Eine Schreinerin bearbeitet Holz mit einem Elektroschleifer ©Adobe Stock / guruXOX

Destatis: Deutsche Wirtschaft wächst 2022 um 1,9 Prozent

Trotz Inflation, Ukraine-Krieg und anhaltender Lieferprobleme ist die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr gewachsen. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 1,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach ersten Berechnungen mitteilte. Kalenderbereinigt habe das Wirtschaftswachstum 2,0 Prozent betragen. „Die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland war im Jahr 2022 geprägt von den Folgen des Kriegs in der Ukraine wie den extremen Energiepreiserhöhungen“, sagte Ruth Brand, seit 1. Januar 2023 Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, bei einer Pressekonferenz. „Hinzu kamen verschärfte Material- und Lieferengpässe, massiv steigende Preise beispielsweise für Nahrungsmittel sowie der Fachkräftemangel und die andauernde, wenn auch im Jahresverlauf nachlassende Corona-Pandemie. Trotz dieser nach wie vor schwierigen Bedingungen konnte sich die deutsche Wirtschaft im Jahr 2022 insgesamt gut behaupten“, so Brand weiter. Im Jahr 2021 war die deutsche Wirtschaft noch um 2,9 Prozent gewachsen.

Hohe Preise und Materialmangel bremsen Industrieproduktion und Bau

Nach Angaben der Statistikerinnen und Statistiker ist die preisbereinigte Bruttowertschöpfung im Jahr 2022 insgesamt um 1,8 Prozent gegenüber 2021 gestiegen. Dabei sei die Entwicklung in den einzelnen Wirtschaftsbereichen sehr unterschiedlich verlaufen: Einige Dienstleistungsbereiche hätten nach dem Wegfall nahezu aller Corona-Schutzmaßnahmen von Nachholeffekten profitiert. Besonders stark, um 6,3 Prozent, legten den Fachleuten zufolge die sogenannten „Sonstigen Dienstleister“ zu. Zu diesen zählt auch die Kreativ- und Unterhaltungsbranche. Auch die Wirtschaftsbereiche Verkehr und Gastgewerbe hätten von der Aufhebung der Schutzmaßnahmen profitiert. Diese beiden Bereiche sorgten im zusammengefassten Wirtschaftsbereich „Handel, Verkehr und Gastgewerbe“ für ein kräftiges Plus von 4,0 Prozent. Die Bruttowertschöpfung im Handel sei dagegen zurückgegangen, nachdem sie im Vorjahr noch gestiegen war. Der Bereich Information und Kommunikation habe ebenfalls einen deutlichen Zuwachs von 3,6 Prozent verzeichnet.

Im Baugewerbe hätten Material- und Fachkräftemangel, hohe Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen dagegen zu einem deutlichen Rückgang der Bruttowertschöpfung um 2,3 Prozent geführt. Die hohen Energiepreise und die immer noch eingeschränkte Verfügbarkeit von Vorprodukten haben den Fachleuten zufolge auch die Wirtschaftsleistung im Verarbeitenden Gewerbe gebremst. Diese habe im Vergleich zum Vorjahr kaum zugenommen (+0,2 Prozent). Das Verarbeitende Gewerbe habe dabei vor allem in der ersten Jahreshälfte 2022 wie schon im Jahr 2021 unter gestörten internationalen Lieferketten gelitten. Hinzu sei der massive Anstieg der Energiepreise infolge des Kriegs in der Ukraine gekommen.

Außenhandel nimmt zu

Auf der Nachfrageseite seien die privaten Konsumausgaben im Jahr 2022 die wichtigste Wachstumsstütze der deutschen Wirtschaft gewesen. Sie seien preisbereinigt um 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und hätten damit fast das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht. Grund hierfür seien Nachholeffekte im Zuge der Aufhebung fast aller Corona-Schutzmaßnahmen im Frühjahr 2022 gewesen. Auch im Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur hätten die privaten Haushalte wieder mehr aus als noch vor einem Jahr ausgegeben. Die Konsumausgaben des Staates erhöhten sich den Fachleuten zufolge im Jahr 2022 vergleichsweise moderat um 1,1 Prozent. Der Staat habe deutlich mehr Geld ausgegeben, um die zahlreichen Schutzsuchenden aus der Ukraine und anderen Staaten zu verpflegen und unterzubringen. Dagegen seien die staatlichen Ausgaben zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gesunken.

Die Bauinvestitionen nahmen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2022 preisbereinigt um 1,6 Prozent ab. Dabei wirkten sich die fehlenden Baumaterialien und der Fachkräftemangel vor allem im Hochbau und bei Wohnbauten aus. Zunehmende Auftragsstornierungen gewerblicher und privater Bauvorhaben im Zuge andauernd hoher Baupreise sowie steigender Bauzinsen hätten den negativen Trend der Bauinvestitionen im Jahresverlauf 2022 verstärkt.

Der Außenhandel nahm laut den Angaben des Amts trotz starker Preisanstiege im Jahr 2022 zu: Deutschland habe preisbereinigt 3,2 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen als im Vorjahr exportiert. Die Importe hätten gleichzeitig sehr viel stärker zugelegt – um preisbereinigt 6,7 Prozent zu. Der Außenbeitrag insgesamt habe das BIP-Wachstum dadurch gedämpft.

Neue staatliche Belastungen infolge der Energiekrise

Die staatlichen Haushalte beendeten das Jahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen der Statistikerinnen und Statistikern mit einem Finanzierungsdefizit von 101,6 Milliarden Euro. Das seien knapp 33 Milliarden Euro weniger als im Jahr 2021 gewesen. Die Entlastungen des Staatshaushalts seien dabei durch die auslaufenden Corona-Maßnahmen von neuen Belastungen durch die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine überlagert worden.

Erste Ergebnisse zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im 4. Quartal 2022 wird das Statistische Bundesamt am 30. Januar 2023 veröffentlichen. Detaillierte Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen folgen am 24. Februar 2023.