Skyline von Frankfurt am Main aus einem Fenster heraus fotografiert ©Nils Thies

Strengere Richtlinien bei der Kreditvergabe an Unternehmen

Deutsche Banken folgten bei der Vergabe von Krediten zu Jahresbeginn 2023 strengeren Richtlinien. Dies ist das Ergebnis der Bundesbank-Umfrage zur Kreditvergabe, des sogenannten Bank Lending Surveys. Der Hauptgrund dafür sei nach Angabe der Banken das weiterhin hohe Kreditrisiko in allen Segmenten, sagte Bundesbank-Volkswirtin Nicole Binder bei einem virtuellen Pressegespräch zum 20-jährigen Jubiläum des Bank Lending Surveys. Das Kreditrisiko sei unter anderem wegen der schlechteren Wirtschaftslage, aber auch infolge der hohen Unsicherheit angesichts des Ukraine-Krieges und der hohen Inflation angestiegen.

Zinspolitische Straffung zeigt Wirkung

Mit einer Änderung der Lage sei auch in den kommenden Monaten nicht zu rechnen. Die Kreditvergabe dürfte nochmals restriktiver werden, zumal weitere Zinserhöhungen vom EZB-Rat zu erwarten sind.

Die zinspolitische Straffung der EZB zeigt damit die gewünschte Wirkung“, so Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich. Mit den Zinserhöhungen seit Juli 2022 hat die Europäische Zentralbank die Kreditvergabe stark reduziert. „Wir sehen, dass der geldpolitische Mechanismus funktioniert“, sagte Ulbrich. Die Auswirkungen der Zinserhöhungen seien aber im angemessen Rahmen. Zudem würden auch die gestiegenen Kreditrisiken bei der Kreditvergabe ausreichend berücksichtigt.

Starker Rückgang bei Wohnungsbaukrediten

Auch die Nachfrage nach Krediten dürfte weiter rückläufig sein. Die private Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten sei am stärksten eingebrochen. Gründe dafür seien laut Ulbrich die gestiegenen Zinsen sowie ein geringeres verfügbares Einkommen, bedingt durch die Inflation und die hohen Energiepreise. Darunter würde auch der Wohnungsbau in Deutschland leiden. Der private Wohnungsbau bleibe daher dieses Jahr der Schwachpunkt der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Wir werden in diesem Jahr kräftige Rückgänge bei den Wohnungsbau-Investitionen sehen", sagte er. 2024 werde sich angesichts des Wohnbedarfs aber die Investitionstätigkeit wieder erholen. Sie werde aber nicht die Niveaus der Jahre 2020 und 2021 erreichen. Ulbrich zufolge habe sich die Preisdynamik am Immobilienmarkt seit Mitte des vergangenen Jahres merklich beruhigt. „Daher erwarten wir auch in diesem Jahr, dass sich die Preisdynamik im Immobilienmarkt nicht in der Weise fortsetzt, wie wir das in den letzten Jahren gesehen haben", schloss Ulbrich.

Hintergrund zum Bank Lending Survey

Vor 20 Jahren hat das Eurosystem mit der vierteljährlichen Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken (Bank Lending Survey: BLS) im Euroraum begonnen. Die Umfrage erfasst drei Kreditsegmente: Unternehmenskredite, Wohnungsbaukredite an private Haushalte, sowie Konsumenten- und sonstige Kredite an private Haushalte. Die Angaben der beteiligten deutschen Institute werden von der Bundesbank erhoben, zu einem nationalen Ergebnis zusammengefasst und publiziert. Ziel ist es, Kenntnisse über die Rolle des Kreditgeschäfts im sogenannten geldpolitischen Transmissionsmechanismus zu vertiefen und dadurch zusätzliche Informationen für die geldpolitische Analyse gewinnen zu können. Der Fragebogen wird an 33 repräsentativ ausgewählte Banken verschickt und besteht aus 22 Fragen zum vergangenen und erwarteten zukünftigen Kreditvergabeverhalten der teilnehmenden Institute gegenüber dem privaten nichtfinanziellen Sektor sowie zur Nachfrageentwicklung. Es werden auch Fragen zu Themen von besonderem aktuellem Interesse hinzugefügt. Großer Vorteil des BLS gegenüber sonstigen Kreditdaten ist die frühere Verfügbarkeit der Umfragedaten. Sie dienen daher auch als Entscheidungsgrundlage der Beratungen im EZB-Rat.