmer teilweise kompensiert werden, ohne den technischen Fortschritt an den Handelsplätzen spürbar zu mindern", heißt es in dem Bericht.