"Preisblasen werden wahrscheinlicher"
Auf dem deutschen Immobilienmarkt gibt es nach Einschätzung von Bundesbankvorstand Andreas Dombret derzeit kein erhöhtes Risiko für eine Preisblase. Insgesamt sei die Preisentwicklung für Immobilien in Deutschland moderat, auch wenn es regional seit 2010 recht stark steigende Preise gegeben habe, die bis 2013 auch in einigen Regionen zu Überbewertungen von bis zu 20 Prozent geführt hätten, sagte er bei der Jahresversammlung von "Haus & Grund Deutschland" in Berlin. Der Preisanstieg spiegele vielmehr "zumindest zum Teil einen Aufholungsprozess nach einer jahrelangen, schwachen Entwicklung wider."
Dombret machte deutlich, dass sich das Risiko einer Immobilienblase durch die geldpolitische Lockerung der Europäischen Zentralbank nun aber erhöht habe.
Die Gefahr einer Blasenbildung war laut Bundesbankvorstand Dombret bislang so gering, da neben den Preisen auch die Kreditvergabe nicht übermäßig gestiegen ist. Zwar sei die Nachfrage größer geworden, da es angesichts hoher Liquidität und niedriger Zinsen einfacher geworden sei, Immobilienkäufe zu finanzieren. Auch die niedrigere Rendite für alternative Anlagen habe das Interesse nach diesen vermeintlich sichereren Anlagen gesteigert. "Entsprechend hat das Volumen der Immobilienkredite an private Haushalte seit 2010 stetig zugenommen – allerdings zunächst im moderaten Tempo", sagte Dombret
. Im November 2014 habe das Wachstum zum Vorjahr bei knapp 2 ½ Prozent gelegen. Insgesamt hat die Verwundbarkeit der Banken hinsichtlich des Volumens der ausgegebenen Hypotheken-Kredite nach Ansicht des Bundesbankvorstandes nur leicht zugenommen.
Strukturelle Anfälligkeit von deutschen Banken
Ebenfalls seien die Standards, nach denen die Kredite vergeben werden – ein weiteres Kriterium um die Gefahr einer Blase identifizieren zu können – unverändert hoch. Dies habe auch eine Umfrage der Bankenaufsicht unter 116 ausgewählten Banken in Städten gezeigt. Für die Kunden hätten sich durch die weiter gefallenen Zinsen zwar zum Teil günstigere Konditionen ergeben, die von den Banken eingepreisten Risikoprämien blieben hingegen stabil. Die Zeichen stünden daher keineswegs auf Sturm, sagte Dombret. Im Gegenteil: "Im Ergebnis blieben die Vergabestandards für private Wohnungsbaukredite in Deutschland unverändert, während sie im Rest Europas gelockert wurden.
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Allerdings zeige die Umfrage, dass es einen recht großen Anteil sogenannter "Hochausläufer" im Segment attraktiver Städte gebe. Hierbei ist der Kredit größer als der Beleihungswert, also der Wert, den die Bank für die als Sicherheit dienende Immobilie ermittelt. Nach Einschätzung Dombrets seien diese Kredite nicht per se besorgniserregend – hohe verfügbare Vermögen oder Einkünfte der Kreditnehmer könnten das Risiko mindern. "Der hohe Anteil an solchen Krediten lässt aber gleichwohl auf eine strukturelle Anfälligkeit im deutschen Bankensystem gegenüber Immobilienkrisen schließen"
, sagte er und kündigte an, dass die Bankenaufsicht hier künftig genauer hinschauen werde.
Gefährlichere Welt
Auch wenn es derzeit insgesamt kaum Hinweise auf eine destabilisierende Entwicklung im Immobiliensektor gebe, müsse allen bewusst sein, dass die jüngste Entscheidung der EZB weitreichende Folgen für die Kapitalmärkte haben werde, warnte Dombret. Angesichts weiter steigender Liquidität und sinkender Zinsen steige das Risiko von Vermögenspreisblasen, nicht zuletzt am Immobilienmarkt. "Aus diesem Blickwinkel ist die Welt für Immobilieninvestoren also etwas gefährlicher geworden"
, sagte Dombret. Die Lage am Wohnimmobilienmarkt hänge an dem derzeit relativ günstigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Sollten sich die Bedingungen verschlechtern und daraufhin die Ausfallquoten von diesen Immobilienkrediten steigen, wären die Verluste von deutschen Banken erheblich. Auch das Währungsrisiko berge Risiken: Die Freigabe des Wechselkurses für den Schweizer Franken beispielsweise und der darauf folgende Kursanstieg habe einige Kreditnehmer in Schwierigkeiten gebracht, die Immobilienkredite in Schweizer Franken aufgenommen haben. Allerdings schätzt der Bundesbankvorstand die Gefahr für deutsche Banken im Hinblick auf den Ausfall von Schweizer Franken-Kredite als gering ein: dem Gesamtvolumen an Immobilienkrediten in Höhe von 1 000 Milliarden Euro stünden in Deutschland nur etwa 2 Milliarden Euro Immobilienkredite in Schweizer Franken gegenüber.
Spielverderber Notenbanken
Falls es doch zu einer Blase am deutschen Immobilienmarkt kommen sollte, müsse die Finanzaufsicht vorbereitet sein, unterstrich Dombret in seiner Rede. Es sei wichtig, über Instrumente zu verfügen, um die Risiken unter Kontrolle zu halten. Am Ende seien es die Notenbanken, "die die Rolle des Spielverderbers einnehmen und auf dem Höhepunkt der Party die Punsch-Bowle abräumen".
Der Einsatz neuer Instrumente werde derzeit geprüft. Der Ausschuss für Finanzstabilität, an dem die Bundesbank, das Bundesfinanzministerium und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beteiligt sind, werde in den nächsten Monaten der Bundesregierung empfehlen, die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz der Instrumente zu schaffen. Grundsätzlich sei aber wichtig, dass sich Kreditnehmer und Kreditgeber bewusst seien, dass Zinsen irgendwann wieder steigen können und sich dadurch nicht nur die finanziellen Belastungen aus Immobilienkrediten erhöhen: "Allgemein sollten Kreditverträge nur abgeschlossen werden, wenn die Kreditnehmer sie auch bei höheren Zinsen bedienen können", sagte Dombret.