Editierte Abschrift der Frage- und Antwortrunde anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2023 Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2023 durch Frau Prof. Dr. Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank
Frage:
Wir hatten gehört, dass es Umwidmungen gab bei Banken vom Liquiditäts- und Anlagebestand. Jetzt gab es in der ersten Jahreshälfte 2023 einen Erholungseffekt, wie man im Finanzstabilitätsbericht liest. Gleichzeitig steht da aber auch, dass die höheren Zinsen den Markt- oder Barwert anderer zinstragender Aktiva und Passiva verringert haben und die Banken ein deutlich niedrigeres Kernkapital ausgewiesen hätten, wenn sie die Wertverluste voll ausgewiesen hätten. Kann man das quantifizieren? Das sind Belastungen, die zu denen im Jahr 2022 dazukommen, wenn ich es richtig verstanden habe. Viele Banken haben ja von Wertaufholungen berichtet. Wie passt das zusammen?
Prof. Dr. Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank:
Ich kann qualitativ etwas dazu sagen, wie wir aufsichtlich und dann aus Sicht der Finanzstabilität damit umgehen. Was Sie beschrieben haben, sind letztlich die Zinsänderungsrisiken, die einerseits bei den Wertpapieren vorliegen, aber auch im Kreditbuch der Banken. Und das sehen wir uns aufsichtlich sehr genau an, also genau diese Berechnungen: Wie ändern sich die Buchwerte, die Marktwerte, welchen Einfluss hat die Zinsänderung auf die Gegenwartwerte der Forderungen der Banken? Und wir haben in diesem Jahr schon bei zwei Drittel der Banken zusätzliche Eigenkapitalaufschläge aus aufsichtlicher Sicht verlangt, um mit diesen Zinsänderungsrisiken umzugehen. Das beobachten wir für die einzelnen Institute sehr intensiv, um genau zu sehen, welche Effekte und welche Risiken hier entstehen könnten. Und weil es gerade die kleineren Institute sind, die Zinsänderungsrisiken ausgesetzt sind, haben wir das besonders im Blick.
Aus Finanzstabilitätssicht ist unsere Aussage, dass wir die stillen Lasten nicht nur bei den Banken, sondern auch bei den Versicherungen haben. Wir müssen uns immer das gesamte Finanzsystem ansehen. Und dann analysieren wir, was in Stressphasen passiert. In früheren Stressphasen, etwa im März 2020, waren es gerade die Versicherer, die oft sehr stark noch in die Märkte gehen und Wertpapiere aufkaufen konnten. Wir denken jetzt darüber nach, wie es in künftigen Stressphasen aussehen wird, weil die Versicherer inzwischen sehr hohe stille Lasten aufgebaut haben. Gerade im Versicherungsbereich haben wir schon sehr früh dafür gesorgt, dass entsprechende Reserven aufgebaut werden, um mit solchen Ereignissen umzugehen. Also muss man die Einzelaufsicht nochmal trennen von dieser Systemperspektive.
Frage:
Die Bundesbank hatte in den letzten Jahren immer wieder vor der Immobilienblase in Deutschland gewarnt. Mit Blick auf die Finanzierungsverhältnisse, die Sie hier anklingen lassen, was hat sich verändert? Dann sagen Sie im Finanzstabilitätsbericht zu dem Stresstest, ein signifikanter Teil der Banken habe das nicht so gut hingekriegt. Was ist ein signifikanter Teil? Und schließlich droht ein großer Konsument, in Teilen auch Investor und Nachfrager nach Krediten auszufallen, nämlich der Staat. Welche Auswirkungen sehen Sie da?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Wir haben immer gesagt, wir sprechen nicht von einer Blase, sondern wir schauen uns immer einen Satz von Indikatoren an: die Preise, die Kreditvergabe, die Vergabestandards. Und das machen wir auch in diesem Finanzstabilitätsbericht. Und ganz klar: die Preise für Immobilien, Wohnimmobilien und Gewerbeimmobilien sind zurückgegangen. Bei den Gewerbeimmobilien haben wir schon über einen längeren Zeitraum ein Plateau gehabt, der Anstieg war da etwas weniger dynamisch. Jetzt muss man sagen, die Preise sind stark zurückgegangen, ungefähr um 10 Prozent. Bei den Wohnimmobilienkrediten ist die Neukreditvergabe sehr stark zurückgegangen. Aber das sind Änderungsraten, der Bestand an Wohnimmobilienkrediten steht nach wie vor in den Bilanzen. Und letztlich ist diese Abschwächung der Kreditvergabe ein stabilisierender Faktor. Unser Punkt war, dass die Preisentwicklung dann ein Problem ist, wenn sie sehr stark getrieben von einer expansiven Kreditvergabe wird. Von daher hat sich die Situation etwas beruhigt. Bei den Vergabestandards haben wir ein gemischtes Bild. Die Beleihungswerte sind etwas zurückgegangen. Die Schuldendienstquoten gehen etwas hoch, weil die Zinsen gestiegen sind.
