BIZ-Jahresbericht: Wirtschaftspolitik neu ausrichten

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sieht die Weltwirtschaft in einer schwierigen Situation: Weltweit sehr niedrige Zinsen für eine außerordentliche lange Zeit seien das "offensichtlichste Symptom einer größeren Malaise", heißt es im jüngsten, 85. Jahresbericht der Institution. "Überdies sind die negativen Renditen an einigen Märkten für Staatsanleihen schlicht beispiellos und dehnen die Grenzen des Undenkbaren", sagte Claudio Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung der BIZ bei der Vorstellung des Berichts.

Jaime Caruana (BIZ) ©Nelson Ching / Getty Images
Jaime Caruana, Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
Das globale Wirtschaftswachstum sei unausgewogen, die Schuldenstände und die finanziellen Risiken immer noch zu hoch. Gleichzeitig sei das Produktivitätswachstum zu niedrig und der wirtschaftspolitische Handlungsspielraum zu klein, heißt es im Bericht. Aus der Sicht der BIZ-Ökonomen liegt die Ballung dieser Probleme zu einem erheblichen Teil an dem Unvermögen, die finanziellen Auf- und Abschwünge in den Griff zu bekommen, die das Wirtschaftsgefüge nachhaltig schädigen. Dies berge die Gefahr, dass die Wirtschaft auf Dauer instabil und chronisch schwach bleibe. "Sieben Jahre nach der weltweiten Finanzkrise bleibt der Maßnahmen-Mix sehr unausgewogen. Es wird weiterhin zu sehr auf monetäre Impulse abgestellt, während die Fortschritte bei strukturellen Reformen nach wie vor unzureichend sind", sagte Jaime Caruana, Generaldirektor der BIZ, bei der Vorstellung des Berichts in Basel.

Dreifache Neuausrichtung

Die Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder sei allzu sehr auf die kurzfristige Stabilisierung der Produktion und der Inflation fokussiert gewesen und habe dabei die langsamer verlaufenden, aber kostspieligeren Finanzzyklen aus den Augen verloren. Das internationale Währungs- und Finanzsystem habe zudem die lockeren geldpolitischen und finanziellen Rahmenbedingungen in den wichtigsten Volkswirtschaften – über  die Wechselkurse und den Kapitalverkehr – auch auf andere Länder übertragen und dort den Aufbau finanzieller Schwachstellen gefördert. "Es besteht somit das Risiko, dass der kurzfristig erzielte Erfolg teuer erkauft ist", heißt es im Jahresbericht der BIZ.

Um diese Mängel zu beseitigen, sei eine dreifache Neuausrichtung der nationalen und internationalen wirtschaftspolitischen Handlungsrahmen nötig: So schlagen die Ökonomen der BIZ vor, sich von der "illusorischen Feinsteuerung" der Gesamtwirtschaft auf kurze Sicht zu verabschieden und stattdessen mittelfristige Strategien zu verfolgen. Außerdem sollte sich die Wirtschaftspolitik weniger stark auf die kurzfristige Produktion und Inflation fokussieren und stattdessen die langsamer verlaufenden Finanzzyklen systematischer als bisher berücksichtigen. Schließlich müssten die Nationalstaaten einsehen, dass es heute nicht mehr genüge, das eigene Haus in Ordnung zu halten. Eine Neuausrichtung müsse sich der kostspieligen Wechselwirkungen rein nationaler ausgerichteter Maßnahmen bewusst sein.

Niedriger Ölpreis schafft Spielräume

Im Zuge dieser Neuausrichtung plädiert die BIZ dafür, weniger auf Nachfrage orientierte Politik und mehr auf Strukturpolitik abzustellen und damit vom schuldenfinanzierten Wachstumsmodell wegzukommen, das als "politischer und gesellschaftlicher Ersatz für produktivitätssteigernde Reformen" gedient habe. Der derzeit niedrige Ölpreis schaffe einen finanziellen Spielraum, der aus Sicht der BIZ unbedingt genutzt werden sollte. Der Geldpolitik sei viel zu lange zu viel aufgebürdet worden, moniert die Institution. "Sie muss Teil der Antwort sein, sie kann aber nicht die ganze Antwort sein", schreiben die Ökonomen der BIZ.

Auch die Geldpolitik selbst muss sich nach Auffassung der BIZ verändern: Dass die "außerordentlich lockeren" Rahmenbedingungen seit der Krise andauern, würden Zweifel an der Angemessenheit der gegenwärtigen geldpolitischen Handlungsrahmen wecken. Dies lege den Schluss nahe, dass die eigentliche Herausforderung in der Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Preisstabilität und Finanzstabilität liege. "Unsere Schlussfolgerung ist, dass eine geldpolitische Normalisierung zu begrüßen wäre", erklärte BIZ-Generaldirektor Jaime Caruana. Es sei besonders wichtig, Finanzstabilitätsüberlegungen viel systematischer in den geldpolitischen Handlungsrahmen einzubeziehen, heißt es im Jahresbericht.