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Monatsbericht: Europäische Klimapolitik bedingt bislang keine nachweisbare Produktionsverlagerung deutscher Unternehmen ins außereuropäische Ausland

Bislang führte die europäische Klimapolitik noch nicht dazu, dass ansässige Unternehmen energieintensive Produktionsprozesse in großem Umfang ins außereuropäische Ausland verlagerten, schreiben die Autorinnen und Autoren im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank. Dieser untersucht den Einfluss des Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) auf die Direktinvestitionsentscheidungen deutscher Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe.

Emissionsintensive Unternehmen haben bereits vor Inkrafttreten schärferer Regeln im EU-ETS vorzugsweise an Standorten mit niedrigeren Energiepreisen außerhalb Europas produziert, heißt es im Monatsbericht. Zudem stellen die Fachleute fest, dass sich die Direktinvestitionsbestände von Unternehmen mit hohen und geringen Treibhausgasemissionen im Umfeld von Reformen der europäischen Klimapolitik ähnlich entwickelten. Die Energieintensität eines Unternehmens hatte also keinen spürbaren Einfluss auf die Höhe seiner Investitionen im außereuropäischen Ausland.

Wie geht die Studie vor?

Die Analyse wertet unternehmensspezifische Daten zu Direktinvestitionen und Treibhausgasemissionen auf Konzernebene zwischen 2011 und 2014 sowie 2019 und 2022 aus. Diese Zeiträume markieren jeweils Planung und Umsetzung wichtiger Reformen des EU-ETS. Die Studie unterscheidet in ihrer Gesamtbetrachtung zunächst zwischen Unternehmen mit über- und unterdurchschnittlich hohen Emissionen. Darüber hinaus vergleicht sie die Direktinvestitionen von Unternehmen in Abhängigkeit ihrer Emissionshöhe innerhalb verschiedener Branchen. Dadurch berücksichtigt die Analyse auch etwaige branchenbezogene Entwicklungen.

Die europäische Emissionsgesetzgebung wirkt

Der Monatsbericht zeigt auch: Unternehmen, die mit ihren Tochterunternehmen vornehmlich im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) präsent waren, stießen bereits ab 2016 weniger Treibhausgase aus als in den Jahren zuvor. Demgegenüber stiegen die Treibhausgasemissionen von Unternehmen mit hohen Direktinvestitionsbeständen im außereuropäischen Ausland bis Mitte 2018 stetig an und sanken erst anschließend merklich. Die empirischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass der europäische Zertifikatehandel Firmen innerhalb des EWR dazu veranlasst haben könnte, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, heißt es im Aufsatz. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass wenige große Unternehmen die Emissionsverläufe maßgeblich getrieben hätten.

Verlagerung von Produktionsstandorten und Emissionen künftig nicht ausschließbar

Dass deutsche Unternehmen emissionsintensive Produktionsprozesse künftig in Länder mit einer weniger strikten Klimapolitik auslagern könnten, ist laut Aufsatz nicht auszuschließen. Dies sei der Fall, sollten die Preise für Treibhausgasemissionen in Europa dauerhaft höher sein als außerhalb. In einem solchen Szenario würden deutsche Firmen mittelfristig emissionsintensive Vorleistungsgüter vermehrt importieren statt sie kostspielig vor Ort zu produzieren. Treibhausgasemissionen würden dadurch dorthin verlagert, wo sie nicht oder nur gering durch klimapolitische Maßnahmen bepreist werden. Eine weitere Folge des Szenarios wäre, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen abnähme. Davon wären vor allem auch CO2-intensive Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes betroffen.

Der Europäische Grenzausgleichmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) könnte den Anreiz, Vorleistungsprodukte aus dem EU-Ausland zu importieren, mindern. Dies zeigt eine makroökonomische Modellierung. Bei CBAM handelt es sich um ein Instrument der Europäischen Union, das Importe aus außereuropäischen Ländern ohne CO2-Bepreisung mit ausgleichenden Steuern belegt. Damit beeinflusst der CBAM aber auch die Produktionskosten, denn Vorleistungsprodukte aus dem Ausland werden teurer.

Der internationale Wettbewerbsnachteil wird durch CBAM nicht vollständig ausgeglichen, da im Wesentlichen nur Treibhausgasemissionen von Gütern und Dienstleistungen bepreist werden, die auf den europäischen Markt kommen. Der Markt außerhalb Europas bleibt davon weitgehend unberührt.

Politische Maßnahmen zur Förderung von Innovation ist unabdingbar

Für eine wirksame Klimapolitik sind günstige Rahmenbedingungen für Innovationen in emissionsarme Technologien entscheidend, so der Aufsatz. Dazu gehören laut den Fachleuten etwa zügige Genehmigungsverfahren und klare wirtschaftspolitische Linien. Die Anreize, Produktionsprozesse zu verlagern, würden in dem Maße nachlassen, wie innovative Technologie hilft, die Höhe der Emissionen kostengünstig zu reduzieren.