Bundesbank-Prognose: Robuster Aufschwung dank guter Binnenkonjunktur

Laut der jüngsten Bundesbank-Prognose bleiben die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft günstig. "Tragende Säule ist die lebhafte Binnennachfrage, die von der günstigen Arbeitsmarktlage und den steigenden Einkommen der privaten Haushalte gestützt wird", kommentierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann die Prognose der Bundesbank, die halbjährlich veröffentlicht wird. Die Bundesbank-Volkswirte erwarten für dieses Jahr ein Wachstum des preisbereinigten deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,7 Prozent, für das Jahr 2017 prognostizieren sie einen Zuwachs von 1,4 Prozent. Das sind 0,1 beziehungsweise 0,3 Prozentpunkte weniger als noch vor einem halben Jahr angenommen. Diese Korrektur geht laut den Bundesbank-Volkswirten vor allem auf ein weniger günstiges internationales Umfeld zurück. Für das Jahr 2018 prognostizieren sie ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent. Sogenannte Kalendereffekte verdecken dabei recht gleichmäßige Zuwachsraten in arbeitstäglich bereinigter Betrachtung von 1,6 Prozent in den Jahren 2016 und 2017 sowie 1,7 Prozent im Jahr 2018.

Hohe Beschäftigung profitiert von EU-Zuwanderung

Laut der Prognose profitiert die Binnenkonjunktur auch in diesem Jahr von dem kräftigen Beschäftigungswachstum, das sich in hohem Maße aus der erwerbsorientierten Zuwanderung speist. "So kamen weiterhin sehr viele Zuwanderer aus der EU, die sich verhältnismäßig schnell in den Arbeitsmarkt integrieren", schreiben die Bundesbank-Experten. Die Beschäftigung in Deutschland nahm demnach im Winterhalbjahr 2015/ 2016 mit einem Plus von 310.000 Personen erheblich kräftiger zu, als noch in der zuletzt veröffentlichen Dezember-Prognose angenommen worden war. Gemeinsam mit den robusten Einkommenszuwächsen schlage sich die EU-Zuwanderung beim privaten Verbrauch und im Wohnungsbau nieder, so die Bundesbank-Volkswirte.

Doch sind höhere Beschäftigung und Einkommen nicht die alleinigen Treiber der Konjunktur: Der Prognose zufolge stützen zudem die abermals gesunkenen Rohölpreise die Binnennachfrage im laufenden Jahr. Das liegt daran, dass Verbrauchern insgesamt mehr Geld zur Verfügung steht, wenn sie weniger für Güter und Dienstleistungen zahlen, die durch Ölpreise beeinflusst werden. Außerdem wird nach Einschätzung der Bundesbank-Experten die wirtschaftliche Entwicklung durch eine expansiv ausgerichtete Finanzpolitik getrieben, wozu zusätzliche staatliche Ausgaben im Zusammenhang mit der Zuwanderung von Flüchtlingen einen wesentlichen Beitrag leisten.

Auslandsgeschäfte erfahren nur begrenzte Impulse

Die Auslandsgeschäfte erfahren der Prognose zufolge im laufenden Jahr angesichts der zögerlichen Entwicklung des Welthandels dagegen nur begrenzte Impulse. In jahresdurchschnittlicher Betrachtung schlage außerdem zu Buche, dass die deutschen Exporteure im zweiten Halbjahr 2015 ihre zuvor erworbenen erheblichen Marktanteilsgewinne zum Teil wieder abgeben mussten, so die Bundesbank-Volkswirte. Dies dürfte sich im Jahr 2016 noch etwas fortsetzen. "In den kommenden Jahren dürften die Exporte aber stärker Tritt fassen und einen Ausgleich für die dann nicht mehr ganz so kräftig expandierende Binnennachfrage bilden", sagte Weidmann. Anziehende Exporte sind den Experten zufolge eine wichtige Bedingung dafür, dass die günstigen Perspektiven der deutschen Wirtschaft anhalten. Denn einige der gegenwärtigen Treiber der Konjunktur wie die Nachfrage nach Wohnungen könnten gegen Ende des Prognosehorizonts an Schwung verlieren. Im Jahr 2018 könnten die in Deutschland angelegten ungünstigen demografischen Trends bei nachlassender Zuwanderung stärker an Bedeutung gewinnen, was mit einer merklich geringeren Wohnungsnachfrage und einer deutlich schwächeren Investitionsdynamik am Wohnungsmarkt einhergehen dürfte, heißt es in dem Bericht.

Entwicklung der Verbraucherpreise

Neben dem Wirtschaftswachstum betrachten die Volkswirte in ihrem Ausblick auch die Entwicklung der Preise in Deutschland. Gemessen am sogenannten Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) rechnen sie in diesem Jahr mit einer Teuerung von 0,2 Prozent. Im kommenden Jahr erwarten die Experten Preissteigerungen von 1,5 Prozent, im darauffolgenden Jahr von 1,7 Prozent.

Damit korrigierten die Bundesbank-Volkswirte ihre Erwartungen nach unten. So war noch im Dezember für das Jahr 2016 ein Preisanstieg von 1,1 Prozent erwartet worden; für 2017 eine Teuerung von 2,0 Prozent. Ausschlaggebend für die Revision der Preisprojektion war den Bundesbank-Experten zufolge eine unerwartet niedrige Teuerung bei Dienstleistungen und Industriewaren (ohne Energie) in der ersten Hälfte des laufenden Jahres. Vor allem habe sich aber der überraschende neuerliche Rückgang des Rohölpreises zum Jahreswechsel 2015/2016 bemerkbar gemacht. "Schwankungen der Rohölnotierungen stellen auch weiterhin ein Risiko insbesondere für die Inflationsprognose dar, erscheinen aber insgesamt ebenso wie die Risiken für das Wirtschaftswachstum ausgeglichen", erklärte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hierzu. Im kommenden Jahr dürfte sich das Wachstum der inländischen Lohnkosten wieder stärker in den Verbraucherpreisen widerspiegeln, erwarten die Experten. Der dämpfende Einfluss der Preise für Rohöl und andere Rohstoffe sollte dann entfallen.