Green Finance: NGFS/CEP-Konferenz bei der Bundesbank
Welche Rolle spielen Zentralbanken bei der Bekämpfung des Klimawandels? Diese Frage diskutierten über 100 Teilnehmer bei einer zweitägigen wissenschaftlichen Konferenz in Berlin. Das Central Banks and Supervisors Network for Greening the Financial System (NGFS) und der Council on Economic Policies (CEP) haben hierzu zu einer Konferenz über den Einfluss von Klimarisiken auf Finanzmärkte, Finanzstabilität und Geldpolitik in den Räumlichkeiten der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Berlin eingeladen.
Mauderer: Steigende Bedeutung eines grünen Finanzsystems ist klarer Trend
Für Bundesbankvorstand Sabine Mauderer ist gesamtgesellschaftlich die Förderung eines grünen Finanzsystems längst keine Frage des Ob mehr, sondern eine Frage des Wie, angesichts der beispiellosen Herausforderungen des Klimawandels. Mauderer erläuterte in ihrer Rede einige Vorschläge des NGFS, um mehr Marktteilnehmer für grüne Investments zu gewinnen. Dazu zählen eine einheitliches Klassifizierungsverfahren für grüne Aktiva, ein einheitliches Rahmenwerk für die Offenlegung von Klimarisiken sowie das Schließen von Daten- und damit Informationslücken für Investoren.
EZB will Übergang zu CO2-ärmerer Wirtschaft unterstützen
Benoît Cœuré, Direktoriumsmitglied der EZB und zuständig für Marktoperationen, befasste sich in seinem Vortrag ausführlich mit dem Einfluss des Klimawandels auf die Geldpolitik. Nach seiner Ansicht kann der Klimawandel das richtige Erkennen von Schocks für den mittelfristigen Inflationsausblick weiter erschweren und die Gefahr extremer Ereignisse erhöhen. Der Handlungsspielraum konventioneller Geldpolitik würde dann häufiger gemindert. Cœuré zog hier Parallelen zwischen möglichen Klimakatastrophen und der globalen Finanzkrise. Er prognostizierte, dass solche Extremfälle Zentralbanken sogar dazu bringen könnten, ihr geldpolitisches Rahmenwerk zu überdenken. Insgesamt plädierte Cœuré dafür, dass die EZB den Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft aktiv unterstützen sollte – im Rahmen ihres Mandats. Bei der Frage, inwiefern Wertpapierportfolios sich dazu eignen, ein grüneres Finanzsystem zu fördern, differenzierte Cœuré zwischen Portfolios für Pensionsfonds externer Mandatsgeber, Portfolios der Zentralbanken ohne geldpolitischen Zweck, Währungsreserven und geldpolitischen Portfolios. Insbesondere bei den Währungsreserven und bei den geldpolitischen Portfolios zeigte Cœuré die bestehenden Prioritäten auf, etwa hinsichtlich Liquidität, Marktneutralität und dem Ziel der Preisstabilität. Cœuré kündigte ferner an, dass die EZB Marktteilnehmer, Gesetzgeber und Standardsetzer dabei unterstützen werde, Klimarisiken zu identifizieren und ein klares Rahmenwerk für die Reorientierung von Finanzströmen zu entwerfen.
Wuermeling: Grüne Investments ein aufsteigender Stern am Finanzhimmel
Die anschließende Panel-Diskussion nahm ein breites Spektrum in Angriff: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren sowohl über makroprudenzielle Klimastresstests und eine angemessene Berücksichtigung von Klimarisiken in der mikroprudenziellen Aufsicht als auch über einen EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem. Mit letzterem hätte Europa die Chance, Standards zu setzen – nicht nur für die EU, sondern weit darüber hinaus, so Paul Tang, Mitglied des Europäischen Parlaments. Solche Standards wären dann auch geeignet, für risikoadäquatere Preise an den Märkten zu sorgen, ein besonderes Anliegen von Joachim Wuermeling. Der Bundesbankvorstand bezeichnete grüne Investments als aufsteigenden Stern am Finanzhimmel. Ivan Odonnat von der Banque de France forderte, sich nicht nur auf Green Bonds zu konzentrieren, sondern alle Finanzinstrumente nachhaltiger zu gestalten und diesen Prozess entsprechend zu fördern. Tanveer Hussain von der Bank of England sah Spielräume für klimapolitische Aspekte, sogar bei engeren geldpolitischen Mandaten.
Nachhaltigkeit und Rendite müssen kein Widerspruch sein
Am zweiten Konferenztag diskutierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingehend die Frage, wie ein typischerweise kurzfristiger Fokus seitens der Investoren mit langfristigen Renditechancen von Klimaschutzmaßnahmen in Einklang zu bringen ist. Dabei wurden zwar auch die vielfältigen Herausforderungen für mehr Wachstum nachhaltiger Kapitalanlagen klar – etwa wie langfristige Klimarisiken in der Bewertung von Wertpapieren konkret berücksichtigt werden können. Es herrschte unter den Konferenzteilnehmern jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass Nachhaltigkeit und Rendite sich bei Finanzinstrumenten keineswegs widersprechen müssen.
Fortschrittsbericht des NGFS für April 2019 geplant
Mit dieser Konferenz haben das NGFS und das CEP den akademischen Austausch mit Expertinnen und Experten außerhalb des Zentralbanksektors weiter gefördert. Die zahlreichen Ideen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen in den Fortschrittsbericht des NGFS einfließen, dessen Veröffentlichung für April 2019 geplant ist.