Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zu den „volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Euro-Staatsschuldenkrise und neuen Instrumenten der Staatsfinanzierung“ am 9. Mai 2012

Mit der Gründung der Europäischen Währungsunion (EWU) wurde die Geldpolitik der Mitgliedstaaten vergemeinschaftet. Als Hauptziel des unabhängigen Eurosystems wurde die Gewährleistung von Preisstabilität verankert. Die Koordinierung der Finanz- und Wirtschaftspolitik wurde auf europäischer Ebene verstärkt. Um sowohl die gemeinsame Geldpolitik als auch die Mitgliedstaaten vor einer unsoliden Finanzpolitik einzelner Staaten und den damit verbundenen Auswirkungen zu schützen, wurde dabei zum einen ein System von Fiskalregeln auf der europäischen Ebene vereinbart. Zum anderen sollte die Aussicht auf risikoadäquate Zinsaufschläge der staatlichen Verschuldungsneigung disziplinierend entgegenwirken. Die Folgen einer unsoliden Finanzpolitik sollten somit von dem betreffenden Staat selbst getragen und nicht auf die anderen Länder der Währungsunion verteilt werden. Die Verträge schließen eine umfassende Fiskal-, Transfer- oder Haftungsunion aus und enthalten das Nicht-Haftungsprinzip („No Bail Out“). In der EWU verbleibt die letzte Entscheidungshoheit über die Ausgestaltung der jeweiligen Finanz- und Wirtschaftspolitik zum überwiegenden Teil auf der nationalen Ebene und damit bei den nationalen Parlamenten. Der Geldpolitik wurde die monetäre Staatsfinanzierung ausdrücklich untersagt. Auch blieben die Bankenaufsicht und die Verantwortung für die Stabilität der nationalen Bankensysteme auf der nationalen Ebene verankert. Dieses Nebeneinander von gemeinsamer Geldpolitik und nationalen Finanz- und Wirtschaftspolitiken unterscheidet die EWU grundlegend von anderen Währungsräumen.

Der vorhandene Rahmen hat offensichtlich nicht das Entstehen der Staatsschuldenkrise verhindert. Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, die je nach betroffenem Land unterschiedlich stark ins Gewicht fallen. So wurden die vereinbarten Fiskalregeln nicht konsequent umgesetzt. Auch zehn Jahre nach Eintritt in die Währungsunion waren vor Ausbruch der Krise teilweise noch sehr hohe Staatsschulden und -defizite zu verzeichnen. In der Finanzkrise wurde dann breitflächig auf eine expansive Finanzpolitik gesetzt. Im Fall Griechenlands kam hinzu, dass die statistische Basis völlig unzulänglich war und die Lage der öffentlichen Finanzen über Jahre erheblich günstiger ausgewiesen wurde, als sie tatsächlich war. Zudem haben sich sowohl in der Realwirtschaft als auch der Finanzwirtschaft teilweise große Ungleichgewichte aufgebaut. Teils wurden Übertreibungen auf den Immobilienmärkten finanziert. Ein zu hoher kreditfinanzierter privater und staatlicher Konsum führte in manchen Ländern zu anhaltend hohen Leistungsbilanzdefiziten, weil die heimische Endnachfrage die heimischen Produktionsmöglichkeiten deutlich übertroffen hat. Dabei kam es teilweise zu erheblichen Verlusten der Wettbewerbsfähigkeit. Die damit zusammenhängenden Risiken im staatlichen und privaten Bereich wurden von den Finanzinvestoren lange unterschätzt und nicht mit angemessenen Zinsaufschlägen bepreist, so dass eine frühzeitigere Korrektur unterblieb. Grundlegende Neubewertungen der finanziellen Aussichten sowohl für Staaten, für Unternehmen der Real- und Finanzwirtschaft als auch für private Haushalte führten dann in manchen Ländern zu einer Vertrauenskrise. 

