Ergebnisse des LSI-Stresstests 2022 Gemeinsame Pressenotiz
Die Rentabilität der kleinen und mittelgroßen Banken und Sparkassen in Deutschland (Less Significant Institutions – LSI) ist weiterhin gering, ein wirtschaftlicher Abschwung wird zusätzlichen Druck auf die Ertragslage ausüben. Die Zinswende kann aber mittelfristig zu Entlastungen führen. Das haben der LSI-Stresstest und die parallel durchgeführte Umfrage ergeben, welche in diesem Jahr in fünfter Auflage von der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durchgeführt wurden.
„Der LSI-Stresstest 2022 hat gezeigt, dass die vergangenen und aktuellen Krisensituationen die Banken fordern, aber nach aktuellem Stand beherrschbar sind“
, sagte Raimund Röseler, BaFin-Exekutivdirektor für Bankenaufsicht, bei der Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse in Frankfurt. So führte das angenommene Stressszenario zu einer Verschlechterung der harten Kernkapitalquote um 3,2 Prozentpunkte auf 14,5 %. „Die deutschen Institute sind überwiegend gut kapitalisiert. Eine niedrige zweistellige Anzahl von Instituten wird jedoch im Fall eines deutlichen wirtschaftlichen Abschwungs zu kämpfen haben“
, betonte Röseler.
Die Banken und Sparkassen zeigen sich in ihren Planungen weitestgehend vorsichtig. Eine Zinswende wurde von einem Großteil der Institute noch nicht eingeplant, so dass die mittelfristigen Beiträge des Zinsergebnisses aufgrund der steigenden Zinsen eher positiver ausfallen dürften. Eine kurzfristige Belastung für die Banken durch die steigenden Zinsen ist für den Bankensektor allgemein verkraftbar. Gleichzeitig erhöhen sich nach den Prognosen der Banken deren risikogewichtete Aktiva stärker als die Bilanzsummen. „Gehen die Banken höhere Risiken ein, müssen sie natürlich auch das Risikomanagement so anpassen, dass die Risiken tragbar bleiben
“, sagte Prof. Dr. Joachim Wuermeling, der für die Bankenaufsicht zuständige Vorstand der Deutschen Bundesbank.
Die Analyse weiterer Fokusthemen zeigt, dass der überwiegende Teil der Banken und Sparkassen die Bedeutung von Klimarisiken für ihr Geschäftsmodell als gering bis moderat einschätzt. Weiterhin gaben die Institute mehrheitlich an, ihre Ausgaben zum Schutz vor IT-Risiken in den nächsten Jahren noch erhöhen zu wollen. „Die Digitalisierung hat für die Institute eine große Bedeutung – dabei müssen IT-Risiken im Blick bleiben
“, sagte Wuermeling.
An der Umfrage der Deutschen Bundesbank und der BaFin nahmen etwa 1.300 kleine und mittelgroße deutsche Kreditinstitute teil, zeitgleich fand eine ähnliche Erhebung für die Bausparkassen statt. Sie alle stehen unmittelbar unter nationaler Aufsicht, umfassen rund 91 % aller Kreditinstitute in Deutschland und machen rund 45 % der aggregierten Bilanzsummen aus. Die Ergebnisse des Stresstests fließen in die Aufsichtstätigkeit von Bundesbank und BaFin ein.
Anhang
Ergebnislage
In der Umfrage haben BaFin und Bundesbank die institutseigenen Plan- und Prognosedaten erhoben. Zudem haben die Kreditinstitute für fünf von der Aufsicht vorgegebene Zinsszenarien Ergebnissimulationen für den Zeitraum von 2022 bis 2026 durchgeführt. Dabei gingen die Institute von einer statischen Bilanzannahme aus, was bedeutet, dass sie ihre Portfolien nicht anpassen konnten.