Das muss man differenziert betrachten. Die Kernaussage ist heute, dass, wenn überhaupt, die Risiken kurzfristig in erster Linie vom Gewerbeimmobiliensektor kommen, weil das der Bereich ist, wo die Zinsweitergabe sehr viel schneller passiert. Das ist im Übrigen ein Bereich, den wir von der Aufsichtsseite schon länger intensiv ansehen, und dazu sind wir auch in einem sehr intensiven Dialog mit den Instituten, ohne dass ich hier über einzelne Institute spreche. Aber es ist keine neue Erkenntnis, dass wir gerade bei den Gewerbeimmobilien sehr aufmerksam sein müssen. Bei den Wohnimmobilien sieht es anders aus, weil dort lange Zinsbindungsfristen zu beobachten sind und die Schuldentragfähigkeit der privaten Haushalte vergleichsweise gut ist.
Vielleicht noch ein ganz kleiner Hinweis, weil wir auch immer über das Thema Daten gesprochen haben: Wir haben inzwischen mehr Informationen über den Wohnimmobilienmarkt, da wir aufgrund einer neuen Verordnung mehr Daten bei den Instituten erheben können. Die Interaktion mit den Instituten läuft im Großen und Ganzen gut. Nur muss man sagen, dass wir noch sehr stark an der Qualität der Daten arbeiten, dies auch als Botschaft an diejenigen, die hier melden. Wir versuchen mit den Banken sehr intensiv zusammenzuarbeiten und zu schauen, dass wir gute Informationen bekommen, was letztlich im gemeinsamen Interesse liegt. Hier ist es wirklich wichtig, dass alle die Empfehlungen, die wir in Bezug auf die Datenqualität abgeben, ernst nehmen und umsetzen. Die Kollegen stehen dazu aber in einem sehr guten Austausch.
Die Frage, wer die Banken sind, die Probleme mit dem europäischen Stresstest haben, werden wir Ihnen hier nicht beantworten können. Für uns ist erst einmal der Blick auf die Banken insgesamt wichtiger, denn der Stress für die deutschen Banken ist sehr stark gewesen, einige haben gesagt, stärker als für die anderen Banken im Eurosystem. Die Banken können damit in der Summe gut umgehen. Deutschland ist nun einmal als eine sehr exportorientierte Wirtschaft sehr stark vom Weltmarkt und den globalen Entwicklungen abhängig. Daher müssen wir besonders darauf achten, welche Banken zusätzliche Empfehlungen für das Eigenkapital benötigen, also Pillar-2-Guidance. Diese Empfehlungen bekommen die deutschen Banken dann auch. Bei Banken, bei denen wir im Verlauf des Stresstests gesehen haben, dass es vielleicht noch Verbesserungspotenzial bei den internen Datensystemen gibt, gehen wir in unseren üblichen aufsichtlichen Prozess rein. Also es gibt ein ganzes Bündel an Themen, die wir jetzt mitnehmen, aber das kann ich wirklich nur im Aggregat beantworten, ohne auf einzelne Banken einzugehen.
Und die letzte Frage – da ging um die fiskalischen Diskussionen, die im Moment laufen. Da geht es uns wie Ihnen. Wir warten alle darauf, was die politischen Entscheidungen bringen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir fiskalische Regeln haben, so wie wir Regeln für die Verschuldungsmöglichkeiten im Finanzsektor brauchen. Ich glaube, das ist unstrittig. Aber wie jetzt genau die Politik mit dieser sicher schwierigen Lage umgeht, das werden wir sehen. Wir beobachten das natürlich sehr, sehr aufmerksam.
Frage:
Im Bericht findet sich der Satz, dass Anpassungsprozesse am Immobilienmarkt oft mehrere Jahre dauern können. Da würde mich interessieren: Denken Sie, dass die aktuelle Preiskorrektur auch so lange dauert oder ist da das meiste an Übertreibungen, was Sie vorher gesehen hatten, inzwischen geschafft?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Sie wissen ja, Prognosen sind immer schwierig bei Zinsen, aber auch bei Preisen für Immobilien. Wir haben hier keine Prognose darüber. Die Kollegen aus dem volkswirtschaftlichen Bereich berechnen nach wie vor, ob es noch Überbewertungen im Markt gibt. Ich glaube, im Moment würden sie nicht sagen, dass die Überbewertungen ganz raus sind, aber eine harte Zahl dafür zu nennen und dann möglicherweise noch darüber zu spekulieren „Wann könnte es denn zu weiteren Preisanpassungen kommen?“, das ist nicht die Aufgabe unseres Berichts. Dazu haben wir auch keine Zahlen genannt. Auch das hängt wiederum sehr von politischen Rahmenbedingungen ab, etwa was Genehmigungsverfahren angeht. Also die kurze Antwort, wir haben da keine Prognosen, und ich würde auch keine aus dem Stand abgeben wollen.