Dabei wurde die Anfälligkeit der Finanzsysteme im Vorfeld der Krise eindeutig unterschätzt. Die erwünschte und begrüßenswerte Integration der Finanzmärkte, die durch die Währungsunion einen merklich Schub erhalten hatte, brachte allerdings auch eine verstärkte Interdependenz der nationalen Finanzsysteme. Verwerfungen in einem Mitgliedstaat konnten die Finanzsysteme anderer Mitgliedstaaten schneller und stärker in Mitleidenschaft ziehen als zuvor. Rückblickend wurden diese Risiken für die Systemstabilität im Euro-Raum als Ganzes zu wenig berücksichtigt, und der relevante Rechtsrahmen, der zudem primär auf nationaler Eigenverantwortung basierte, trug dem nicht ausreichend Rechnung. 

Um die Krise einzudämmen und um eine möglichst geordnete Anpassung in den betroffenen Ländern zu ermöglichen, wurden für einzelne Länder umfangreiche Hilfsprogramme beschlossen. Die Geldpolitik hat großzügig Liquidität bereitgestellt. Zudem wurden sowohl die Präventionsmechanismen weiterentwickelt (u. a. Fiskalpakt, Stabilitäts- und Wachstumspakt, Verfahren bei gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichten, Finanzmarktregulierung und ‑kontrolle) als auch der Krisenbewältigungsrahmen erheblich ausgeweitet (u. a. EFSF, EFSM, ESM). 

Die Krise wird erst dann nachhaltig überwunden werden, wenn Vertrauen in stabile Rahmenbedingungen zurückkehrt, wenn dabei der Trend zu einer immer weiter steigenden staatlichen Verschuldung umgekehrt wird, wenn die gesamtwirtschaftlichen und finanzpolitischen Fehlentwicklungen durch grundlegende Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen in den jeweiligen Ländern beseitigt werden und die Finanzstabilität durch entsprechende Regelungen umfassend gesichert wird. 

Im Hinblick auf ein solides institutionelles Fundament der EWU ist es besonders bedeutsam, dass Haftung und Kontrolle im Einklang stehen und die Anreize für die jeweils Handelnden so gesetzt sind, dass eine nachhaltige Entwicklung erwartet werden kann. Es ist auch wichtig, dass das Vertrauen in die Einhaltung bestehender Verträge und Regeln erhalten bleibt. Mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Krise hat die Vergemeinschaftung von Risiken jedoch deutlich zugenommen. Gleichzeitig wurde der wirtschafts- und finanzpolitische Rahmen, der prinzipiell auf nationale Eigenverantwortung setzt, beibehalten, und es wurden keine wesentlichen Eingriffsrechte auf die europäische Ebene übertragen. 

Ein Weg zu einem konsistenten ökonomischen Handlungsrahmen bestünde in der Schaffung einer echten Fiskalunion, in der die Mitgliedsländer einen Teil ihrer finanzpolitischen Souveränität von den nationalen Parlamenten auf die europäische Ebene übertragen. Beispielsweise könnten in der Finanzpolitik Kompetenzen auf eine demokratisch entsprechend zu legitimierende supra-nationale Instanz verlagert werden, wenn vereinbarte Regeln nicht eingehalten werden. Ein solcher Schritt hätte allerdings eine politische Dimension, die weit über die hier diskutierten Fragestellungen hinausgeht. Es würden grundlegende Vertrags- und Verfassungsänderungen auf der EU-Ebene und in den einzelnen Mitgliedsländern erforderlich werden. Es ginge dabei um eine wesentliche Verschiebung im Bereich der nationalen Souveränität. Im Moment scheinen die einzelnen Mitgliedsländer nicht bereit zu sein, einen solchen Souveränitätsverlust zu akzeptieren. 

