„Eurosystem sollte digitales Zentralbankgeld vorantreiben“
Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat sich für den Aufbau von europäischen Bezahllösungen ausgesprochen. Diese könnten Europa helfen, sich aus seiner strategischen Abhängigkeit im Zahlungsverkehr zu befreien. „Deshalb plädiere ich auch dafür, dass das Eurosystem den Gestaltwandel des Geldes aktiv angeht und die Untersuchung von digitalem Zentralbankgeld vorantreibt“
, sagte Nagel beim Zahlungsverkehrssymposium der Bundesbank. Digitales Zentralbankgeld und die dazugehörige Infrastruktur sind aus Sicht Nagels eine wichtige Ergänzung der bisherigen Bezahlmöglichkeiten.
Die Veranstaltung wird von der Bundesbank organisiert und bietet Entscheidungsträgern des Kreditgewerbes sowie Vertreterinnen und Vertretern von Notenbanken und Marktinfrastrukturen die Möglichkeit zum Austausch untereinander.
Entscheidung über Einführung eines digitalen Euro noch nicht getroffen
Als einen Vorteil von digitalem Zentralbankgeld nannte Nagel, dass es sich um Zentralbankgeld handelte, das besonders ausfallsicher wäre und hohes Vertrauen genieße. Zum anderen wäre es allen Bevölkerungsgruppen zugänglich, könnte für digitale Zahlungen verwendet werden und möglicherweise auch neue Nutzungsformen ermöglichen. Auch die Sicherheit der Daten sei bei einer Zahlung mit einem digitalen Euro sichergestellt, so der Bundesbankpräsident.
Das Eurosystem hat im Oktober 2020 einen Bericht über die mögliche Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld für den Euroraum veröffentlicht und anschließend eine öffentliche Konsultation zum digitalen Euro eingeleitet. Mitte Juli 2021 hat der EZB-Rat entschieden, ab Oktober 2021 eine zweijährige Untersuchungsphase zum digitalen Euro zu starten. Erst nach Abschluss der Untersuchungsphase wird entschieden, ob der digitale Euro tatsächlich eingeführt wird. In diesem Fall würde sich eine etwa dreijährige Phase der Markteinführung anschließen.
Balz: Wir können den Zahlungsmarkt in Europa von Grund auf verändern
Bundesbankvorstand Burkhard Balz skizzierte bei der Veranstaltung eine Zukunftsvorstellung des europäischen Zahlungsmarkts. Ein Aspekt davon seien „Instant Payments“, also Echtzeitzahlungen. Bisher würden erst knapp 13 Prozent der Euro-Überweisungen in Echtzeit ausgeführt, so Balz. Künftig müssten Echtzeitüberweisungen schneller abgewickelt und ohne weitere Dienstleister ausgelöst werden können. Als zweiten Aspekt nannte Balz Bezahlprozesse, die vereinfacht werden müssten. In Europa gebe es eine Vielzahl von Zahlungsanwendungen, von denen einige nur national oder nur im stationären Handel verfügbar seien. Eine möglichst einfache, europaweite Lösung könne helfen, die Fragmentierung im europäischen Zahlungsmarkt einzudämmen und die beteiligen europäischen Anbieter im Wettbewerb mit BigTechs zu stärken, sagte das Bundesbank-Vorstandsmitglied. „Die meisten Bausteine und Standards sind vorhanden. […] Jetzt kommt es auf die beteiligten Marktteilnehmer an, diese Vorstellung Wirklichkeit werden zu lassen.“
Der dritte Aspekt für den Zahlungsmarkt der Zukunft ist aus Sicht von Balz die Einführung von digitalem Zentralbankgeld, das von allen wie Bargeld genutzt werden könne. „Digitales Bezahlen kann so reibungsloser und automatisierter in Wirtschaftsprozesse und den Alltag integriert werden, als dies heute möglich ist“,
so Balz. Viele Einsatzgebiete kenne man heute noch gar nicht. „So werden wir in Zukunft viele Ladestationen für die Elektromobilität benötigen und bei jedem Ladevorgang an einer der Stationen könnte direkt automatisiert ein Bezahlvorgang ausgelöst werden. Dies könnte zum Beispiel mit dem digitalen Euro erfolgen.“
EZB will mit digitalem Euro die Stabilität des Währungssystems sichern
Bei der Konferenz sprach auch EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta. Die jüngsten Börsenturbulenzen bei Kryptowährungen hätten gezeigt, dass die Zentralbank stets für ein stabiles Geld- und Zahlungssystem eintreten müsse, so Panetta. Beim digitalen Euro gehe es deshalb darum, die Stabilität für das Währungs- und Zahlungssystem zu sichern. „Wir möchten sicherstellen, dass Zentralbankgeld für die Allgemeinheit verfügbar bleibt und überall im Euroraum für alltägliche Transaktionen verwendet werden kann - nicht nur in seiner physischen Form, sondern auch als digitale Währung.
Agenda der Veranstaltung
Eröffnung Gestalt des Geldes – gestern, heute und morgen (Videobotschaft) 09:00 bis 09:20 Uhr | |
![]() © Nils Thies
Präsident der Deutschen Bundesbank, Mitglied des EZB-Rats Lebenslauf Redetext Video |
Begrüßung 09:20 bis 09:30 Uhr | |
![]() © Isabelle Körner
Moderatorin |
Wholesale Central Bank Digital Currencies: Present and Future 09:30 bis 09:50 Uhr | |
![]() © Sânziana Perju
Mitglied des Direktoriums, Europäische Zentralbank Video |
Thema 1: Digitalisierung des Zahlungsverkehrs
Innovationen der deutschen Kreditwirtschaft 09:50 bis 10:10 Uhr | |
![]() © BdB
Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers, Geschäftsbereich Politik und Innovation, Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB) Video |
Podiumsdiskussion: Europäische Antworten auf globale Herausforderungen – Strategien und Lösungsansätze 10:10 bis 11:00 Uhr Video | |
Moderation: Isabelle Körner | |
![]() © André Bajorat
Global Head of Digital Strategy, Products and Solutions, DWS Group | |
![]() © finAPI GmbH
Geschäftsführer, finAPI GmbH | |
![]() © Siemens
Leiter Cash Management und Payments, Siemens AG | |
![]() © Lea Siering
CRO, finleap connect GmbH | |
![]() © Felix Zahn, BMF Photothek
Abteilungsleiterin Finanzmarktpolitik, Bundesministerium der Finanzen (BMF) |
Die digitale Zukunft des europäischen Zahlungsverkehrs 12:10 bis 12:30 Uhr | |
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Thema 2: Die Finanzmarktinfrastruktur - heute und morgen
Decentralised Finance – Hype oder next Big Thing? 14:00 bis 14:20 Uhr | |
![]() © Fabian Schär
Credit Suisse Asset Management Schweiz-Professorship for Distributed Ledger Technology/Fintech Video |
Ausblick: Wie geht es weiter im europäischen ZV? 16:30 Uhr | |
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