Was gemeint ist mit den Anpassungsprozessen: Wir haben sehr lange Zinsbindungen, gerade auch bei den privaten Wohnimmobilienfinanzierungen. Und da muss man sehen, dass die Refinanzierungen, die im Moment anstehen, noch sehr viele niedrig verzinste Wohnimmobilienkredite ausstehend aufweisen. Ich glaube, es wird erst ab 2028 eine Refinanzierungswelle auf die Banken zukommen. Also ist noch Zeit sich anzupassen, aber das muss man berücksichtigen.
Frage:
Haben Sie ausgerechnet, welche Auswirkungen diese erhöhten Zinsen längerfristig haben? Ab wann es nur positiv ist oder ob diese negativen Nebeneffekte sich auch länger auswirken könnten? Und dann haben Sie so beiläufig die Schattenbanken erwähnt. Wie groß ist das Risiko für das deutsche Finanzsystem aus den Schattenbanken heraus?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Zunächst zur Zinsanpassung und der Dauer des Effektes. Die kurze Antwort ist nein. Wir haben aus unterschiedlichen Gründen nicht eine umfassende Szenarioanalyse für das gesamte Bankensystem mit einem sehr langen Zinsanpassungspfad. Man müsste sich dafür sehr viele Interaktionen im Finanzsektor anschauen. Und man müsste eine Erwartung darüber entwickeln, wie sich die Zinsen entwickeln. Das wiederum, wissen wir alle, hängt davon ab, wie sich die Inflation entwickelt. Der EZB-Rat sagt sehr klar, dass er an der Stelle datengetrieben ist. Daher gibt es jetzt nicht die eine Zahl oder das eine Szenario, was wir dahingehend ausgerechnet haben. Wir schauen uns natürlich die einzelnen Bereiche an.
Wir haben eine Analyse durchgeführt mit der Fragestellung: Was würde passieren, wenn die Zinsweitergabe bei den Depositen ähnlich schnell verlaufen würde, wie es in der Vergangenheit der Fall war? Das hatte ich eben gesagt. Dann wäre schon in diesem Jahr rund ein Drittel des Zinsüberschusses der Banken nicht mehr da gewesen. Und das ist etwas, auf das wir sehr deutlich hinweisen, die Gewinnlage ist im Moment gut. Und darüber dürfen sich alle freuen. Aber das ist etwas, was man nicht unbedingt in die Zukunft fortschreiben sollte. Deswegen mein Appell zu überlegen, welche Schocks können zukünftig auftreten, welche makroökonomischen Risiken liegen vor, und die gute Gewinnlage jetzt zu nutzen, um Puffer aufzubauen und die Resilienz zu stärken. Das muss jedes einzelne Institut für sich selber bewerten. In dem Sinne schauen wir uns einzelne Elemente des Systems an und überlegen, welche Effekte auftreten könnten.
Frage:
Wenn ich kurz nachhaken durfte, was bedeutet das denn für die Ausschüttungspläne der Banken, die Sie aktuell sehen? Haben Sie da Bauchschmerzen, weil die ja durchaus höher sind, nach der Durststrecke oder finden Sie das alles in allem okay?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Ich habe noch nicht alle Ausschüttungspläne gesehen und darüber wird im Moment noch diskutiert. Wir geben im Moment keine Aussage darüber ab, ob diese Ausschüttungspläne angemessen sind oder nicht. Ich habe eben das Thema IT-Infrastruktur, Schutz vor Cyberrisiken angesprochen. Wir haben auch im Finanzsektor einen starken Strukturwandel im Sinne von Digitalisierung. Daher mein Appell an all diejenigen, die die Entscheidungen in den Banken treffen, sich zu überlegen, wieviel Resilienz gebraucht wird. Und Resilienz nicht nur im engeren Sinne, in Bezug auf das Kapital, das vorhanden sein muss, es ist auch die Liquidität, es sind die IT-Systeme. Und dann ist zu überlegen, ob man nicht die derzeit gute Gewinnsituation nutzen kann, um in diesem Sinne Resilienz zu stärken. Das ist keine allgemeine Aussage über die Ausschüttungspläne, aber jeder sollte mit der gebotenen Vorsicht herangehen und sich überlegen, was benötigt wird.