Soll ein grundsätzlicher Regimewechsel nicht vorgenommen, sondern im Wesentlichen der bestehende Rahmen fortentwickelt werden, darf allerdings die Reform der verschiedenen Teilbereiche nicht die Konsistenz des Gesamten gefährden. Nachfolgend werden vor diesem Hintergrund ausgewählte Aspekte der aktuellen volkswirtschaftlichen Diskussion kurz angerissen: 

Das Eurosystem hat unverändert die Bewahrung der Preisstabilität zur Kernaufgabe. Monetäre Staatsfinanzierung ist ihm untersagt, und es hat nicht das Mandat zur umfangreichen Umverteilung von staatlichen Solvenzrisiken zwischen den Mitgliedstaaten. Zwar ist die Grenzlinie hier nicht immer eindeutig zu ziehen. Die Sicherstellung staatlicher Solvenz z. B. durch Übernahme einer „lender of last resort“-Funktion oder unbegrenzte Ankäufe von Staatsanleihen würde aber den vorgegebenen Rahmen sprengen. Das Eurosystem hat die Aufgabe, solvente Banken mit Liquidität zu versorgen, und kann somit Liquiditätsproblemen entgegen wirken. Es hat nicht die Aufgabe, die verlorengegangene Solvenz von Staaten oder Banken wiederherzustellen. Die Trennung der Aufgaben von Geld- und Fiskalpolitik und die Einhaltung des eigenen Mandats sind für eine unabhängige Notenbank in einer Währungsunion von besonderer Bedeutung, um das Vertrauen in die gemeinsame Währung zu wahren. Insofern muss es künftig auch darum gehen, die bilanziellen Risiken des Eurosystems in Grenzen zu halten und einen Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik im Blick zu behalten. Die eigentlichen Ursachen der Staatsschuldenkrise können nicht von der Geldpolitik gelöst werden. 

Mit dem Fiskalpakt[1] hat sich die Politik für eine Stärkung des bisherigen fiskalischen Rahmens entschieden. Es handelt sich dabei aber keinesfalls um eine Fiskalunion, da auch bei fortgesetzter Verletzung der fiskalischen Regeln keine Aufgabe der nationalen Budgetsouveränität vorgesehen ist. Es wird lediglich versucht, die europäischen Vereinbarungen zum Teil zu härten und durch Verankerung im nationalen Recht zu stärken. Die letzte Verantwortung für die Finanzpolitik und auch die Umsetzung der Regeln des Fiskalpakts verbleibt aber auf der nationalen Ebene. Es wäre hilfreich, wenn hier möglichst konkrete Vorgaben für die nationalen Regeln vereinbart würden. So wäre hier u. a. vorzusehen, dass wie bei der deutschen Schuldenbremse Abweichungen von den Haushaltszielen zu protokollieren und im weiteren Verlauf verbindlich zu tilgen sind, um ein Aufschaukeln der Verschuldung zu verhindern. Die konkrete Vorgabe strikter Bestimmungen zeichnet sich gegenwärtig aber nicht ab. Letztlich kommt es auf die konkrete Anwendung an. In der Vergangenheit war es immer wieder ein Problem, dass die vorhandenen Regeln nicht stringent umgesetzt wurden und der Verschuldungsneigung nicht ausreichend begegnet wurde. 

Eine umfassende Gemeinschaftshaftung (z. B. über die Einführung von Eurobonds) ist nicht kompatibel mit den fehlenden Eingriffsrechten auf der europäischen Ebene. In einem institutionellen Rahmen, der letztlich weiter auf die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten setzt, sollten Hilfen nur als Ultima Ratio und verbunden mit strikten finanz- und wirtschaftspolitischen Auflagen geleistet werden. Die Anreize zu eigenen Anstrengungen sollten möglichst wenig beeinträchtigt werden. Im ESM-Rahmen erscheinen daher die Instrumente eher geeignet, die mit entsprechenden Vorgaben verbunden sind. Soweit diese mit einem bevorrechtigten Gläubigerschutz des ESM verbunden sind, wären darüber hinaus die Hilfe gebenden Länder stärker abgesichert. Da keine Eingriffsrechte auf europäischer Ebene vorhanden sind, stellen die Zinskonditionen am Markt und bei den Hilfsprogrammen weiterhin einen entscheidenden Anreiz zur Erhaltung oder Wiederherstellung einer gesunden Fiskallage dar. Hilfskredite ohne Zinsaufschläge, wie sie im ESM wohl im Regelfall vorgesehen sind, sind vor diesem Hintergrund äußerst kritisch zu sehen. 

