Der große Aufbruch ins Digitale
Vor Studenten der Bundesbank Hochschule in Hachenburg hat Carl-Ludwig Thiele einen Ausblick auf die Innovationen im Zahlungsverkehr gegeben. Es sei viel zu hören von neuen Anbietern für Bank- und Zahlungsdienste, von innovativen Bezahlmöglichkeiten abseits des Bargelds und etablierter bargeldloser Zahlungsmittel. "Der große Aufbruch ins Digitale scheint im Zahlungsverkehr tatsächlich stattzufinden",
so Thiele. Welche Technologien und Wege sich am Ende durchsetzten, bleibe abzuwarten.
Wie die jüngste Studie der Bundesbank zeige, hätten neuartige Bezahlverfahren, beispielsweise mit dem Smartphone, in Deutschland noch einen untergeordneten Stellenwert. Insgesamt wachse aber das Angebot an bargeldlosen Zahlungsmitteln, die an immer mehr Verkaufsstellen akzeptiert und häufiger von Verbrauchern verwendet würden. Insbesondere die kontaktlosen Kartenzahlungen und Mobilfunkzahlungen seien für kleinere Beträge komfortabel, weshalb Verbraucher in Zukunft vermehrt zum Handy greifen könnten statt zum Bargeld. "In London ist das "Tap and Go" fast die Regel, nicht nur in der U-Bahn und in den Bussen, sondern auch im Laden"
, berichtete Thiele. Auch in Schweden und Dänemark würde deutlich weniger Bargeld eingesetzt, sogar die Stockholmer Obdachlosenzeitung, oder die Tasse Kaffee in Kopenhagen ließen sich mit der Karte oder sogar dem Smartphone bezahlen.
Kontaktloszahlungen nehmen zu
Der Trend gehe in Deutschland zu Kontaktloszahlungen, die auf Near Field Communication-Technologie, kurz NFC, aufsetzten. Der NFC-Chip in der Karte oder dem Mobiltelefon sei in der Lage, über eine Entfernung von wenigen Zentimetern ein Funksignal beispielsweise an ein Händlerterminal zu senden und die für die Zahlung notwendigen Informationen zu übertragen. Dabei könnten kleinere Beträge bis zu 25 Euro ohne PIN bezahlt werden, was einen erheblichen Zeitgewinn an der Kasse bedeute. Sowohl Banken und Sparkassen als auch die Handyhersteller rüsteten ihre Karten und Telefone bereits mit NFC-Technologie aus. Auch auf Händlerseite würde die Akzeptanz immer größer: "Im öffentlichen Nahverkehr, in Drogerien, an Tankstellen, in Supermärkten oder in Taxis sind zunehmend
NFC-fähige Terminals zu finden",
sagte Thiele vor den Studenten.
Europäischer einheitlicher Standard bei Echtzeitzahlungen angestrebt
Ein weiteres großes Thema sei die Echtzeitabwicklung im Massenzahlungsverkehr, erklärte der Bundesbankvorstand. Nach der europaweiten Einführung von SEPA, soll es nun einen einheitlichen europäischen Standard für Echtzeitzahlungen geben. Mit sogenannten Instant Payment Systemen stünde die gesendete Summe dem Empfänger innerhalb weniger Sekunden zur Verfügung. "Echtzeitabwicklung, die angesichts von E-Mail und WhatsApp aus Konsumentensicht so einfach und selbstverständlich erscheint, verursacht für die Kreditwirtschaft im Massenzahlungsverkehr einen großen Abstimmungs- und Investitionsaufwand"
, sagte Thiele. Die Kreditwirtschaft erarbeite zurzeit ein Regelwerk für Instant Payments auf Basis der SEPA-Überweisung. Ob sich die Banken letztlich dem Regelwerk anschließen bleibe abzuwarten. "Von der deutschen Kreditwirtschaft habe ich bisher verhaltene Äußerungen gehört", so Thiele. Der Druck echtzeitbasierte Lösungen anzubieten sei hoch, welche Lösung in welcher Konstellation gefunden würde, sei jedoch offen.
FinTechs auf dem Vormarsch
Als weitere große Herausforderung für die Kreditwirtschaft sieht Thiele den Vormarsch der sogenannten FinTechs. Diese Technologieunternehmen bedienten sich neuer digitaler Möglichkeiten, um Finanzdienstleistungen anzubieten. "Um Zahlungen zu initiieren, müssen Kunden nicht mehr zwingend direkt Kontakt zu einer Bank oder Sparkasse aufnehmen"
, erklärte er. Das berge für die Kreditinstitute die Gefahr, dass sich insgesamt der Kontakt zum Kunden grundlegend verändere. Gleichzeitig erhöhe die Anzahl der Beteiligten die Komplexität der Zahlungsprozesse und damit die Risiken für die Sicherheit und den Schutz der persönlichen Daten. Noch seien die Marktanteile von FinTechs sehr gering, so Thiele. In Zukunft dürfte aber die Zusammenarbeit von FinTechs und Kreditinstituten ein möglicher Weg sein den Herausforderungen zu begegnen.
Blockchain-Technologie noch am Anfang
Auch die sogenannte Blockchain-Technologie war Thema in Hachenburg. Durch die Einbeziehung des weltweiten Computernetzes ermögliche dieses Transaktionsregister, dass sämtliche Transaktionen der Finanzwelt fast in Echtzeit und vor allem dezentral, also ohne zentrale Einheit oder Institution, dokumentiert werden könnten, erklärte der Bundesbankvorstand. Im Vordergrund stünde die Entwicklung der Blockchain hin zu einer Basistechnologie, die Transaktionen zwischen Unternehmen erleichtern könne. Es gäbe Pilotprojekte und laufende Anwendungen, es wäre jedoch zu früh, um zu beurteilen, inwieweit die Erwartungen erfüllt werden könnten, sagte Thiele. "Meines Erachtens sind Blockchain-basierte Lösungen noch weit von einer Reife für den Massenmarkt entfernt."
Dass innovative Produkte im Zahlungsverkehr sich jedoch weiter verbreiteten, daran bestehe kein Zweifel. Dabei dürfte zudem nicht ausschließlich auf die jüngere Generation geschaut werden. Viele FinTechs seien überrascht, wenn sie erführen, wie alt ihre Kunden im Durchschnitt sind.