Coronavirus-Pandemie stürzt deutsche Wirtschaft in schwere Rezession
„Die Coronavirus-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen stürzten die deutsche Wirtschaft in eine schwere Rezession“
, heißt es im jüngsten Monatsbericht der Bundesbank. Insbesondere in einigen konsumnahen Dienstleistungsbranchen hätten sie dazu geführt, dass die Wirtschaftstätigkeit ab Mitte März weitgehend eingestellt wurde. Wie stark der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Aktivität letztlich ausfallen werde, sei gegenwärtig kaum verlässlich absehbar. Letztlich würde die Schwere der Rezession maßgeblich davon abhängen, wann und in welchem Ausmaß die zur Bekämpfung der Pandemie eingeführten Einschränkungen weiter gelockert werden könnten, so die Bundesbank.
Schnelle wirtschaftliche Erholung unwahrscheinlich
Erste vorsichtige Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen seien gegenwärtig bereits angekündigt. Bis es eine medizinische Lösung gebe, müssten jedoch voraussichtlich substanzielle Einschränkungen bestehen bleiben. Aus diesem Grund erscheine eine rasche und starke wirtschaftliche Erholung gegenwärtig eher unwahrscheinlich. „Eine Rolle spielt dabei auch, wie schnell die Verbraucher und Unternehmen nach den Lockerungen ihr Verhalten normalisieren“
, heißt es im Monatsbericht. Dies gelte nicht nur für Deutschland selbst, sondern auch für die Länder, mit denen Deutschland wirtschaftlich eng verflochten ist.
Eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale erwarten die Expertinnen und Experten für die deutsche Wirtschaft jedoch nicht. Das ausgebaute System der sozialen Sicherung, die umfangreichen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems sowie die massiven fiskalischen Stützungsmaßnahmen der Bundesregierung stünden einem solchen Szenario entgegen.
Einschränkungen treffen deutsche Wirtschaft schwer
„Für erhebliche Unsicherheit bei der Einschätzung der Konjunkturentwicklung sorgt die beispiellose Geschwindigkeit, mit der die Pandemie und die zu ihrer Eindämmung ergriffenen Maßnahmen die deutsche Wirtschaft lahmlegten“
, schreiben die Fachleute. Viele der gängigen Konjunkturindikatoren lägen bislang erst für die Monate Januar und Februar vor und spielgelten daher die wirtschaftlichen Kosten der Pandemie und ihrer Bekämpfung noch nicht wider. Zu Jahresbeginn schien die deutsche Konjunktur ihre lang anhaltende Flaute zunächst überwunden zu haben.
Im März hätten dann die zur Eindämmung der Epidemie erforderlichen Einschränkungen die Wirtschaft mit großer Wucht getroffen. Angeordnete Geschäftsschließungen und weitere Sicherheitsmaßnahmen hätten in den betroffenen Branchen zu einem weitgehenden Ausfall der Umsätze geführt. Betroffen sein dürften insbesondere die Gastronomie, Reisedienstleister, andere freizeit- und kulturbezogene Dienstleistungen, der Textileinzelhandel, aber auch die Personenbeförderung. „Allein die in der zweiten Märzhälfte in diesem Bereich entfallenen Konsumausgaben verringerten nach überschlägigen Rechnungen das Bruttoinlandsprodukt im ersten Vierteljahr wohl um etwas mehr als 1 Prozent“
, so die Bundesbank. Zusätzlich zeichneten sich in der gesamten Breite der deutschen Wirtschaft massive Rückgänge der Aktivität ab.
Anzeigen zur Kurzarbeit explosionsartig gestiegen
Die Daten zum Arbeitsmarkt spiegelten im Wesentlichen den Stand vor Ausweitung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ab Mitte März wider. Zwar sei die Zahl der registrierten Arbeitslosen im Monat März stabil gegenüber dem Vormonat geblieben, heißt es im Bericht weiter. Allerdings wäre sie noch vor der Einführung der allgemeinen Kontaktbeschränkungen erhoben worden. 2,27 Millionen Personen zählten demnach als arbeitslos, das entspräche eine Quote von 5,0 Prozent.
Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) prüfte jedoch bereits vom 1. bis 25. März Anzeigen zur Kurzarbeit für 1,04 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. In einer Sonderauswertung wären zudem im Zeitraum vom 1. März bis 13. April 0,7 Millionen Betriebe gezählt worden, die Kurzarbeit angezeigt hätten. „Obwohl nicht alle Anzeigen auch zu tatsächlicher Inanspruchnahme führen müssen, dürfte damit voraussichtlich im April die Zahl der Kurzarbeiter weit über eine Million steigen“
, folgerten die Bundesbank-Fachleute. Verglichen mit der Wirtschaftskrise 2009 dürfte der Kurzarbeit tendenziell eine höhere Bedeutung zukommen. Denn die Zahl der potenziell bezugsberechtigten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer läge heute um sechs Millionen höher und es wären mehr Branchen vom Wirtschaftseinbruch betroffen als vor elf Jahren.
Ölpreise im März stark eingebrochen
Vor dem Hintergrund von Reisebeschränkungen und negativer Aussichten für die globale Konjunktur sowie Förderausweitungen brachen die Ölpreise im März regelrecht ein. Gegenüber dem Vormonat seien sie um zwei Fünftel zurückgegangen, den Vorjahresstand hätten sie sogar um mehr als die Hälfte unterschritten.
Die Verbraucherpreise gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) hätten im März im Vergleich zum Vormonat erstmalig seit etwa einem Jahr saisonbereinigt nachgegeben, so die Bundesbank. Dies sei vor allem auf den merklichen Preisrückgang bei Energie zurückzuführen. Die Vorjahresrate des HVPI sei von 1,7 Prozent auf 1,3 Prozent gesunken – gemessen ohne Energie und Nahrungsmittel von 1,4 Prozent ebenfalls auf 1,3 Prozent. Die Ökonominnen und Ökonomen weisen darauf hin, dass die Entwicklung der Preise noch kaum von der Corona-Pandemie beeinflusst gewesen sei, da die Preie weitgehend vor den Eindämmungsmaßnahmen erhoben worden wären. Insgesamt rechnen die Fachleute mit einem kräftigen Rückgang der Inflationsrate, da die niedrigen Rohölnotierungen nach und nach an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben würden.