Binnenwirtschaft sorgt für solides Wirtschaftswachstum
Die Bundesbank hat in ihrem jüngsten Monatsbericht einen Überblick über die Wirtschaftslage in Deutschland um die Jahreswende 2015 / 2016 gegeben. Schub für das Wirtschaftswachstum ging demnach im Herbst von der lebhaften Binnennachfrage aus, während die Auslandsnachfrage spürbar dämpfte. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal real um 0,3 % gegenüber dem Vorquartal. Im Gesamtjahr 2015 lag der Anstieg damit bei 1,7 %.
Konsumentwicklung dominiert
Treibende Kraft der Binnennachfrage war laut dem Bundesbank-Bericht die lebhafte Konsumkonjunktur. Sie fußte vor allem auf kräftigen Zuwächsen bei der Beschäftigung und deutlichen Entgeltsteigerungen. Hinzu seien auch Impulse durch Transferzahlungen und andere staatliche Aufwendungen in Verbindung mit der Flüchtlingszuwanderung gekommen. Zusätzlichen Schub gaben die kräftig steigenden Wohnungsbauinvestitionen. Die Bereitschaft der Unternehmen, in Ausrüstungen und Bauten zu investieren, nahm jedoch nur wenig zu.
Die deutsche Wirtschaft bekam nach Aussage der Bundesbank-Ökonomen zum Jahresende zu spüren, dass nicht nur Nachfrageimpulse aus China und rohstofffördernden Schwellenländern, sondern auch aus einigen Industrieländern außerhalb der Europäischen Währungsunion fehlten. Die Nachfrage aus dem Euro-Raum und der weiterhin günstige Euro-Wechselkurs habe das nicht kompensieren können.
Weltwirtschaft verliert leicht an Tempo
Im Monatsbericht beleuchtet die Bundesbank auch die jüngste globale Konjunkturentwicklung. Danach konnte die Weltwirtschaft im Schlussquartal 2015 nicht ganz an das Expansionstempo des Sommerhalbjahres anknüpfen. Hinter der jüngsten Verlangsamung stehe jedoch keine breit angelegte konjunkturelle Eintrübung. Maßgeblich sei vielmehr ein merklich abgeschwächtes Wachstum in den Vereinigten Staaten gewesen. Im Monatsbericht weisen die Autoren darauf hin, dass die vierteljährlichen Zahlen zum US-Wirtschaftswachstum vergleichsweise hohen Schwankungen unterlägen. Angespannt sei dagegen die wirtschaftliche Lage der großen Rohstoffe exportierenden Volkswirtschaften geblieben. Der fortgesetzte Preisverfall bei vielen Rohstoffen dürfte dort die Konjunktur zusätzlich belasten.
Inflationsprognose gesenkt
In Deutschland hat sich der anhaltende Ölpreisverfall laut dem Monatsbericht im Herbst in niedrigeren Energiepreisen für Verbraucher niedergeschlagen. Andere Güter, darunter beispielsweise Lebensmittel, wurden dagegen teurer. Unter dem Strich führte dies im Herbst zu gleichbleibenden Verbraucherpreisen. "Bei dem zurzeit unterstellten Verlauf der Rohölpreise dürften die Vorjahresraten bei den Verbraucherpreisen in einigen kommenden Monaten allerdings negativ ausfallen"
, schreiben die Bundesbank-Ökonomen.
Ausgehend vom starken Ölpreisrückgang aktualisieren die Bundesbank-Ökonomen im jüngsten Monatsbericht ihre Projektion für die Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland. Danach ergibt sich für das Jahr 2016 nach Bundesbank-Einschätzung eine durchschnittliche Teuerungsrate des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von etwa ¼ %. In der Dezember-Prognose waren die Ökonomen noch von einem Anstieg des HVPI von 1,1 % ausgegangen. "Dies liegt vor allem an dem gegenüber der Dezember-Projektion deutlich stärker negativen Einfluss der Energiekomponente, der sogar noch dämpfender als in den Jahren 2015 und 2009 wirken dürfte"
, heißt es im Monatsbericht. Für das kommende Jahr rechnet die Bundesbank nun mit einem Anstieg des HVPI von 1 ¾ %, gegenüber der Dezember-Projektion eine um ¼ % niedrigere Zuwachsrate.
Stärkere Dynamik zum Jahresbeginn
Im ersten Quartal 2016 könnte die deutsche Wirtschaft nach Erkenntnissen der Bundesbank wieder etwas kräftiger als zum Ende des Vorjahres expandieren. "Vermehrter Schwung dürfte von der Konsumkonjunktur kommen, die weiterhin von der guten Arbeitsmarktlage profitiert"
, heißt es im Bericht. Darüber hinaus erwarten die Ökonomen erhebliche Kaufkraftgewinne der privaten Haushalte aufgrund des neuerlichen Rohölpreisverfalls um die Jahreswende. Wesentliche Voraussetzung für ein stärkeres Wirtschaftswachstum ist laut Bundesbank die Überwindung der Schwächephase bei der Auslandsnachfrage, was dem Bericht zufolge der Industriekonjunktur Auftrieb verleihen würde.
Staatsfinanzen 2015 weiter günstig
Die Lage der deutschen Staatsfinanzen im Jahr 2015 beurteilt die Bundesbank als günstig. Der strukturelle Haushaltsüberschuss sei jedoch leicht zurückgegangen. Während die Zinsaufwendungen weiter gesunken sind, haben insbesondere die Sozialleistungen deutlich zugelegt, heißt es im Monatsbericht. Dies betraf etwa die Bereiche Alterssicherung, Gesundheit und Pflege, aber auch die Flüchtlingszuwanderung führte zu einem Anstieg der Sozialleistungen. Im laufenden Jahr erwarten die Ökonomen daher eine Verschlechterung auf einen in etwa ausgeglichenen Staatshaushalt.
Die hohe Zuwanderung von Asylsuchenden stelle Deutschland in vielerlei Hinsicht vor schwierige Aufgaben, schreiben die Bundesbank-Ökonomen. Mit Blick auf die öffentlichen Finanzen bestehe aufgrund der guten Ausgangslage aber zunächst ausreichend Spielraum. So dürften die Defizitgrenzen im laufenden Jahr weiter eingehalten werden, wenn auch, infolge der Mehrausgaben für Asylsuchende und des insgesamt eher lockeren Haushaltskurses, mit geringerem Abstand. Die längerfristigen Haushaltswirkungen durch die Zuwanderung seien immer noch schwer abzusehen. Für die Finanzpolitik empfehlen die Ökonomen, die Sicherheitspuffer in den kommenden Haushalten wieder sukzessive aufzubauen. "Solide Staatsfinanzen und die Bewältigung wichtiger Reformaufgaben sind dabei kein Widerspruch"
, so die Bundesbank. Auch vor dem Hintergrund der ungünstigen demografischen Perspektiven Deutschlands erscheine es ratsam, die Schuldenquote zügig unter die Grenze von 60 % des BIP zurückzuführen.