Die Lösung der Probleme in den von der Vertrauenskrise betroffenen Ländern hat primär im nationalen Kontext zu erfolgen. Die fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen auf der europäischen Ebene haben maßgeblich dazu beigetragen, die Lage zu stabilisieren. Sie haben dabei Zeit verschafft, um die strukturellen Probleme zu lösen, können eine dauerhafte Lösung aber nicht selbst bewirken. Hierfür bedarf es in den betroffenen Ländern einer zügigen Konsolidierung der Staatsfinanzen, wettbewerbserhöhender Strukturreformen und, wenn nötig, einer Sanierung des Finanzsektors. 

Unter den genannten Schritten zur Lösung der Krise ist zuletzt vor allem die zügige Konsolidierung der Staatsfinanzen in die Kritik geraten. Hier wird aber übersehen, dass gerade die Umsetzung der vereinbarten Konsolidierung von entscheidender Bedeutung für die Glaubwürdigkeit des neuen fiskalischen Regelwerks ist, das solide Staatsfinanzen perspektivisch sicherstellen und Vertrauen schaffen soll. Nicht übersehen werden darf auch, dass einige der von der Krise erfassten Länder unter schweren Zahlungsbilanzproblemen leiden. Private Kapitalgeber haben die Finanzierungsmittel drastisch zurückgefahren, und eine Abschirmung vor noch abrupteren Anpassungsprozessen (u.a. über deutlich steigende Zinsen) wird allein durch umfangreiche fiskalische Hilfsleistungen und die sehr reichliche Liquiditätsbereitstellung geleistet. Der Anpassungspfad in den betreffenden Ländern wird damit bereits erheblich erleichtert und gestreckt. Zwar können öffentliche Gelder den Kapitalbedarf zeitweilig und bis zu einem gewissen Grad decken, private Kapitalgeber dauerhaft ersetzen können und dürfen sie aber nicht. Alles überragendes Ziel der nationalen Politik in den Krisenländern muss vor diesem Hintergrund daher sein, Vertrauen an den Finanzmärkten zurückzuerlangen. Angesichts der teilweise sehr hohen Staatsverschuldung und des fragilen Vertrauens in die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen wäre deshalb ein Aufschub der Konsolidierung kritisch. Dies gilt umso mehr, wenn hierdurch auch Strukturreformen verzögert würden. Es erscheint überdies keinesfalls gesichert, dass ein in die Länge gezogener Prozess eine höhere politische Akzeptanz finden würde als eine rasche Konsolidierung. Eine vorübergehend schwache Entwicklung der Inlandsnachfrage ist vor dem Hintergrund der vorangegangenen Übertreibungen letztlich unvermeidlich. 

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen sollte im engen Zusammenhang mit grundlegenden gesamtwirtschaftlichen Strukturreformen stehen. Hierdurch können die Wirtschaftsperspektiven verbessert und bei glaubwürdiger Umsetzung auch kurzfristig Vertrauen geschaffen werden. Der Abbau der entstandenen Ungleichgewichte wird auch zu einer Verringerung der Leistungsbilanzunterschiede führen. Hier sind bereits Anpassungsprozesse im Gange. Dabei gilt es an den Ursachen für die Fehlentwicklungen anzusetzen, eine Verringerung von Leistungsbilanzdefiziten und -überschüssen ergibt sich dann quasi automatisch. So gilt es für die Länder, die in erheblichem Maße Wettbewerbsfähigkeit verloren haben, diese wieder herzustellen – sowohl über produktivitätserhöhende Strukturreformen als auch durch Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit. 

