Bundesbank-Prognose: Konjunktur gewinnt zunehmend an Kraft

Die deutsche Wirtschaft folgt derzeit einem vor allem von der Binnennachfrage getragenen Wachstumspfad. "Treibende Faktoren sind hierbei die günstige Arbeitsmarktlage und die kräftigen Zuwächse der realen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte", kommentierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann die aktuelle halbjährliche Prognose seines Hauses.

Derzeit leide das Auslandsgeschäft der Unternehmen zwar unter der schwachen Nachfrage aus den Schwellenländern. Für die Jahre 2016 und 2017 erwartet die EZB in ihrer aktuellen Prognose aber eine Erholung der Absatzmärkte außerhalb des Euro-Raums und ein etwas stärkeres Wirtschaftswachstum im Euro-Raum. Der Bundesbankpräsident zeigte sich zuversichtlich, dass dadurch die gute Grundkonstitution der deutschen Wirtschaft in den nächsten beiden Jahren noch stärker zum Tragen komme.

Ökonomen heben Prognose an

Die Bundesbank-Volkswirte rechnen in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum in Deutschland von 1,7 %. Im Verlauf des Jahres 2016 könnte laut Bundesbank die heimische Wirtschaft zusätzlich an Schwung gewinnen, wenn wie erwartet der Welthandel wieder stärker expandiert und sich die deutschen Exporte von ihrer Schwächephase erholen. Unter diesen Voraussetzungen prognostizieren die Ökonomen für das Jahr 2016 ein Wachstum von 1,8 %. Für das Jahr 2017 erhöhen sie ihre bisherige Prognose von Juni auf 1,7 %. Kalendereffekte überdecken zudem die erwartete Verstärkung des Wirtschaftswachstums. Kalenderbereinigt ergeben sich demnach Zuwachsraten von 1,7 % im Jahr 2016 und 1,9 % im Jahr 2017, nach 1,5 % in diesem Jahr.

Angesichts der erwarteten positiven Wirtschaftsentwicklung geht die Bundesbank von einer überdurchschnittlichen Auslastung der deutschen Wirtschaft in den beiden kommenden Jahren aus. Dabei komme es am Arbeitsmarkt trotz des durch die Zuwanderung vergrößerten Angebots verstärkt zu Engpässen und in der Folge zu höheren Lohnzuwächsen.

Bei den Staatsfinanzen rechnen die Bundesbank-Volkswirte für das laufende Jahr mit einem nochmals höheren Überschuss. In den beiden kommenden Jahren könnten die staatlichen Haushalte dann mehr oder weniger ausgeglichen sein. Steigende Ausgaben unter anderem wegen der Flüchtlingszuwanderung dürften hier die günstigen Konjunktureinflüsse und Entlastungen bei den Zinszahlungen deutlich überwiegen.

Höhere Preise erwartet

Der Anstieg der Verbraucherpreise wird sich den Ökonomen zufolge verstärken, weil die Rohölnotierungen ihre inflationsdämpfende Wirkung nach und nach verlieren dürften. Gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) könnte sich die Teuerungsrate nach der neuen Prognose von 0,2 % im laufenden Jahr auf 1,1 % im kommenden Jahr und 2,0 % im darauf folgenden Jahr erhöhen. Ohne Energie gerechnet dürfte die Rate von 1,1 % im Jahr 2015 auf 2,0 % im Jahr 2017 steigen. Im Vergleich zur Juni-Projektion gehen die Volkswirte damit von einem niedrigeren Preisanstieg im gesamten Prognosezeitraum aus, insbesondere für 2016. Grund dafür ist zu einem großen Teil ein neuerlicher Rückgang der Rohölpreise, mit dem zuvor nicht gerechnet worden ist.

Risiken für das Wirtschaftswachstum

Risiken für das Wirtschaftswachstum bestehen nach Bundesbank-Einschätzung, falls sich die gegenwärtige Schwäche in einigen Schwellenländern verstärken sollte. Allerdings werde die Entwicklung des Welthandels inzwischen eher vorsichtig eingestuft, sodass auch ein günstigerer Verlauf möglich erscheine. "Hohe Unsicherheit herrscht zudem über die Höhe der zu erwartenden Flüchtlingszuwanderung und ihre gesamtwirtschaftlichen und fiskalischen Auswirkungen", so der Bundesbankpräsident. Abweichungen von dem in der Prognose unterstellten Szenario könnten vor allem die Staatshaushalte, den privaten Konsum, die Wohnungsbauinvestitionen und auch den Arbeitsmarkt betreffen.