Bundesbank erwartet kräftiges Wirtschaftswachstum in Deutschland
Die deutsche Wirtschaft hat sich nach Einschätzung der Bundesbank schneller als erwartet von der konjunkturellen Schwäche Mitte des vergangenen Jahres erholt und ist wieder auf Wachstumskurs. "Die Binnenwirtschaft profitiert dabei von der guten Arbeitsmarktlage und den kräftigen Einkommenszuwächsen"
, kommentierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann die aktuelle halbjährliche Prognose seines Hauses. "Auch wenn das Auslandsgeschäft gegenwärtig durch dämpfende Effekte aus der Weltwirtschaft beeinträchtigt wird, stehen dem eine stimulierende Euro-Abwertung und die sich festigende wirtschaftliche Erholung des Euro-Raums gegenüber"
, erklärte Weidmann. Zudem dürfte die Weltwirtschaft wieder an Schwung gewinnen. Nach Einschätzung der Bundesbank sollte es deutschen Unternehmen angesichts ihrer guten Marktposition gelingen, die sich ergebenden Möglichkeiten ertragreich zu nutzen.
Prognose angehoben
Für das laufende und das kommende Jahr haben die Bundesbank-Experten ihre Wachstumsprognose im Vergleich zur Dezember-Schätzung deutlich angehoben. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird demnach 2015 um 1,7 % zunehmen (kalenderbereinigt um 1,5 %). "Insgesamt ist für den weiteren Verlauf des Jahres 2015 mit einem kräftigen Wirtschaftswachstum zu rechnen"
, heißt es in der Bundesbank-Prognose. Das zweite Quartal könnte dabei sogar einen gewissen Ausgleich für das vergleichsweise schwache erste Quartal bringen.
Für 2016 rechnen die Bundesbank-Volkswirte mit einem BIP-Anstieg um 1,8 % (kalenderbereinigt 1,7 %). Erstmals äußern sie sich auch zu den Aussichten im Jahr 2017. Hier wird ein Anstieg des realen BIP um 1,5 % (kalenderbereinigt 1,7 %) erwartet.
Angesichts der prognostizierten positiven Wirtschaftsentwicklung sagt die Bundesbank eine überdurchschnittliche Auslastung der deutschen Wirtschaft voraus. "Damit geht einher, dass Reserven am Arbeitsmarkt mobilisiert werden und die Löhne mittelfristig stärker steigen"
, heißt es in der Prognose.
Stärkere Teuerung erwartet
Bei den Verbraucherpreisen rechnet die Bundesbank bis Ende 2017 mit einem verstärkten Anstieg. Gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) erwarten die Bundesbank-Ökonomen für 2015 eine Preissteigerungsrate von 0,5 %. Für 2016 sagen sie einen Anstieg um 1,8 % voraus. 2017 wird sich der HVPI der Prognose zufolge um 2,2 % erhöhen. "Wesentlich für die gedämpften Inflationsaussichten ist vor allem der kräftige Rückgang der Rohölnotierungen"
, sagte Bundesbankpräsident Weidmann. Für den Prognosezeitraum wird unterstellt, dass die Rohölnotierungen nur leicht anziehen.
Im Euro-Raum insgesamt wird die Teuerungsrate in diesem Jahr bei 0,3 % liegen, wie EZB-Präsident Mario Draghi am Mittwoch mit Verweis auf entsprechende Eurosystem-Projektionen sagte. 2016 soll die Verbraucherpreisinflation im Euro-Raum dann auf 1,5 % steigen, 2017 auf 1,8 %.
Konjunkturerholung im Euro-Raum
Ein wichtiger Bestandteil der jüngsten Wachstumsprognose der Bundesbank für Deutschland ist die Festigung der konjunkturellen Erholung im Euro-Raum. Draghi zufolge rechnen die Experten des Eurosystems für den Euro-Raum mit einem Anstieg des BIP in diesem Jahr um 1,5 % und für das kommende um 1,9 %. 2017 soll der Zuwachs bei 2,0 % liegen. Diese Konjunkturerholung sollte zu einer erheblichen Ausweitung des innereuropäischen Handels führen. Die Absatzmärkte deutscher Unternehmen dürften demnach im Euro-Raum sogar etwas stärker expandieren als in der übrigen Welt, wie die Bundesbank-Volkswirte weiter ausführen.
Mögliche Rückschlagsgefahren
Weidmann warnte in Bezug auf die wirtschaftliche Erholung im Euro-Raum, dass Rückschlagsgefahren noch nicht gebannt seien. "Aus binnenwirtschaftlicher Sicht stellen darüber hinaus zunehmende Verknappungen am Arbeitsmarkt ein angebotsbedingtes Risiko für das Wirtschaftswachstum dar, und sie können sich auch in einem verstärkten Preisauftrieb äußern"
, erklärte der Bundesbankpräsident.
Risiken für die Wirtschaftsentwicklung sehen die Ökonomen der Bundesbank darüber hinaus in der Verwundbarkeit einiger aufstrebender Volkswirtschaften. Auch stellten anhaltende geopolitische Spannungen einen Risikofaktor dar. Sollte der Euro verstärkt aufwerten, ergäben sich ebenfalls konjunkturelle Abwärtsrisiken, so die Bundesbank-Experten.
Weiterführende Informationen
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Europäische Zentralbank
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