In Deutschland ist der aktive Handlungsbedarf geringer, da die vorangegangene Entwicklung nicht maßgeblich durch Fehlentwicklungen hierzulande ausgelöst wurde. Es wäre nicht hilfreich, z.B. die gerade auch gegenüber Drittländern leistungsfähige Exportindustrie aktiv zu schwächen oder die nationale Finanzpolitik zu lockern, mit dem (ohnehin nicht erfolgversprechenden) Ziel der Nachfragestützung in den Peripherieländern. Allerdings könnten beispielsweise eine Verbesserung der Investitionsbedingungen im Inland und der Rahmenbedingungen für die Entfaltung des Dienstleistungssektors und Maßnahmen, die Vertrauen in die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen und Sozialsysteme schaffen, durchaus einen grundsätzlich wachstumsfördernden Beitrag leisten, der auch positiv auf die Inlandsnachfrage wirkt. Die regulären marktlichen Anpassungsprozesse sollten dabei freilich nicht behindert werden. Diese werden dazu führen, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der Peripherieländer gegenüber Deutschland verbessern wird. Deutschland dürfte in diesem Szenario künftig in der EWU eher überdurchschnittliche Inflationsraten aufweisen, wobei die Geldpolitik dafür zu sorgen hat, dass die Inflation im Aggregat der EWU dem Stabilitätsziel entspricht und die Inflationserwartungen fest verankert bleiben. 

Eine Reform des Finanzsektors ist von besonderer Bedeutung, um künftige Krisen zu verhindern. Im Rahmen der gegenwärtig stattfindenden Reform der Finanzsystemregulierung ist es daher wichtig, das Risikobewusstsein der Anleger nachhaltig zu stärken und die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu erhöhen. Maßnahmen wie die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen, mit Aufschlägen für systemisch relevante Institute oder bei einer im Konjunkturzyklus sehr dynamischen Entwicklung, zusätzliche Standards für die Liquiditätsvorsorge oder eine bessere Überwachung und Regulierung bisher kaum beaufsichtigter Bereiche des Finanzsystems werden dafür sorgen, dass das Finanzsystem künftig Verwerfungen deutlich besser aus eigener Kraft, d.h. ohne Rückgriff auf den Steuerzahler, verarbeiten kann. Wichtig ist, die enge Verbindung von staatlichen Solvenzrisiken und Finanzstabilität deutlich stärker als bislang zu entkoppeln. Zu diesem Zweck sollte in Zukunft die Privilegierung von Staatsanleihen, etwa bei der Unterlegung von Bankaktiva mit Eigenkapital oder im Rahmen der Liquiditätsregulierung, kritisch überprüft werden. Für die Systemstabilität ist ferner entscheidend, dass die Überwachung und Begrenzung von Systemrisiken künftig auf nationaler und europäischer Ebene als eigenständiges Aufgabenfeld mit eigenen Instrumenten verankert sein wird. Dazu wird auch die Bundesbank im Rahmen des geplanten makroprudenziellen Mandats einen wichtigen Beitrag leisten. Auf europäischer Ebene ist mit der Errichtung des Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) Anfang 2011 eine Institution für die Überwachung grenzüber-schreitender und unionsweiter Risiken sowie die erforderliche Politikkoordination geschaffen worden. Eine weitergehende Frage ist, ob und in welchem Ausmaß Risiken aus dem Bankensystem künftig besser auf europäischer Ebene getragen werden sollen. Auch in diesem Bereich müssen Haftung und Kontrolle jedoch zusammenpassen. Eine Vergemeinschaftung von Risiken aus den Bankensystemen würde zum einen eine Europäisierung der Banken- und Finanzaufsicht erforderlich machen. Zum anderen wäre dies nicht konsistent mit einem System der nationalen fiskalischen Eigenverantwortlichkeit, solange die Solvenz der nationalen Bankensysteme eng mit der Solvenz des Fiskus verbunden ist. Insofern dürfte eine institutionalisierte Haftungsübernahme für Risiken aus dem Finanzsystem in der EWU nur dann dauerhaft tragfähig sein, wenn sie Teil des Übergangs zu einer echten Fiskalunion ist.

Fußnoten:

  1. Vergleiche zu Fiskalpakt und ESM auch die Stellungnahme der Deutschen Bundesbank anlässlich der öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags am 7. Mai 2012.