"Cyberrisiken haben enorm zugenommen" Bundesbank Symposium 2015
Die deutschen Banken brauchen eine digitale Agenda, forderte Bundesbankvorstandsmitglied Andreas Dombret. "Sie alle müssen daran arbeiten, dass Deutschlands Bankensektor auf der digitalen Weltkarte kein weißer Fleck bleibt"
, sagte er vor knapp 700 Vertretern der deutschen Bankenaufsicht und der Kreditwirtschaft auf dem 19. Bankensymposium der Bundesbank in Frankfurt am Main.
Digital denken
Digitales Bankgeschäft sei längst viel mehr als Onlinebanking. Digitales Bankgeschäft umfasse heute innovative Angebote wie Videoberatung, digitale Kreditvermittlung oder die Einbettung von sozialen Medien in Bankgeschäfte, sagte Dombret. Die Digitalisierung habe eine enorme Dynamik gewonnen, auf die sich alle Banken einstellen müssten, stellte Dombret fest und folgerte: "Aussitzen ausgeschlossen"
. Das Ende der Entwicklung sei längst nicht abzusehen. Er forderte die Banken auf, noch mehr aus der Perspektive der Kunden zu denken und sich an die neuen Wünsche und Erfordernisse auch mit flexiblen IT-Strukturen anzupassen. "Wer nicht digital denkt, wird es schwer haben im Wettbewerb um den digitalen Kunden"
, warnte er.
Wettbewerber im digitalen Bankgeschäft seien längst nicht mehr nur andere Banken: Neben Finanztechnologie-Unternehmen, sogenannten FinTechs, seien auch andere IT-geprägte Branchen nur einen Schritt vom Bankgeschäft entfernt, sagte Dombret. Bereits heute würden im Internet etablierte Unternehmen Bankleistungen anbieten. Sie bewegten sich bislang auf einem weitgehend unregulierten Spielfeld, doch die Bankenaufsicht werde künftig auch sie in den Blick nehmen.
FinTech-Unternehmen würden diese Entscheidung begrüßen, wie Raffael Johnen, der als Vertreter des FinTechs-Unternehmens auxmoney an der Konferenz teilnahm, deutlich machte. So würde die Glaubwürdigkeit der FinTechs gestärkt, wenn sie künftig reguliert und beaufsichtigt würden. Außerdem könnten so schwarze Schafe identifiziert werden – davon würde der gesamte Markt profitieren, so Johnen.
International agierende Cybergangs
Bundesbankvorstandsmitglied Dombret forderte alle Anbieter digitaler Bankgeschäfte dazu auf, die IT-Sicherheit insgesamt deutlich zu erhöhen. So habe mit der wachsenden Digitalisierung auch die Cyber-Risiken erheblich zugenommen, da die Zahl der schützenswerten Güter gewachsen sei. "Neben Geldvermögen sind auch persönliche Daten und damit der Zugang zu Dienstleistungen im Cyberspace gespeichert"
, sagte Dombret. Immer öfter habe es in der jüngsten Vergangenheit Cyberdiebstähle und Angriffe auf IT-Systeme der Banken gegeben, warnte auch Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungaufsicht (BaFin) in seiner Rede auf dem Symposium. Der Finanzsektor stehe im Fokus von international agierenden Cybergangs, da hier das schnelle Geld winke.
Aufsicht prüft künftig IT-Sicherheit
Aus diesen Entwicklungen lerne auch die Aufsicht: So wurde bei der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA eine Task-Force zu IT-Risiken gegründet, die neue Anforderungen an die IT-Organisation der Banken in Europa aufstellen werde und damit die Basis für eine einheitliche IT-Aufsicht lege, erklärte Hufeld. Bundesbank und BaFin würden ihre Expertise zu neuen IT-Prüfungen bei der EBA und der europäischen Bankenaufsicht der EZB einbringen. Hufeld kündigte an, dass künftig auch Vor-Ort-Prüfungen zur IT-Sicherheit denkbar wären.
Aktuelle Aufsichts- und Regulierungsansätze
Ein weiteres Schwerpunktthema der Konferenz waren die aktuellen Entwicklungen der Bankenaufsicht auf internationaler und europäischer Ebene. Joanne Kellermann, Mitglied des einheitlichen Abwicklungsregimes, zeigte auf, wie weit die Einrichtung des einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism) vorangeschritten ist. Dieser ist ab 2016 für die Abwicklung insolventer Banken, die unter Aufsicht der EZB stehen, verantwortlich und ein wichtiger Meilenstein bei der Vollendung der europäischen Bankenunion. Erich Loeper und Christian Denk von der Deutschen Bundesbank gaben einen Überblick über den aktuellen Stand der Regulierung durch den Baseler Ausschuss und der EBA. Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft machten deutlich, wie sie mit den gestiegenen Anforderungen durch europäische Vorgaben umgehen.