Auch die Schattenbanken sind davon betroffen, dass sich grundsätzlich die Liquiditätssituation auf den Märkten verändert hat. Wir haben einen Wechsel von QE, also Quantitative Easing, zu QT, also Quantitative Tightening. Das heißt schon mal grundsätzlich, wir befinden uns in einer anderen Liquiditätssituation. Und das ist natürlich auch für die Nichtbanken wichtig. Wir sehen bisher, dass diese Anpassung recht geordnet verlaufen ist. Wir haben das aufsichtlich sehr eng begleitet. Wir sehen uns sehr genau an, was passiert mit der Liquiditätssituation auch außerhalb des Bankensektors. Da gilt dasselbe, was ich gerade gesagt habe: Alle müssen sich auf diese geänderten Rahmenbedingungen einstellen. Und da muss natürlich die gesamte Liquiditätsplanung überprüft werden, ob sie noch zu dieser neuen Zeit passt. Der Begriff Schattenbanken insinuiert ein bisschen, als seien das Aktivitäten, die im unregulierten Bereich stattfinden, so ist das nicht. Wir haben eine Regulierung für die Fonds, sind im Moment dabei, darüber nachzudenken, ob man nicht mehr makroprudenzielle Instrumente braucht, um auch dort systemische Risiken adressieren zu können. Ich finde, da kommen wir in Europa ganz gut voran. Und wir müssen auch international sehen, dass wir die Banken und die Nichtbanken nicht als völlig isolierte Institutionen betrachten. Die sind eng miteinander verwoben, und wir müssen gut verstehen, wo Stresseffekte entstehen können. Daran arbeiten im Moment auch die internationalen Gremien sehr, sehr intensiv.
Frage:
Ich habe noch eine Frage zum Zinsergebnis. Sie hatten angesprochen, dass das stark gestiegen ist bei den Banken. Erwarten Sie, dass der Höhepunkt erreicht ist und dass es jetzt wieder runtergeht? Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Das ist eine Prognosefrage und Prognosefragen sind immer schwer zu beantworten. Ich glaube, dass wir die Parameter, um die es geht, gut verstanden haben. Einerseits geht es darum, wie schnell die Anpassung auf Seiten der Einlagen stattfindet. Wir haben, und nicht nur in Deutschland, eine sehr starke Verschiebung von Termin- zu Sichteinlagen in der Niedrigzinsphase gesehen. Das machte auch keinen großen Unterschied, weil die Verzinsung nicht so unterschiedlich war. Das bewegt sich jetzt wieder zurück. Die Einleger gehen zum Teil in Fonds, es gibt im Moment viel Verschiebung. Um zu verstehen, wie schnell das geht, ob diese Anpassung möglicherweise in der Zukunft schneller vonstattengeht, arbeiten wir im Moment sehr intensiv, auch in internationalen Gremien. Wir haben gesehen, dass durch Digitalisierung die Anpassung schneller verläuft. Dafür ist das Zinsergebnis auf der Einlagenseite ein wichtiger Treiber, gerade bei den für Deutschland wichtigen kleinen und mittelgroßen Banken. Aber letztlich hängt das von uns allen ab, wie schnell das passiert.
Auf der Kreditseite andererseits wird es letztlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Die Banken würden sicherlich gerne an der einen oder anderen Stelle höhere Zinsen realisieren. Sie müssen aber auch überlegen, wie sich die Kreditrisiken geändert haben und wie die Kreditnachfrage ist. Bei der Kreditnachfrage gibt es im Moment eine Beschränkung. Das wird die wirtschaftliche Entwicklung zeigen. Ich habe die Zahlen genannt, die eher schwach sind für Deutschland. Davon hängt sehr stark ab, wie sich die Banken anpassen und sich die Zinsmargen entwickeln werden.
Frage:
Sie hatten in Ihrem Vortrag eine forschere Regulierung für den Schatten- und Nichtbankensektor angemahnt und auch was die Liquiditätsregeln angeht, aufgrund der Erfahrungen im Frühjahr. Konkret gefragt, wann kommt da was? Und können Sie vielleicht zu beiden Bereichen, Schattenbanken und Liquidität, zwei Maßnahmen nennen, von denen Sie denken, die wären essenziell und am wichtigsten?
Sie sagten, der deutsche Bankensektor würde die klimapolitischen Transmissionsrisiken eigentlich gut verdauen. Jetzt hat Frank Elderson vor ein paar Tagen eine Rede gehalten und angemahnt, dass Europas Großbanken das nicht erfüllen. Können Sie vielleicht erklären, inwieweit Deutschland eine Sonderrolle spielt?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Ich fange mit dem Nichtbanken-Finanzsektor oder NBFI, Non-Bank Financial Intermediation, an. Wenn man Fonds betrachtet, können diese in bestimmten Stresssituationen an den Märkten Maßnahmen ergreifen, um ihre Liquidität zu schützen. Es sind Liquiditätsinstrumente, die auf der Ebene der einzelnen Fonds ansetzen. Und wir haben genau dasselbe Problem wie bei den Banken, dass die einzelne Bank auf sich selbst schaut und auch der einzelne Fonds seine eigene Liquiditätssituation betrachtet, aber möglicherweise nicht das, was im System passiert. Aus der Finanzstabilitätsperspektive gehen die Überlegungen dahin zu sagen, dass wir auch bei den Fonds, bei diesen Liquiditätssicherungsinstrumenten, die Möglichkeit haben, aus makroprudenzieller Sicht eine bestimmte Koordinierungsfunktion zu übernehmen. Dass man dafür sorgen kann, dass es nicht mehr von Vorteil ist, der Erste zu sein, der eine bestimmte Maßnahme ergreift, sondern dass man auch aus Systemsicht aktiv werden kann. Dazu laufen im Moment ganz viele Arbeiten, und in Europa liegen auch ein paar Vorschläge auf dem Tisch, wie man das machen könnte, ohne jetzt in die technischen Einzelheiten gehen zu wollen. Aber die Grundidee ist die, dass die Sicherung von Finanzstabilität in diesem Bereich nicht nur über das Handeln der einzelnen Institutionen erfolgen kann, sondern dass es auch eine makroprudenzielle Behörde geben sollte, die darauf blickt und das für das System macht.
