Stühle auf einem Tisch in einem Restaurant ©www.push2hit.de

Erholung der deutschen Wirtschaft vorerst unterbrochen

Die deutsche Wirtschaft erholte sich im Sommer nach dem Einbruch infolge der Coronavirus-Pandemie kräftig, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht. Trotz des sehr starken Zuwachses sei die gesamtwirtschaftliche Leistung jedoch im dritten Quartal noch gut 4 Prozent hinter dem Vorkrisenstand des Schlussquartals 2019 zurückgeblieben. Die Fachleute gehen davon aus, dass sich die Aufholbewegung im Schlussquartal 2020 vorerst nicht fortsetzen wird. „Ausschlaggebend dafür sind das jüngste Wiederaufflammen der Pandemie hierzulande und in den europäischen Nachbarländern sowie die inzwischen für den November beschlossenen zusätzlichen Eindämmungsmaßnahmen.“ Da die Maßnahmen das wirtschaftliche Leben jedoch weit weniger einschränkten als im März und April, sei ein ähnlich starker Einbruch wie im Frühjahr nicht sehr wahrscheinlich. Zudem wären die internationalen Produktionsbedingungen trotz der sehr hohen Zahl an Neuinfektionen in ganz Europa bislang kaum beeinträchtigt.

Privater Verbrauch stark gestiegen

Der private Verbrauch dürfte im Sommer 2020 sehr stark zugelegt haben, heißt es im Monatsbericht. Im zweiten Quartal hatten die privaten Haushalte ihren Konsum massiv reduziert und ihre Ersparnis stark ausgeweitet. Dies führen die Fachleute auf die zeitweise eingeschränkten Konsummöglichkeiten und die Zurückhaltung einiger Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund der Infektionsgefahr zurück. Zudem dürfte die Angst vor zukünftigem Arbeitsplatz- und Einkommensverlust zu der sehr hohen Ersparnis beigetragen haben. Die Fachleute gehen davon aus, dass die Sparquote im dritten Quartal mit den Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen und der Stabilisierung am Arbeitsmarkt wieder erheblich gesunken sei und den privaten Verbrauch gestützt habe.

Arbeitsmarkt erholt sich im Sommer leicht

Dem Bericht zufolge ist der Arbeitsmarkt in Deutschland mit Beginn des Sommers auf einen leichten Erholungskurs eingeschwenkt. Die Arbeitslosigkeit habe sich nach dem Höchststand im Juni leicht verringert. Der Einsatz der Kurzarbeit sei seit dem Höhepunkt im April sogar massiv zurückgegangen, wäre jedoch immer noch weit verbreitet. Im April seien 6 Millionen Personen in wirtschaftlich bedingter Kurzarbeit gewesen, das entspricht 18 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Nach Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit sei deren Zahl bis August um drei Fünftel auf 2,58 Millionen zurückgegangen. Da auch der Umfang der ausgefallenen Arbeitszeit je Kurzarbeiter rückläufig gewesen sei, habe sich das durch Kurzarbeit ausgefallene Arbeitsvolumen um mehr als zwei Drittel verringert. Die Bundesbank-Fachleute gehen davon aus, dass sich die Verringerung noch im September und Oktober fortsetzte. Ab November sei jedoch aufgrund der massiv steigenden Infektionszahlen und der getroffenen Einschränkungen des Wirtschaftslebens ein kurzfristiger Wiederanstieg zu erwarten. „Es könnte im laufenden Winterhalbjahr auch wieder vermehrt zu Entlassungen und damit zu einem Rückschlag im Erholungsprozess bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit kommen“, schreibt die Bundesbank.

Mehrwertsteuersenkung wirkt nur eingeschränkt auf Verbraucherpreise

Zur Stützung der Wirtschaft wurde im Juli 2020 die Mehrwertsteuer in Deutschland befristet bis Jahresende gesenkt. Ziel ist, durch niedrigere Preise den privaten Konsum zu fördern. Es liegt jedoch in der Entscheidung der Unternehmen, ob sie die Mehrwertsteuersenkung tatsächlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterreichen, oder sie beispielsweise dazu nutzen, ihre Margen zu stärken. Im aktuellen Monatsbericht hat die Bundesbank die Wirkung der Mehrwertsteuersenkung auf die Verbraucherpreise analysiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der reguläre Mehrwertsteuersatz nur für knapp zwei Drittel des Warenkorbs des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) zugrunde liegt. Für etwa 15 Prozent der Güter und Dienstleistungen gilt ein reduzierter Mehrwertsteuersatz und für etwa ein Viertel muss keine Mehrwertsteuer abgeführt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Warenkorbanteile ergibt sich aus den Berechnungen der Bundesbank, dass die HVPI-Rate bei einer vollständigen Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Verbraucherinnen und Verbraucher in den Monaten Juli bis Dezember 2020 um jeweils 1,8 Prozentpunkte niedriger gewesen wäre. Die tatsächliche Weitergabe der Mehrwertsteuer sei jedoch gemäß erster Analyse deutlich niedriger, schreiben die Fachleute. „Bezogen auf den HVPI insgesamt, könnte die Mehrwertsteueränderung zu gut 60 Prozent überwälzt worden sein. Für die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel wären es knapp 50 Prozent.“ Es zeigten sich auch keine Hinweise dafür, dass die Preise bereits jetzt vor dem Wiederanstieg der Steuersätze erhöht würden, wie es häufig in anderen Ländern zu beobachten gewesen sei. Daher rechnet die Bundesbank erst im Januar wieder mit einer deutlich positiven Inflationsrate.