Newsletter „Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung“ 54. Ausgabe – Juni 2023

Zeitenwende im Zahlungsverkehr

Monatsberichtsaufsatz – April 2023

29.06.2023

Der globale Zahlungsverkehr ist in den letzten Jahrzehnten erheblich gewachsen und folgt einem Trend zunehmender Integration. Dabei konnten Effizienzen gesteigert und Risiken verringert werden. Seit einigen Jahren gibt es jedoch Entwicklungen, die die weltweite Zahlungsverkehrslandschaft signifikant verändern könnten. Dazu zählen die Entstehung neuer Geldformen, das Aufkommen neuer Technologien, der Markteintritt neuer Wettbewerber sowie erhöhte Cyber-Risiken. Diese Entwicklungen können zwar einerseits Innovationen beflügeln und neue Angebote auf den Markt bringen, andererseits aber die Komplexität der Zahlungsverkehrslandschaft erhöhen und Friktionen sowie Fragmentierung bewirken.

Sanktionen zur Nutzung von Nachrichtenübermittlungsdiensten im Zahlungsverkehr ©Bundesbank
Sanktionen zur Nutzung von Nachrichtenübermittlungsdiensten im Zahlungsverkehr
Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen kommt nun ein geopolitischer Impuls hinzu. Einige Sanktionen betreffen den Zahlungsverkehr in signifikanter Weise. Der Zahlungsverkehr mit und in Russland wird etwa durch das Verbot der Nutzung spezialisierter Nachrichtenübermittlungsdienste (wie SWIFT) durch ausgewählte Banken direkt beeinträchtigt. Betroffene Finanzmarktteilnehmer sollen damit vor allem vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten werden.

Gleichwohl haben sich Ausweichbewegungen, unter anderem die Nutzung alternativer Nachrichtenübermittlungsdienste, etabliert, die von den Sanktionen nicht erfasst werden können. Zudem ziehen Länder, die sich nicht an den Sanktionen beteiligen, Zahlungs- und Handelsströme auf sich und mindern so zusätzlich die Wirkungen der Sanktionen. Insgesamt konnte infolge der Sanktionsmaßnahmen beobachtet werden, dass der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr mit Russland zwar zurückgegangen, jedoch weitgehend intakt geblieben ist. Ein erheblicher Anteil des Rückgangs dürfte insofern vor allem auf die mittelbaren Auswirkungen der Maßnahmen auf den Handel von Gütern, Dienstleistungen und Finanzprodukten zurückzuführen sein.

Der Aufsatz umreißt die Veränderungen und Einflüsse auf die Entwicklung des Zahlungsverkehrs. Die verschiedenen Entwicklungsfaktoren sowie die direkten und indirekten Folgen der Sanktionen könnten dabei in Anlehnung an die politische Debatte den Beginn einer Zeitenwende im Zahlungsverkehr markieren.