G20-Finanzchefs betonen Bedeutung internationaler Kooperation
Die G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure haben bei ihrem zweitägigen Treffen in Baden-Baden ihre Verpflichtung zur internationalen wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenarbeit bekräftigt. Die Zusammenarbeit der führenden Industrie- und Schwellenländer sei "eher gestärkt als geschwächt"
worden, bewertete Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Zusammenkunft bei der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Deutschland hat 2017 die G20-Präsidentschaft inne.
Eine enge Abstimmung bekräftigten die Teilnehmer etwa in Bezug auf die Devisenmärkte. In der gemeinsamen Abschlusserklärung verpflichteten sie sich dazu, auf Abwertungswettläufe und eine gezielte Schwächung ihrer Währungen zu verzichten. Übermäßige Schwankungen und ungeordnete Bewegungen von Wechselkursen könnten nachteilige Auswirkungen für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität haben, hieß es in der Erklärung.
In der Frage des Handels betonte Bundesbankpräsident Jens Weidmann, dass es eine "sehr breite Unterstützung"
für offene Märkte gegeben habe. Ein Konsens über den Weg zur Weiterentwicklung der Handelsbeziehungen sei jedoch nicht erreicht worden, hieß es angesichts US-amerikanischer Bestrebungen, in der Handelspolitik neue Wege zu gehen. Im Kommuniqué zum Treffen wurde betont: "Wir arbeiten daran, den Beitrag des Handels für unsere Volkswirtschaften zu stärken".
Schäuble erklärte, es seien alle davon überzeugt, dass Welthandel zum Wachstum der globalen Wirtschaft und der einzelnen Volkswirtschaften beitrage.
Erholung schreitet voran
Weidmann ging auch auf die gegenwärtige globale Wirtschaftslage ein. "Die wirtschaftliche Einschätzung ist positiver als bei vorangegangenen Treffen"
, sagte er. Die Teilnehmer des Treffens seien sich einig gewesen, dass die Erholung der Weltwirtschaft voranschreite. "Das Wachstum in mittelfristiger Perspektive ist aber immer noch schwächer ist als von vielen gewünscht"
, so der Bundesbankpräsident. Insbesondere in den Industrieländern seien zudem die Inflationsraten deutlich gestiegen. "Deflationssorgen, die in der Vergangenheit immer wieder die Diskussion geprägt haben, haben an Bedeutung verloren"
, unterstrich er.
Geld- und Fiskalpolitik habe aus Sicht der Teilnehmer bereits einen großen Beitrag zu einem kräftigen, nachhaltigen, ausgeglichenen und inklusiven Wachstum geleistet, sagte Weidmann. "Deshalb bestand Einigkeit, dass in einem ausgewogenen Politikansatz neben diesen beiden Politikfeldern jetzt vor allem Strukturreformen gefordert sind"
. Weidmann zufolge bestimmten diese Maßnahmen maßgeblich die Wachstumsmöglichkeiten, auf die man nach dem Auslaufen der geld- und fiskalpolitischen Impulse zurückfalle. Eine hilfreiche Orientierung böte die unter chinesischer Präsidentschaft verabschiedete erweiterte Strukturreformagenda.
Prinzipien zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit
Ein zentrales Thema auf der Agenda der deutschen G20-Präsidentschaft ist die Resilienz von Volkswirtschaften. Die Finanzminister und Notenbankgouverneure vereinbarten dazu in Baden-Baden einen Katalog wichtiger Prinzipien, mit denen die Widerstandsfähigkeit von Volkswirtschaften gestärkt werden sollte. Weidmann zufolge gehe es dabei um Themen wie solide Staatsfinanzen oder eine stabilitätsorientierte Geldpolitik und die Wahrung der Unabhängigkeit der Notenbanken.
Gestaltung der Digitalisierung
Auf der Themenliste der G20 stand darüber hinaus erstmals auch die Gestaltung der Digitalisierung. Laut Weidmann konnten hierbei Fortschritte erzielt werden. So hätten die Teilnehmer ausdrücklich eine breit angelegte Bestandsaufnahme unter Federführung des Finanzstabilitätsrates (FSB) unterstützt, der unterschiedliche Regulierungsansätze von technologiegetriebenen Finanzinnovationen in den Blick nimmt.
"Digitalisierung ermöglicht vielen Menschen Teilhabe an Finanzdienstleistungen"
, sagte Weidmann. Allerdings sei dabei ein Mindestmaß an finanzieller Bildung unverzichtbar. Daher habe die G20 vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung auch die Bedeutung finanzieller Inklusion und der finanziellen Allgemeinbildung hervorgehoben. Gemeinsam mit der OECD soll nun ermittelt werden, welche Maßnahmen eine bessere finanzielle Allgemeinbildung effektiv fördern.
Rad der Regulierung nicht zurückdrehen
Der Bundesbankpräsident hob in der Pressekonferenz auch die Fortschritte bei der Umsetzung der Reformagenda des FSB hervor. Nun gehe es darum, den Analyserahmen zur Evaluierung von Reformeffekten weiterzuentwickeln, sagte er. Der FSB habe dazu ein strukturiertes Rahmenwerk entwickelt.
"Ziel dieser Evaluierung ist, belastbare Einschätzungen zur Wirksamkeit der Reformen und auch zu möglichen unbeabsichtigten Nebenwirkungen zu bekommen"
, erläuterte Weidmann. Die so gewonnenen Erkenntnisse könnten dann die Regulierungspolitik bei der Entscheidung unterstützen, ob Anpassungen der Reformen notwendig seien. "Dabei geht es nicht darum, das Rad der Regulierung zurückzudrehen"
, unterstrich Weidmann. "Es wäre vielmehr ein großer Fehler, wenn zulasten der Widerstandsfähigkeit des globalen Finanzsystems Regulierungsvorschriften auf breiter Front zurückgenommen würden oder es gar zu einem Wettlauf um die laxere Regulierung käme."
Wichtiges Forum
Die Gespräche der Finanzminister und Notenbankgouverneure dienten auch der Vorbereitung der Währungs- und Finanzthemen des G20-Gipfels der Staats- und Regierungschefs, der am 7. und 8. Juli in Hamburg stattfinden wird. Die G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure kommen abermals am Rande der Frühjahrs- und Herbsttagungen des Internationalen Währungsfonds in Washington im April und Oktober zusammen.
Der Zusammenschluss der G20, der 19 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer sowie der Europäischen Union, ist das wichtigste Forum für die informelle internationale Zusammenarbeit. Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 beschäftigt sich die G20 mit den Herausforderungen für das internationale Währungs- und Finanzsystem in einer zunehmend eng verflochtenen Weltwirtschaft.
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