"Solide öffentliche Finanzen schützen die Geldpolitik"
Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat eine solide Haushaltspolitik der Euro-Länder angemahnt. Je geringer der fiskalische Spielraum sei, desto größer werde der politische Druck auf die Notenbanken, die Konjunktur kurzfristig zu stabilisieren – auch dann, wenn dies zulasten der Preisstabilität gehe, sagte Weidmann bei einem Senatsempfang, der anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Bundesbank im Hamburger Rathaus stattfand.
Aktuell stelle der schwache Inflationsdruck eine große Herausforderung für den Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dar, so Weidmann weiter. Zwar habe der Aufschwung mittlerweile an Dynamik und Breite gewonnen. Allerdings zeigten die jüngsten Prognosen, dass die Inflation nur schleppend steigen werde. Die Unsicherheit über den zukünftigen Inflationspfad sei "recht groß"
. "Deshalb hat der
EZB-Rat entschieden, zunächst abzuwarten, um die geldpolitische Lage in Ruhe bewerten zu können"
, erklärte der Bundesbankpräsident.
Anleihekäufe sind Notfallinstrument
Um die Inflation wieder der angestrebten Rate von unter aber nahe zwei Prozent anzunähern, hat die EZB die Zinsen in den vergangenen Jahren nach und nach auf null Prozent gesenkt und zusätzlich damit begonnen, in umfangreichem Maß Staats- und Unternehmensanleihen zu kaufen.
Weidmann wies aber auch darauf hin, dass die Staatsanleihekäufe die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik zu verwischen drohen und aus seiner Sicht ein reines Notfallinstrument darstellen, mit dem Ziel eine gefährliche deflationäre Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen abzuwehren. "Diese Gefahr habe ich aber bereits zu Beginn der Anleihekäufe als gering eingeschätzt und sie ist seitdem fast gänzlich verschwunden"
, sagte Weidmann. Immerhin habe die Bundesbank erreicht, dass sie aktuell nur deutsche Papiere kaufe und nicht Anleihen bonitätsschwacher Euro-Länder. "Anders als damals findet heute also weitgehend keine Vergemeinschaftung von Solvenzrisiken der Euroländer über die Notenbankbilanzen des Eurosystems statt."
Kompass bleibt auf Stabilität ausgerichtet
Bundesbankpräsident Jens Weidmann ließ in seiner Rede auch die Geschichte der Bundesbank Revue passieren. Er nannte drei Faktoren, die den Erfolg der Bundesbank in den vergangenen 60 Jahren begründet hätten. Dazu gehöre das eng auf Preisstabilität ausgerichtete Mandat der Notenbank und die Unabhängigkeit von der Einflussnahme der Politik. Die Geldpolitik müsse das Preisstabilitätsziel notfalls auch gegen den Widerstand der Politik durchsetzen können, so Weidmann. Weitere Faktoren seien die strikte Trennung von Geld- und Fiskalpolitik und das Stabilitätsbewusstsein der Bevölkerung.
Gestützt auf diese Säulen sei es der Bundesbank über Jahrzehnte hinweg gelungen, die D-Mark stabil zu halten. Zwar hätten sich die Rahmenbedingungen für die Notenbank immer wieder verändert. Ihre geldpolitische Grundausrichtung sei aber die gleiche geblieben: "Unser Kompass ist und bleibt auf Stabilität ausgerichtet"
.
Vertrauen als unverzichtbares Kapital
Bei dem Empfang sprach auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Er würdigte die Bundesbank als eine der zentralen Institutionen der Bundesrepublik und eine der wichtigsten Notenbanken der Welt. "Die Bundesbank liefert Vertrauen. Vertrauen in Banken ist ein unverzichtbares Kapital"
, sagte Scholz.
Das große Vertrauen der Bundesbürger in die Bundesbank hob auch Arno Bäcker hervor, Präsident der Hauptverwaltung der Bundesbank in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Um dieses Vertrauen in der Öffentlichkeit zu verankern, spiele die Hauptverwaltung eine wichtige Rolle, sagte Bäcker. "Denn durch unsere Informationsveranstaltungen und verstärkte ökonomische Bildung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wird das Band zwischen Öffentlichkeit und Bundesbank weiter gestärkt."