Szenario | Zinsstrukturkurve | Bilanzannahme | |
1 | Planszenario | Institutsindividuelle Annahmen | dynamisch |
2 | Konstantes Zinsniveau | +/-0 bp per 01.01.2022 | statisch |
3 | Positiver Zinsschock | +200 bp per 01.01.2022 | statisch |
4 | Negativer Zinsschock | -100 bp per 01.01.2022 | statisch |
5 | Gradueller Zinsanstieg | +40 bp pro Jahr jeweils zum 01.01. | statisch |
6 | Inverse Drehung | +200 bp bis -60 bp per 01.01.2022 | statisch |
Tabelle 1: Methodische Vorgaben und Zinsszenarien in der Umfrage (2022 - 2026); bp steht für Basispunkte |
Auf Grundlage ihrer eigenen Plan- und Prognosedaten gaben die befragten Kreditinstitute im zweiten Quartal 2022 an, dass sie in fünf Jahren mit einem um 32 % gestiegenen Jahresüberschuss vor Steuern rechnen. Dies entspricht einem Zuwachs ihrer Gesamtkapitalrentabilität von 18 % (2019: +10 %). Die Gesamtkapitalrentabilität ist definiert als Jahresüberschuss vor Steuern im Verhältnis zur Bilanzsumme. Diese sehr positive Prognose kommt insbesondere mittelfristig zum Tragen, im ersten Jahr wird hingegen ein leichter Rückgang prognostiziert.
Die Simulationen der fünf vorgegebenen Zinsszenarien zeigen, dass bei Zinsanstiegen zunächst mit Gewinnrückgängen insbesondere aufgrund von Kursverlusten von Wertpapieren sowie einem rückläufigen Zinsergebnis zu rechnen wäre. Mittel- bis langfristig würden sich die Gewinne aber wegen steigender Margen erholen und zu einer Steigerung der Rentabilität beitragen.
Widerstandsfähigkeit
Im Durchschnitt rechnen die Institute mit einem Rückgang der harten Kernkapitalquote von 17,7 % auf 16,9 % bis zum Jahr 2026. Dies beruht vor allem auf der stärkeren Zunahme der risikogewichteten Aktiva, was auf ein wachsendes Geschäftsvolumen und eine höhere Risikonahme zurückzuführen ist.
Stresstest zur Bestimmung der aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung
Im Stresstest wird die Widerstandsfähigkeit von Instituten unter adversen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen untersucht und die Auswirkungen auf die Kapitalausstattung der Institute abgeschätzt. Hierbei simulierten die Banken und Sparkassen ihre Ertragslage und Widerstandsfähigkeit für die Jahre 2022 bis 2024, und zwar jeweils in einem von der Aufsicht vorgegebenem Basis- und einem Stressszenario. Das Stressszenario sieht dabei eine massive Wirtschaftseintrübung vor, in deren Verlauf unter anderem Zinsänderungs-, Kredit- und Marktpreisrisiken auftreten. Weitere Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung der Banken wurden auf Basis historischer Werte, zum Teil mit Abschlägen fortgeschrieben. Neu im Stresstest 2022 war die Möglichkeit, dass Institute sich von einem Teil der Berechnungen befreien lassen konnten, wenn die Risikovolumina bestimmte Schwellenwerte unterschritten. Die Berechnungen wurden einer umfassenden aufsichtlichen Qualitätssicherung unterzogen. Ziel der Aufsicht war es festzustellen, ob die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute über einen dreijährigen Zeitraum auch in einem Stressszenario ausreichend ist. Im Aggregat verfügen kleine und mittelgroße Institute in Deutschland nach einem Kapitalrückgang von 3,2 Prozentpunkten über den dreijährigen Stresshorizont noch immer über eine harte Kernkapitalquote von 14,5 % und damit über eine solide Kapitalbasis.
Der Stresstest zeigt die Verwundbarkeiten jedes einzelnen Instituts. Die im Stresstest aufgedeckten Risiken werden zur Bemessung der aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung herangezogen. Das Unterschreiten dieser ist eine wertvolle Frühwarnschwelle für die Aufsicht. Besonders anfällige Institute werden bereits frühzeitig einer noch intensiveren Aufsicht unterworfen. Das trägt zur weiteren Stärkung der Stabilität des deutschen Bankenmarktes bei.
Bausparkassen
Für die Bausparkassen wurde parallel ein separater Stresstest durchgeführt, der auf die Spezifika des Geschäftsmodells zugeschnitten ist. Die Bausparkassen zeigten im adversen Szenario zwar einen deutlichen Rückgang der harten Kernkapitalquote um 6,9 Prozentpunkte, allerdings wären die Institute mit einer Quote von 15,6 % im Stressfall weiterhin solide kapitalisiert.