Der ursprüngliche geldpolitische Handlungsrahmen

Vor der globalen Finanzkrise ab 2007 operierte das Eurosystem mit einem geldpolitischen Handlungsrahmen, der als Korridorsystem bekannt war. Dazu legte der EZB-Rat drei Zinssätze fest, die üblicherweise den jeweils gleichen Abstand zu einander hatten. Die Sätze für die Einlagefazilität und die Spitzenrefinanzierung bildeten dabei jeweils das untere bzw. obere Ende des Korridors. Der maßgebliche Leitzins für die geldpolitischen Hauptrefinanzierungsgeschäfte bildete die Mitte des Zinskorridors. Dieses System zielte darauf ab, die kurzfristigen Geldmarksätze nah am Hauptrefinanzierungssatz zu steuern.

Über die Hauptrefinanzierungsgeschäfte – das wichtigste Instrument zur Zinssteuerung – stellte das Eurosystem den Banken im Euroraum Zentralbankliquidität zur Verfügung. Dies erfolgte im Rahmen von wöchentlichen Auktionen, den sogenannten Zinstendern, in denen Banken die Möglichkeit hatten, einen Zins zu bieten, den sie bereit waren für die gewünschte Menge an Zentralbankreserven zu zahlen. Das Gesamtvolumen der Auktion war allerdings von vornherein begrenzt, sodass nicht jedes Gebot auch (vollständig) zugeteilt wurde. Ziel des Eurosystems war es, dieses Gesamtvolumen so festzulegen, dass der marginale Zuteilungssatz (der niedrigste Satz, zu dem noch Zentralbankreserven zugeteilt wurden) in der Nähe des Hauptrefinanzierungssatzes liegt. Das angebotene Gesamtvolumen ergab sich aus der Liquiditätsschätzung, in der die Entwicklung der sogenannten autonomen Faktoren (z. B. Banknotenumlauf oder Einlagen öffentlicher Haushalte), das Mindestreservesoll und weitere Inputparameter zu einem aggregierten Liquiditätsbedarf des Bankensektors zusammengeführt wurden.

Die individuelle Liquiditätsverteilung zwischen den Banken im Euroraum ergab sich üblicherweise über unbesicherte Transaktionen am Interbankenmarkt. Banken mit einem Überschuss an Reserven verliehen diesen an Banken mit einem Defizit. Alternativ konnte etwaige überschüssige Liquidität auch über Nacht bei den nationalen Zentralbanken des Eurosystems in der Einlagefazilität angelegt werden. Mögliche Defizite einzelner Banken konnten ebenso über Nacht durch Mittel aus der Spitzenrefinanzierung des Eurosystems gedeckt werden. Da sich Banken am Interbankenmarkt allerdings jeweils günstigere Konditionen zugestanden, war die Inanspruchnahme der Zentralbankfazilitäten mit Opportunitätskosten verbunden und daher selten. Um die Nachfrage nach Zentralbankliquidität zu stabilisieren und übermäßige Zinsschwankungen zu vermeiden, waren Banken verpflichtet, eine Mindestreserve zu halten, die nur im Durchschnitt über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden musste.

Kam es zu kurzzeitigen Schwankungen im aggregierten Liquiditätsbedarf der Banken im Euroraum, behielt sich der EZB-Rat einen Eingriff via sogenannter Feinsteuerungsoperationen vor. Dazu konnte im Rahmen von befristeten Transaktionen kurzfristig Zentralbankgeld bereitgestellt oder absorbiert werden.

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