Joachim Nagel ©Gaby Gerster

Bundesbank schlägt Reform der Schuldenbremse für solide Staatsfinanzen und mehr Investitionen vor

Die Deutsche Bundesbank erweitert ihre Reformvorschläge zur Schuldenbremse des Bundes und zeigt einen stabilitätsorientierten Weg für höhere staatliche Investitionen auf. Damit legt sie ein Konzept vor, das notwendige Maßnahmen stützt, um Infrastruktur und Verteidigung zu stärken. Zugleich sichert das Konzept langfristig tragfähige Staatsfinanzen im Einklang mit europäischen Vorgaben. Gleichzeitig hält die Bundesbank an ihrer Position fest, dass verfassungsmäßig abgesicherte Schuldenbremsen einen unverzichtbaren Beitrag für langfristig tragfähige Staatsfinanzen leisten. Deutschland steht bei der Schuldenquote im internationalen Vergleich gut da. Unser Reformvorschlag zur Schuldenbremse bewahrt die soliden Staatsfinanzen und erleichtert gleichzeitig dringend nötige Investitionen, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel. 

Die Bundesbank berät die Bundesregierung im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags in Fragen von währungspolitischer Bedeutung.

Das ausführliche Konzept stellt die Bundesbank im neuen Monatsbericht vor. Darin entwickelt die Bundesbank ihre Vorschläge weiter, die sie bereits 2022 vorgelegt hat. 

Schuldenquote aus EU-Verträgen als Anker der Schuldenbremse

Der Reformvorschlag der Bundesbank orientiert sich am 60-Prozent-Referenzwert für die Schuldenquote aus den EU-Verträgen als Anker der Schuldenbremse. Bis zum Jahr 2030 könnten Bund und Länder demnach bis zu insgesamt 220 Milliarden Euro zusätzlich kreditfinanziert investieren, vorausgesetzt die Schuldenquote liegt unter 60 Prozent. Bei einer Schuldenquote von mehr als 60 Prozent würde dieser Rahmen bis 2030 um rund 100 Milliarden Euro steigen. 

Die Reformvorschläge ändern nichts an der Notwendigkeit, konsumtive Ausgaben zu überdenken. Eine stabilitätsorientierte Reform der Schuldenbremse schafft zusätzliche Handlungsmöglichkeiten für wichtige Investitionen, etwa in Infrastruktur und Verteidigung, so Nagel weiter.

Höhere Obergrenzen für die strukturelle Nettokreditaufnahme

Im Detail sieht der Vorschlag vor, die Kreditspielräume des Bundes von 0,35 Prozent auf maximal 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen, wenn die Schuldenquote unter der 60-Prozent-Marke liegt. Diese Spielräume umfassen 0,5 Prozent des BIP ohne Verwendungsvorgaben als Niedrigschuldensockel sowie 0,9 Prozent des BIP ausschließlich für zusätzliche Investitionen. Ein Teil dieser Investitionskomponente ist für Zuschüsse an Länder und Gemeinden vorgesehen, die den Großteil der Sachinvestitionen verantworten. 

Überschreitet die Schuldenquote die 60-Prozent-Marke, bleibt der Spielraum von 0,9 Prozent für Investitionen bestehen. Der 0,5 Prozent-Sockel entfällt dann. So wird einerseits eine Schuldenquote von unter 60 Prozent belohnt und zugleich Planungssicherheit für Investitionen geschaffen, erläuterte Nagel.

Sondervermögen wäre mögliche Alternative

Ähnliche Kreditspielräume und ein Investitionsschutz ließen sich auch mit einem Sondervermögen umsetzen, das befristet oder dem Volumen nach begrenzt werden könnte. Wir bevorzugen eine grundlegende Reform der Schuldenbremse, die bessere Planbarkeit bietet, ein Sondervermögen mit vergleichbarem finanziellen Rahmen wäre aber ebenfalls möglich, erklärte Nagel.