Bundesbank-Prognose: Deutsche Wirtschaft wächst verhalten
Die Konjunktur in Deutschland kühlt sich gegenwärtig spürbar ab. Der aktuellen Bundesbank-Prognose zufolge hält die seit Mitte des vergangenen Jahres schwache konjunkturelle Grundtendenz vorerst noch an. Dies liegt am laufenden Abschwung in der Industrie, die unter dem schleppenden Exportgeschäft leidet. Die stärker binnenwirtschaftlich orientierten Branchen wachsen hingegen weiterhin robust. Zwar dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im laufenden Frühjahrsquartal sogar leicht zurückgehen. „Ein länger anhaltender, deutlicher Rückgang der Wirtschaftsleistung erscheint derzeit aber wenig wahrscheinlich“,
heißt es in dem Bericht der Bundesbank. Vielmehr gehen die Ökonominnen und Ökonomen davon aus, dass die Exporte im Verlauf der zweiten Jahreshälfte wieder stärker zulegen und sich die Zweiteilung der Konjunktur somit zurückbilden dürfte. „Sobald die Auslandsnachfrage in Gang kommt, wird das Wachstum der deutschen Wirtschaft wieder auf einem breiteren Fundament stehen“
, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Globale Nachfrage schwächer als erwartet
Die Expertinnen und Experten der Bundesbank rechnen für das laufende Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Damit korrigieren Sie ihre Erwartungen erheblich nach unten. Im Dezember hatten sie für die deutsche Wirtschaft noch ein Wachstum von 1,6 Prozent für 2019 prognostiziert. Grund dafür sei vor allem die schwächere globale Nachfrage, die die deutschen Exporte und die Industrie belaste, heißt es in dem Bericht. Für 2020 (1,2 Prozent) und 2021 (1,3 Prozent) geht die Bundesbank wieder von einem höheren Wachstum als im laufenden Jahr aus. Der private Konsum bleibe eine solide Stütze der Konjunktur, allerdings dürfte die Dynamik verhaltener ausfallen als in den Jahren des Aufschwungs, schreiben die Bundesbank-Fachleute.
Preise steigen wieder etwas langsamer
Die Ökonominnen und Ökonomen prognostizieren auch die Preisentwicklung in Deutschland. Demnach dürfte die Inflationsrate gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von 1,9 Prozent im Jahr 2018 auf 1,4 Prozent im laufenden Jahr sinken. „Dies liegt vor allem an niedrigeren Preissteigerungen für Energie“
, heißt es in dem Bericht. In den Jahren 2020 (1,5 Prozent) und 2021 (1,7 Prozent) dürfte die Teuerungsrate den Projektionen zufolge wieder anziehen. Grund dafür seien allerdings nicht die Energiepreise, sondern stärker steigende Preise für andere Waren und Dienstleistungen.
Entwicklung im Euroraum
In dieser Woche legte das Eurosystem die aktuellen Projektionen für Wachstum und Inflationsentwicklung für den Euroraum insgesamt vor. Demnach erwarten die Fachleute für 2019 ein Wachstum von 1,2 Prozent (bisher 1,1 Prozent) und für die beiden folgenden Jahre von jeweils 1,4 Prozent (bisher 1,6 beziehungsweise 1,5 Prozent). „Trotz des besser als erwartet ausgefallenen ersten Quartals deuten die jüngsten Informationen darauf hin, dass der globale Gegenwind die Aussichten für den Euro-Raum weiter belastet“
, sagte EZB-Präsident Mario Draghi nach der Zinssitzung in Vilnius. Mit Blick auf die Teuerungsrate gehen die EZB-Expertinnen und -Experten davon aus, dass die Inflation im Euroraum 2019 bei 1,3 Prozent liegen dürfte. 2020 dürfte sie auf 1,4 Prozent und 2021 auf 1,6 Prozent steigen.
Abwärtsrisiken überwiegen
Die Bundesbank-Fachleute betonen die Unsicherheit, mit der die aktuelle Projektion behaftet sei. So dürfte das Verarbeitende Gewerbe aufgrund des derzeitigen Abschwungs anfällig für Störungen von außen sein, heißt es in dem Bericht. „Zusätzliche negative Entwicklungen im externen Umfeld könnten den Abschwung in der stark auf das Exportgeschäft ausgerichteten deutschen Industrie verschärfen oder verlängern“,
schreiben sie weiter. Es bestehe dann die Gefahr, dass die Abwärtsbewegung sich auch auf die Binnenwirtschaft übertrage. Insgesamt überwögen deshalb die Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum. Insbesondere könnte eine Verschärfung protektionistischer Maßnahmen weltweit die deutsche Industrie erheblich belasten, warnen die Fachleute. Daneben nennen sie einen möglichen ungeordneten Brexit sowie Unsicherheiten im Zusammenhang mit der finanzpolitischen Ausrichtung der italienischen Regierung als Risikofaktoren für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland.
Projektion Juni 2019
Veränderung ggü. Vorjahr in % | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 |
Reales BIP, kalenderbereinigt | 1,5 | 0,6 | 1,2 | 1,3 |
Reales BIP, unbereinigt | 1,4 | 0,6 | 1,6 | 1,3 |
Harmonisierter Verbraucherpreisindex | 1,9 | 1,4 | 1,5 | 1,7 |
Harmonisierter Verbraucherpreisindex | 1,3 | 1,5 | 1,6 | 1,7 |
Quelle: Statistisches Bundesamt. 2019 bis 2021 eigene Projektion. |