Zum Thema Liquiditätsregulierung: In einem Bericht des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht wurde gesagt, dass man zunächst die Ergebnisse der Stresssituation an den Märkten im März dieses Jahres aufarbeiten und sehen möchte, was die Behörden in den USA und in der Schweiz gemacht haben, und dann überlegt, ob man bei der Liquiditätsregulierung gezielt nachjustieren muss. Das ist ein wichtiger Block, um den es da geht. Ich muss deutlich sagen, ich sehe nicht, dass wir die gesamte Regulierung noch einmal neu überdenken. Es hat lange genug gedauert, Basel III umzusetzen, und das sollte auch sehr schnell umgesetzt werden. Es geht vielmehr darum, gezielt nachzujustieren und dazu laufen im Moment die Auswirkungsstudien. Aber es gibt keine Revolution der Liquiditätsregulierung, sondern ein gezieltes Nachjustieren, um zu schauen, ob die zugrunde liegenden Berechnungen noch passen. Das heißt nicht, dass wir warten müssen, bis diese Berechnungen durchgeführt sind und dann haben wir plötzlich ein neues Rahmenwerk für die Liquidität. Wir haben die Liquidity Coverage Ratio, die Net Stable Funding Ratio und andere Indikatoren, die wir betrachten können. Also zum Beispiel die Frage, wie konzentriert Bankeinlagen sind. Das war bei der Silicon Valley Bank ein Thema, dass es sehr schnell ein Exposure gegenüber einem bestimmten Sektor gegeben hat und dann alle gleichzeitig ihre Einlagen abzogen. Solche Dinge schauen wir uns schon an. Wir haben auch sofort geschaut, ob es in Deutschland Muster gibt, ob wir Banken haben, die ähnliche Liquiditätsprofile haben. Das war nicht der Fall. Aber das heißt nicht, um das nochmal deutlich zu sagen, dass wir warten müssen und erst dann aktiv werden können, bis in Basel alle Berechnungen durchgeführt sind. Wir haben auch ein sehr viel schnelleres Liquiditätsmonitoring aufgesetzt, es passiert also schon einiges.
Zum Thema Klima - ist Deutschland anders als Europa? Oder sagen wir hier etwas anderes als Frank Elderson? Nein. Die EZB hat einen ähnlichen Klimastresstest gemacht, was Transitionsrisiken angeht und kommt bei einer ähnlichen Größenordnung heraus, qualitativ ist es dasselbe Ergebnis. Bei Transitionsrisiken, also dem Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft, sind die Verluste, die entstehen, nicht das große Thema. Aber es gibt vor allem physische Risiken, die wir hier nicht betrachtet haben. Frank Elderson hat gesagt, diese Risiken sind da und die Banken müssen mit diesen Risiken umgehen. Am Ende sind das Kreditrisiken und Marktrisiken, die wir schon kennen. Aber wir brauchen auch innerhalb der Banken ein Berichtssystem, das erlaubt, diese Risiken zu bewerten. Da setzen wir im Moment an - wie müssen die internen Berichtsysteme oder die Informationssysteme in den Banken aussehen, damit sie Klimarisiken gut bepreisen können?
Das ist genau der Fokus der Aufsicht, da sind wir auf einer Linie, es sind zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen. Kann es grundsätzlich über das System hinweg diese Risiken geben? Ja, aber sie sind begrenzt. Was müssen wir tun, um damit gut umzugehen? Das gilt vor allem für die physischen Risiken, die sehr viel weiter vom Zeithorizont außerhalb der Kreditbücher der Banken liegen. Nur wollen wir nicht warten, bis die Banken sich mit physischen Risiken beschäftigen, wenn diese schon eingetreten sind. Es geht darum, dass wir dies präventiv machen.
Frage:
Ich habe drei kurze Fragen, zunächst zum Thema Risikovorsorge. Wir haben in der gewerblichen Immobilienfinanzierung gesehen, dass einige Banken sehr erheblich Risikovorsorge gebildet haben. Rechnen Sie mit weiterer Risikovorsorge in dem Sektor? Wann ist das Ende der Fahnenstange erreicht?
