Helmut Schlesinger ©picture alliance/Arne Dedert/dpa

Helmut Schlesinger feiert seinen 95. Geburtstag

Die Bundesbank gratuliert ihrem ehemaligen Präsidenten Helmut Schlesinger zum 95. Geburtstag. Schlesinger, der auch „das stabilitätspolitische Gewissen der Bundesbank“ genannt wurde, leitete von 1991 bis 1993 die deutsche Notenbank.

Im Alter von 66 Jahren wurde Schlesinger im Sommer 1991 zum Bundesbankpräsidenten gekürt, nachdem Karl Otto Pöhl überraschend zurückgetreten war. Die eigentlich achtjährige Amtszeit wurde allerdings altersbedingt von vorneherein begrenzt. Die Präsidentschaft war die Krönung nach fast vier Jahrzehnten bei der Bundesbank. Spätestens seit Schlesinger 1964 die Leitung der Hauptabteilung „Volkswirtschaft und Statistik“ übernommen hatte, war er Vordenker und Chefideologe der Notenbank.

Schlesinger gilt als Notenbanker durch und durch. Von dem passionierten Bergsteiger heißt es, dass er einst bei einer Tour im Himalaya von einem nepalesischen Sherpa gefragt wurde, was denn das tibetanische Mantra „om mani padme hum“ bedeute. Schlesingers Antwort: „Man muss die Geldmenge knapp halten.

Einsatz für eine stabile Währung

Bereits seit 1972 war er als Chefvolkswirt Mitglied im achtköpfigen Direktorium und im Zentralbankrat. Als Vizepräsident und „Innenminister“ der Bundesbank hielt er Präsident Karl Otto Pöhl Anfang der 1980er Jahre den Rücken frei für dessen internationale Aufgaben.

Schlesinger leistete in seinen insgesamt knapp 42 Jahren bei der deutschen Zentralbank einen großen Beitrag dazu, dass die D-Mark im europäischen Währungssystem nicht nur die dominierende Währung, sondern auch der Stabilitätsanker des Systems war – und damit womöglich den Weg in eine gemeinsame europäische Währung ebnete. Nicht alles sei hundertprozentig gelaufen, sagte er rückblickend auf seine Karriere in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das Gesamtergebnis sei jedoch erstaunlich: „Die D-Mark, die ein Besatzungskind war, wurde zur zweitwichtigsten Währung der Welt. Dass sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg so gut entwickeln würde, war nicht vorhersehbar.“

„Nie wieder Krieg in Europa“

„Am Anfang der europäischen Einigung“, erklärte Schlesinger vor wenigen Jahren, habe „ja noch ein ganz anderer Gedanke im Vordergrund gestanden – nämlich nie wieder Krieg in Europa.“ Schlesinger war 15 Jahre alt, als der Krieg ausbrach. Nach dem Schulabschluss an der Oberschule in Augsburg musste er ab 1943 Kriegsdienst als Gebirgsjäger ableisten. Danach absolvierte er in einer Rekordzeit von nur drei Jahren sein Diplom-Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er 1951 auch seine Dissertation zum Thema „Wirtschaftlichkeitskontrolle in der öffentlichen Verwaltung“ ablegte. An das damals erworbene Wissen dürfte er sich nach seinem Eintritt in den Bundesbank-Vorläufer „Bank deutscher Länder“ im Jahr 1952 häufiger erinnert haben.

Kritischer Geist

Auch heute noch verfolgt Schlesinger kritisch die Geldpolitik. Die Staatsanleihekäufe der Euro-Krisenländer durch die EZB im Mai 2010 gingen dem ehemaligen Notenbankchef zu weit: „Damit ist der Rubikon überschritten“, sagte er. Für ihn war die Bekämpfung politischer Probleme mit einer Flut billigen Geldes keine Lösung.

Er appellierte zwei Jahre später in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ aber daran, am Euro festzuhalten. „Man kann den Euro nicht einfach wieder abschaffen. Der Zusammenbruch der Währungsunion wäre eine Katastrophe – für alle Beteiligten.“

Geboren wurde Schlesinger am 4. September 1924 in der oberbayerischen Kleinstadt Penzberg. Heute lebt der Vater von drei Töchtern und einem Sohn mit seiner Frau in Oberursel im Rhein-Main-Gebiet. Seinen Geburtstag möchte der achtfache Groß- und Urgroßvater im Kreise der Familie feiern. Auf die Frage, ob er 100 Jahre alt werden möchte, sagte er gegenüber der dpa: „Ich kann dem lieben Gott kein Ziel nennen. Ich habe in der Bundesbank ein Geldmengenziel eingeführt, das war schon schwer genug.