Skyline Frankfurt am Main ©Olaf Dziallas

Brexit-bezogene Informationen für Finanzinstitute

Paradigmenwechsel

Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und die öffentliche Verwaltung müssen sich auf einen Paradigmenwechsel einstellen: Ende Januar 2020 hat das Vereinigte Königreich die Europäische Union (EU) verlassen. Elf Monate später, am 31. Dezember, endet die Übergangsfrist, in der das Land noch Teil des Binnenmarkts und der Zollunion war. 

Im Dezember ist es nach intensiven Verhandlungen gelungen, ein Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abzuschließen, das deren künftiges Verhältnis in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens weitreichend gestalten wird. 

Das Abkommen wird am 1. Januar 2021 zunächst vorläufig in Kraft treten. Die provisorische Anwendung, der der Europäische Rat bis zum Jahreswechsel aller Voraussicht nach zustimmen wird, soll bis maximal zum 28. Februar 2021 gelten. Bis dahin wird das Europäische Parlament über die unbefristete Anwendung des Abkommens entscheiden. 

Die Regelungen des Abkommens gelten allerdings insoweit nur eingeschränkt für Finanzdienstleistungen, als hier grundsätzlich das Aufsichtsrecht der EU beziehungsweise des Vereinigten Königreichs fortgelten wird, es sei denn, es werden anderslautende Regelungen getroffen – etwa auf Basis von Äquivalenzentscheidungen der Europäischen Kommission. 

Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive ist das Vereinigte Königreich nach Ablauf der Übergangsfrist Ende Dezember 2020 ein Drittstaat. Finanzdienstleister, die ihren Sitz in diesem Land haben, können ab Januar 2021 den Europäischen Pass nicht mehr nutzen, der ihnen bis dato den Zugang zum gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ermöglichte.

Soweit europäisches oder nationales Aufsichtsrecht nicht ausdrücklich andere Vorgaben formuliert, mussten Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich, die weiterhin und ohne Unterbrechung grenzüberschreitend im EWR Finanzdienstleistungen erbringen wollen, bis zum Ende der Übergangsphase daher eine Niederlassung in einem EWR-Staat errichten.

Erlaubnisanträge können aber weiterhin gestellt werden. In Deutschland richten sich die Voraussetzungen für die Erlaubnispflicht und das Erlaubnisverfahren nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB).

Ausstieg aus der Europäischen Union (EU)

Zum 31. Januar 2020 hat das Vereinigte Königreich die Europäische Union (EU) verlassen. Wie im Austrittsabkommen vereinbart, hat zur gleichen Zeit eine Übergangsfrist begonnen, die bis zum 31. Dezember 2020 befristet ist. Vorerst ändert sich damit für Finanzintermediäre nichts. Allerdings sollten betroffene Finanzintermediäre diesen Zeitraum nutzen, um sich angemessen auf die Zeit nach dem Ende der Übergangsphase vorzubereiten. Denn aufgrund der engen ökonomischen und rechtlichen Verflechtungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und dem Vereinigten Königreich wird der Brexit weitreichende Folgen für in Europa aktive Kreditinstitute und Finanzdienstleister haben. Dies gilt sowohl auf wirtschaftlicher wie auch auf aufsichtlicher Ebene.

Der Zugang zum Binnenmarkt ist in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Aspekt. Gegenwärtig profitieren viele Finanzintermediäre vom sogenannten "EU-Pass", der Banken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) berechtigt, ihre Kunden EWR-weit mit lediglich einer einzigen im EWR lizensierten Gesellschaft zu bedienen. Mit Ende der Übergangsphase wird die Nutzung des "EU-Passes" jedoch nach heutigem Stand im Hinblick auf das Vereinigte Königreich in beide Richtungen enden. Vor diesem Hintergrund müssen Banken ihre Standortpolitik überdenken.

Im Hinblick auf die Einrichtung neuer oder den Ausbau bereits bestehender Einheiten in Deutschland stehen Ihnen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank zur Verfügung, um einschlägige Fragestellungen bezüglich der Banken- und Finanzregulierung, des Zahlungsverkehrs und der Marktoperationen zu erörtern.

Europäische Kommission veröffentlicht Vorbereitungsmitteilung

Ende des Jahres endet der Übergangszeitraum, den die Europäische Union (EU) und das Vereinigte Königreich (GBR) für die Zeit nach dessen Austritt aus der EU am 31. Januar 2020 vereinbart hatten. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission am 9. Juli 2020 eine „Mitteilung zur Vorbereitung auf das Ende des Übergangszeitraumes“ verabschiedet (siehe Verlinkung unten) und diese sukzessive durch Veröffentlichungen zu Vorbereitungen in spezifischen Wirtschaftsbereichen ergänzt (readiness notices).

Die Veröffentlichungen sollen nationalen Behörden, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen, sich auf die Änderungen vorzubereiten, die das Ende des Übergangszeitraums mit sich bringen wird. Dieser war festgelegt worden, um zu gewährleisten, dass die EU-Regeln in dieser Zeit weiter anwendbar bleiben und die Unternehmen sich auf die neuen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem GBR vorbereiten können.

Die Mitteilung gibt einen nach Sektoren gegliederten Überblick über die wichtigsten Bereiche, in denen sich – unabhängig vom Ausgang der laufenden Verhandlungen zwischen der EU und dem UK – Änderungen ergeben. Insbesondere sind folgende Bereiche betroffen:

  • Bankgeschäft und Zahlungsdienste (Banking and payment services)
  • Ratingagenturen (Credit rating agencies)
  • Asset management
  • Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (Institutions for Occupational Retirement Provision)
  • Post-trade financial services
  • Investment/Market Trading
  • Versicherungen und Rückversicherungen

Die entsprechenden Veröffentlichungen finden Sie weiter unten unter der Überschrift „Vorbereitungen auf das Ende des Übergangszeitraumes“.

Die im März 2020 begonnenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen dauern noch an. Es ist nicht sicher, ob bis zum Ende des Übergangszeitraums ein solches Freihandelsabkommen abgeschlossen werden wird.

Über die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit künftiger grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen im Verhältnis zwischen GBR und der EU wird in vielen Bereichen in erster Linie auf der Grundlage unilateraler Anerkennungen der jeweils anderen Aufsichtsregime als „äquivalent“ zu entscheiden sein. Auch die zur Vorbereitung dieser Entscheidungen nötigen Untersuchungen dauern aktuell noch an.

Rechtliche Rahmenbedingungen