Zweite Frage. Ihre Kollegin in der EZB hatte auch die Gefahr von Falschnachrichten, also gezielte Fehlinformationen über Banken thematisiert. Es blieb vage, wie ein solches Szenario aussehen könnte. Aber Banken sind durchaus anfällig für Panikreaktionen oder Vertrauensverlust. Wie schätzen Sie die Risiken ein? Müssen wir stärker darüber nachdenken oder ist es eher hypothetisch?
Und eine dritte Frage zum Zinsüberschuss. Wenn die Marktanpassungen im Einlagengeschäft durch sind, wird dann der Zinsüberschuss, sollte das Zinsniveau einigermaßen stabil bleiben, etwas höher sein als in der Niedrigzinsphase oder wird sich das nivellieren? Und im Grunde, also womit rechnen Sie da?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Die erste Frage zu Risikovorsorge, wann ist das Ende der Fahnenstange erreicht? Es gibt ja nicht einen Zielwert für die Risikovorsorge, sondern die Risikovorsorge muss davon abhängen, wie sich die Risiken letztlich in der Realwirtschaft entwickeln. Und dann haben wir das ganze Themenspektrum, das ich angesprochen habe, die Transformation der Wirtschaft, die stattfindet, die alten Unternehmen, die es möglicherweise nicht schaffen, sich anzupassen, und die neuen Unternehmen, die in den Markt kommen. Der Bankensektor ist wichtig, auch für diese Transformation, aber das muss alles immer risikoangemessen sein. Und deswegen gibt es keinen Zielwert für die Risikovorsorge. Die Risikovorsorge ist derzeit noch sehr niedrig, aber das sieht bei den Wertberichtungen ganz ähnlich aus, weil wir aus einer langen Phase kommen mit sehr niedrigen Insolvenzen. Wir haben gesehen, die Insolvenzen sind über Jahrzehnte zurückgegangen und das spiegelt natürlich sehr stark auch die Kreditrisiken. Von daher wäre meine persönliche Erwartung, dass die Insolvenzen eher steigen, dass auch die Kreditrisiken steigen. Und das muss sich auch in der Risikovorsorge und in den Wertberichtungen spiegeln.
Die Banken haben eine Datenhistorie, die aus einer Situation kommt mit geringen Ausfallraten, mit geringen Insolvenzen und jetzt muss man nach vorne blicken. Und das, was die Banken dann versuchen, ist sogenannte Overlays zu bilden. Das ist ein Weg, um mit diesem Problem umzugehen, dass die Vergangenheit uns häufig keine guten Informationen liefert über die Zukunft, gerade in dieser Umbruchphase. Für eine Studie der EZB hat man sich genau diese Praktiken angesehen, also wie die Banken Overlays bilden in ihrem Accounting-System. Und da sieht man schon große Unterschiede, zum Beispiel bei dem Thema Klima. Damit haben die Banken es eben besonders schwer, weil das ein neuer Risikofaktor ist, damit umzugehen und auch entsprechende Overlays zu bilden, also einfach ihre Rückstellungen entsprechend anzupassen. Und das ist etwas, wo wir sehr intensiv mit den Instituten arbeiten, um zu schauen, was muss das einzelne Institut machen, um sich möglichst gut ein Bild zu verschaffen, wie sich künftig die Risiken entwickeln. Aber im Moment sind diese Risiken noch vergleichsweise gering.
Zum Thema Fake News: Diese Diskussion hatten wir sehr stark im Zusammenhang mit den Stressphasen der Banken, dass Informationen sich sehr viel schneller weiterverbreiten über Social Media, als das in der Vergangenheit der Fall war. Und da ist es zunächst so, dass die Institute sich selbst damit sehr intensiv beschäftigen, dass in ihren Kommunikationsbereichen Abteilungen aufgesetzt oder Teams drangesetzt haben, um sich genau das anzuschauen, um auch schnell gegensteuern zu können. Das können wir nicht von der Aufsicht alleine leisten. Das ist auch im Interesse der Institute, denn die stehen unter Druck, wenn es Informationen gibt, die über sie gestreut werden. Aber wir schauen sehr stark darauf, ob wir aufsichtlich oder für unsere makroprudenzielle Überwachung Informationen aus Social Media stärker nutzen können. Aber da muss man ganz ehrlich sagen, sind wir noch am Anfang. Daher könnte ich jetzt nicht das Modell nennen, mit dem man das perfekt machen kann. Da sind wir sicherlich noch in einer Lernphase.
Zur Entwicklung des Zinsüberschusses: Wir denken in der Finanzstabilität auch in adversen und negativen Szenarien. Deswegen würde ich die Wahrscheinlichkeit nicht zu hoch ansetzen, dass die Zinsen so bleiben, dass der Zinsüberschuss so bleibt, wie das im Moment ist. Aber dann geht es auch darum, wie sich die einzelnen Geschäftsmodelle anpassen. Für die einzelnen Banken kann das unterschiedlich aussehen. Deswegen glaube ich, ist es für die Institute sehr wichtig, in Szenarien zu rechnen, sich zu überlegen, was können adverse Szenarien sein, die mein Institut dann besonders betreffen, und entsprechend Vorsorge zu treffen, dass man nicht zu optimistisch in die Zukunft blickt. Realistisch sollte es sein.
