Demografischer Wandel könnte Wirtschaftswachstum schwächen

Die Bevölkerung in Deutschland wird in den kommenden Jahren altern und perspektivisch stark schrumpfen. Das wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. So wird die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 74 Jahren bis zum Jahr 2025 um fast 2,5 Millionen abnehmen, wie eine Vorausschätzung im Monatsbericht April der Bundesbank zeigt. "Die demografisch angelegte Minderung des Arbeitskräfteangebots nimmt perspektivisch Fahrt auf", schreiben die Fachleute der Bundesbank. Gleichzeitig werde der Anteil der Älteren zwischen 55 und 74 Jahren um 7 Prozentpunkte auf etwa 40 Prozent steigen.

Im Vergleich zu einer vorherigen Prognose der Bundesbank aus dem Jahr 2012 wurde der Prognosezeitraum nun um fünf Jahre bis 2025 erweitert. Als Grundlage dient die aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes. Darüber hinaus trifft die Bundesbank eigene Annahmen über die erwartete Zuwanderung in den kommenden Jahren.

Wachstum könnte bis 2025 deutlich zurückgehen

Im Basisszenario fällt das Erwerbspersonenpotenzial, also das im Inland mittelfristig zur Verfügung stehende Arbeitskräfteangebot, im Jahr 2025 in etwa so hoch aus wie 2016. Bis 2021 dürfte das Erwerbspersonenpotenzial zunächst noch zunehmen, danach ist aber – bedingt durch das Ausscheiden der sogenannten "Baby-Boomer"-Generation aus dem Arbeitsmarkt – ein deutlicher Rückgang zu erwarten. "Damit wird in den kommenden Jahren keine stetige Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials zu erwarten sein", heißt es im Monatsbericht.

Die demografische Entwicklung wird sich auch auf das trendmäßige Wirtschaftswachstum in Deutschland auswirken. Die Ökonomen der Bundesbank gehen davon aus, dass das Produktionspotenzial der deutschen Volkswirtschaft in den kommenden Jahren deutlich weniger wachsen wird als bisher. Im Mittel der Jahre 2011 bis 2016 lag das Potenzialwachstum bei fast 1¼ Prozent. Zwischen 2021 und 2025 könnte es den Vorausberechnungen zufolge auf durchschnittlich gut ¾ Prozent pro Jahr sinken. Maßgeblicher Grund dafür ist das demografisch bedingt rückläufige Arbeitsvolumen, das heißt der von allen Erwerbstätigen geleistete Arbeitseinsatz.

Zuwanderung kann Rückgang des Arbeitsangebots nicht aufhalten

Zwei Faktoren wirken dem prognostizierten Rückgang des Arbeitsangebots bisher entgegen: Zum einen ist die Erwerbsbeteiligung von Älteren in den vergangenen Jahren gestiegen. Dies wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen, nehmen die Bundesbank-Ökonomen an. Dennoch, so die Autoren, dürfte die weitere Aktivierung inländischer Arbeitskräfte an ihre Grenzen stoßen. Zum anderen bremst die derzeit kräftige Zuwanderung den demografisch angelegten Trend.

Die Bundesbank geht für das Jahr 2016 von einem Wanderungsüberschuss von etwa 500.000 Personen aus. Laut der Prognose wird dieser Überschuss bis 2025 auf 200.000 Personen pro Jahr zurückgehen. Damit kämen insgesamt fast 2½ Millionen Menschen nach Deutschland, die das Erwerbspersonenpotenzial um knapp zwei Millionen Personen erhöhen würden. Allerdings unterliegt diese Prognose großen Unsicherheiten. "Sollte die Zuwanderung nur halb so hoch ausfallen wie in der Basislinie unterstellt, setzt die Verringerung des Erwerbspersonenpotenzials bereits im Jahr 2020 ein. Kumuliert stünden dem Arbeitsmarkt bis zum Jahr 2025 etwa 1 Millionen Personen weniger zur Verfügung", heißt es in dem Bericht. Selbst in dem Szenario mit einer höheren Zuwanderung kann der demografische Trend langfristig nicht aufgehalten werden. Der Rückgang des Arbeitsangebots würde dann lediglich zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich erst 2023, einsetzen.

Demografie dämpft Arbeitsproduktivität

Der demografische Wandel beeinflusst aber nicht nur das Arbeitsvolumen, sondern auch die Arbeitsproduktivität. Kurzfristig könnte die Produktivität in einer alternden Gesellschaft zum Beispiel dadurch gestärkt werden, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Anteil an den Erwerbspersonen in den kommenden Jahren zunehmen wird, produktiver sind als Jüngere. Mittel- bis langfristig dürfte der demografische Wandel laut Einschätzung der Bundesbank aber dennoch eher dämpfend auf das Produktivitätswachstum wirken. Dies sei unter anderem dadurch bedingt, dass die Arbeitsproduktivität älterer Erwerbspersonen typischerweise kaum noch zunimmt. Zudem gewännen in einer alternden Gesellschaft Dienstleistungen, wie beispielsweise die Pflege älterer Menschen, im Vergleich zur Güterproduktion an Bedeutung. "Da die Produktivität von Dienstleistern erfahrungsgemäß geringer als diejenige im Produzierenden Gewerbe ausfällt, könnten alternde Volkswirtschaften zumindest während des demografischen Übergangsprozesses ein geringeres gesamtwirtschaftliches Produktivitätswachstum aufweisen", schreiben die Autoren.