Frage:
Noch eine Frage zu den Nicht-Banken. Und ich entschuldige mich schon vorab, dass ich so viele englische Begriffe benutzen werde. Dass Sie und das FSB etwas zu Open-ended-Funds machen und zu Liquidity-Mismatches, glaube ich gerne, und wir freuen uns alle ein bisschen mehr darüber zu hören. Aber meine Frage geht bezieht sich auf Private Credit, also Fonds, die Kredite vergeben. Ich würde gerne wissen, ob Sie genug über dieses wachsende Geschäft wissen? Haben Sie genug Daten? Wenn wir Reden über NBFI hören, wird das nicht oft erwähnt. Haben Sie Sorgen, dass auch mit Blick auf höhere Zinsen dort doch mehr Probleme lauern könnten?
Und drittens, was wäre Ihre Botschaft an die Banken, die sich sagen, das ist ein tolles Geschäft, wo wir entweder mit Partnern unterwegs sein können oder wo wir Kredite verleihen an diese Nichtbanken, die dann wieder Kredite vergeben?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Zunächst zu Private Credit. Die einfache kurze Antwort wäre für Deutschland, dass das kein starkes Phänomen ist. Wir haben daher keinen großen Abschnitt im Finanzstabilitätsbericht, der sich damit beschäftigt. Das ist aber eine Botschaft, die wir schon über Jahre hinweg haben, dass für Deutschland der Bankensektor sehr dominierend ist. Daher ist das kein starkes Phänomen, was jetzt aus Finanzstabilitätssicht für Deutschland akut ist. Seit der globalen Finanzkrise haben wir die Banken stärker reguliert, richtigerweise. Und wir sehen sehr viel Ausweichen in andere Bereiche. Und Private Credit ist ein Phänomen, über das relativ neu auch in den internationalen Gremien viel gesprochen wird. Wissen wir genug darüber? Ich glaube, es gibt keinen Bereich, wo uns die Experten sagen würden, wir wissen genug. Alle sagen immer, wir haben noch Datenlücken und wissen nicht so viel. Ich glaube trotzdem, dass versucht wird, alles zusammenzutragen, was wir wissen und was wir haben. Und ich finde, wir können nicht mit dem Nachdenken darüber, welche Risiken von diesen Phänomenen ausgehen, warten. Wir müssen schon darüber nachdenken, was sind das für Geschäftsmodelle, wo können Risiken entstehen? Wo muss man möglicherweise auch, ohne dass man die perfekten Informationen hat, regulatorisch eingreifen. Wie gesagt, für Deutschland ist das im Moment kein großes Thema, aber es wird international daran gearbeitet.
Hätte ich eine Botschaft an die Banken? Grundsätzlich denke ich, die Banken müssen selber ihr Geschäft steuern. Sie sind für ihre Risikovorsorge und -steuerung zuständig. Ich glaube, hier handelt es sich um einen Bereich, in dem es schwierig ist, die Risiken von Gegenparteien oder von den Akteuren, mit denen man in Kontakt tritt, einzuschätzen. Und darauf sollten die Banken, wenn sie ein gutes Risikomanagement machen wollen, schon sehr genau anschauen, auch weil die Aufsicht darauf blickt. Und sie sollten überlegen, wer sind die Counterparties, mit denen ich interagiere, was weiß ich über die, welche Risiken können da entstehen. Also Counterparty Credit Risk ist sicherlich etwas, was wir uns sehr intensiv ansehen. Und gerade wenn neue Phänomene entstehen, haben nicht nur die internationalen Gremien und wir als Aufseher die Aufgabe, da genauer hinzuschauen, sondern auch die Banken. Das sollte jeder sehr gut prüfen. Aber auch da höre ich aus der Industrie durchaus, dass sie sagen, wir sind uns dieser Themen bewusst und blicken darauf. Aber natürlich stehen die Institute auch im Wettbewerb. Und da kommen wir dann wieder ins Spiel und blicken darauf, ob die Risiken entsprechend berücksichtigt werden.
Frage:
Nochmal zum Thema Gewerbeimmobilien. Da sind im Moment die Signa-Gruppe und Herr Benko das Thema der Stunde. Wie ist denn der Einblick der Bundesbank in die Datenlage in Bezug auf die Vernetzung beispielsweise der verschiedenen Gruppen in Deutschland? Hat die Bundesbank durchgespielt, was es bedeuten würde, wenn die Gruppe oder Teile davon in die Insolvenz gehen würden?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Wenn Sie es ein bisschen breiter ausgelegt hätten, dann könnte ich Ihnen etwas dazu sagen. Aber Sie wissen, dass ich grundsätzlich zu einzelnen Instituten nichts sagen kann. Das ist ein Thema, das im Moment sehr aktuell durch die Medien geht. Ich kann Ihnen da keinen tieferen Einblick geben. Das ist natürlich etwas, das wir beobachten. Aber ich kann mich dazu gezielt nicht äußern.
Frage:
Es ist ja öffentlich geworden, dass die EZB eine gezielte Abfrage gemacht hat bei den Banken zur Signa-Gruppe. Wie schätzen Sie das ein? War das vielleicht ein Fehler? Hat die EZB dadurch quasi den Trigger gesetzt? Ist das im weitesten Sinne ein Leo-Kirch-Moment? Hätte man das geschickter machen können, beispielsweise durch eine allgemeine Abfrage zu Immobilienkrediten in der Eurozone?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Auch das ist eine aufsichtliche Maßnahme und die werde ich nicht kommentieren. Ganz allgemein müssen wir natürlich in diesem Bereich sehr genau schauen, was haben wir an Informationen und was wissen wir über die Exposures der einzelnen Banken. Da sind wir sehr intensiv dran. Das ist ein wichtiges, aufsichtliches Thema aus Sicht der Finanzstabilität.
Frage:
Jüngst hat auch Herr Nagel befürwortet, dass der unverzinste Mindestreservesatz der Banken bei der EZB erhöht wird. In der Diskussion ist eine Erhöhung wieder auf zwei Prozent, wie es früher der Fall war. Würden Sie mit Blick auf die Stabilität so eine Erhöhung gutheißen? Und hat die Bundesbank vielleicht errechnet, welche Auswirkungen eine solche Erhöhung auf zwei Prozent auf die Liquiditätsdeckungsquote hätte?
Und die zweite Frage, können Sie mit Blick auf das erste Halbjahr der Geschäftsbanken beziffern, wie hoch die Guthaben der deutschen Banken in der Einlagenfazilität der EZB sind und wie hoch der Anteil der Zinserträge der hiesigen Banken aus dieser Fazilität ist?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Grundsätzlich sind diese Maßnahmen geldpolitische Maßnahmen, die auch der Verbesserung der Transmission dienen. Wir haben einmal versucht abzuschätzen, welche Auswirkungen das auf die Banken hat. Es sind kleine Beträge relativ zu den Gewinnen, relativ zum Überschusskapital der Banken. Wir haben kürzlich einen Researchbrief veröffentlicht, der sich mit diesem Thema beschäftigt.
Frage:
Ich habe eine Frage zu den Kapitalpuffern, insbesondere dem antizyklischen Kapitalpuffer. Sie haben vorhin gesagt, eine konjunkturelle Schwäche reicht nicht, um diese außer Kraft zu setzen. Allerdings haben Sie auch gesagt, wir haben nicht nur eine konjunkturelle Schwäche, sondern auch eine strukturelle. Wie passt das zusammen? Das Problem ist ja, der Kreditmarkt ist nachfrageseitig durch die Preisrestriktion schon enorm unter Druck, und ein prozyklischer Kapitalpuffer wirkt ja dann eher verschärfend. Was sagen Sie dazu?
Prof. Dr. Claudia Buch:
Sie haben es in der Frage schon angedeutet. Das Thema auf dem Kreditmarkt ist im Moment die Nachfrageseite. Die höheren Zinsen führen dazu, dass viele Haushalte sagen, es rechnet sich nicht mehr, Wohnimmobilienkredite aufzunehmen. Bei den Unternehmen ist es genauso, wir haben eine hohe Unsicherheit. Warum sagen wir, dass es von der Angebotsseite her keine Beschränkung gibt? Wenn Sie sich anschauen, wie sich das Überschusskapital der Banken entwickelt hat, also das, was über die regulatorischen Anforderungen hinausgeht: Das ist in der Pandemie und jetzt nochmals gestiegen. Das heißt, letztlich wäre eine Änderung des Kapitalpuffers überhaupt nicht relevant für die Banken. Die Banken haben im Moment keine bindenden Restriktionen von der Finanzierungsseite her, von ihrer Bilanzseite her. Eine Änderung des Kapitalpuffers würde also überhaupt nichts ändern, im Gegenteil: Wir würden jetzt Puffer aus dem System nehmen, die die Banken brauchen, wenn sich möglicherweise künftig Kreditrisiken materialisieren. Da haben wir gerade sehr intensiv darüber gesprochen, die Kreditrisiken sind bisher nicht besonders stark gestiegen. Diese ganzen Effekte, die wir hätten, wenn der Strukturwandel sich intensiviert, wenn negative Schocks passieren, die sind bisher nicht eingetreten. Wenn aber die Verluste einmal eintreten würden und wenn die Banken keine ausreichenden Puffer hätten, dann hätten wir sehr starke negative Rückkopplungseffekte, die auch von der Angebotsseite kommen. Wenn die Banken im Moment zurückhaltender sind bei der Kreditvergabe, dann hat das viel mit gestiegenen erwarteten Risiken zu tun. Und eigentlich wollen wir dieses risikobewusste Verhalten haben.