Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 22. April 2013 Schriftliche Stellungnahme der Deutschen Bundesbank anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum „Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“ am 22. April 2013

Zusammenfassende Wertung

Die deutsche Volkswirtschaft zeichnet sich durch einen leistungsstarken Mittelstand aus, der neben den großen Industrieunternehmen wesentlich zur starken Exportausrichtung Deutschlands beiträgt. Im Finanzsektor dominieren traditionell Universalbanken, die den Unternehmen die ganze Palette der benötigten Finanzdienstleistungen, auch für internationales Geschäft, aus einer Hand anbieten. Dieses Modell hat sich in Deutschland über lange Jahre bewährt.

Mit der Finanzkrise ist nun die Systemrelevanz von Banken in den Blick gerückt. Mittlerweile ist – auch international – unstrittig, dass Finanzinstitute nicht „too-big-to-fail“ sein dürfen, sondern dass Verfahren vorhanden sind, die eine geordnete Insolvenz ermöglichen, ohne die Stabilität des Finanzsystems zu riskieren.

Die Abwicklungsfähigkeit von Banken zu verbessern, ist daher essenziell. Die im Gesetzesentwurf der Bundesregierung (im Weiteren nur als Gesetzentwurf bezeichnet) vorgesehenen Vorschriften in Artikel 1 zur Erstellung und regelmäßigen Überprüfung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen sind deswegen grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollten die Regelungen in einigen Details – insbesondere auch bei der Ausgestaltung der Rolle der Deutschen Bundesbank und den Aufgaben der zu errichtenden Abwicklungseinheit in der BaFin – noch angepasst werden.

Die Bundesbank steht auch der Zielsetzung des Artikels 2 des Gesetzentwurfs zur Abschirmung von Risiken grundsätzlich positiv gegenüber und sieht die Einziehung von Dämmen zwischen riskanten, spekulativen Geschäften und Kundengeschäft als potenziell sinnvolle Ergänzung der bereits ergriffenen Maßnahmen im Bereich der Bankenregulierung.

Mit dem Vorschlag einer verpflichtenden Separierung bestimmter riskanter Geschäfte in eine wirtschaftlich, rechtlich und organisatorisch selbstständige Einheit, die aber weiterhin zur selben Bankengruppe gehören kann, wird dabei kein striktes Trennbankensystem angestrebt, sondern das Universalbankensystem im Prinzip erhalten. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene rechtliche Trennung stellt zwar einen deutlich weniger starken Eingriff in die Geschäftsmodelle dar als die Volcker Rule in den USA (völliges Verbot des Eigenhandels) bzw. die Vorschläge der Vickers-Kommission in UK (pauschales Ring-Fencing des Einlagengeschäfts ohne Schwellenwerte) und die des Liikanen Berichtes für die EU (auch Separierung des Market-Making). Die angestrebte funktionale Trennung kann jedoch dazu beitragen, das in Einlagenkreditinstituten betriebene, klassische Bankgeschäft einschließlich des Zahlungsverkehrsgeschäfts vor Risiken zu schützen, die sich aus besonders riskanten Geschäften ergeben.

Der Separierungsvorschlag bringt indes eigene Schwierigkeiten mit sich. So müssen die abzutrennenden Geschäfte einschließlich der Ausnahmeregelungen eindeutig definiert werden, um eine Umgehung zu verhindern. Die Komplexität der technischen Umsetzung gerade in Abgrenzungsfragen sollte dabei nicht unterschätzt werden. Fehlt eine klare Abtrennung, werden adverse Anreize gesetzt, und es sind unter Umständen Umgehungsaktivitäten und Rechtsunsicherheit zu befürchten. Die Schwierigkeiten bei der regulatorischen Umsetzung der amerikanischen Volcker Rule sind hierbei ein warnendes Beispiel.

Vor diesem Hintergrund stehen wir den in Artikel 2 des vorliegenden Gesetzentwurfes vorgeschlagenen Regelungen insgesamt positiv gegenüber. Neben den im Weiteren angebrachten technischen Anmerkungen empfehlen wir jedoch die Einführung einer Bagatellgrenze bezogen auf die zu separierenden Geschäfte. Hierdurch kann die Entstehung unangemessener Kosten vermieden werden, falls als riskant identifiziertes Geschäft lediglich in sehr geringem Umfang betrieben wird. Dies erscheint gerade aufgrund der Unterschiede zwischen Eingangskriterien und als riskant identifizierten Geschäften als angemessen.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass die Separierung nur ein Element eines ganzen Maßnahmenbündels sein kann, das zur Sicherung der Finanzstabilität notwendig ist. Entscheidend sind eine angemessene Kapital- und Liquiditätsausstattung sowie ein glaubwürdiges Abwicklungsregime, das die Haftungsreihenfolge einhält und nach der Verlustübernahme durch die Eigenkapitalgeber grundsätzlich eine Haftung auch für Fremdkapitalgeber einschließt und letztlich ein unfreiwilliges Ausscheiden aus dem Markt zu einem realistischen Szenario und damit zu einer realistischen Drohung macht.

Weiterhin ist es erforderlich, die Wechselwirkungen mit anderen derzeit bestehenden Regulierungsinitiativen und anstehenden Zuständigkeitsverlagerungen in der Aufsicht (Entwurf einer Verordnung, mit der der EZB bestimmte Aufgaben in der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen werden) zu untersuchen sowie die Konsistenz der Regulierung insgesamt sicherzustellen.

Die in Artikel 3 im Gesetzentwurf vorgesehenen Konkretisierungen der Geschäftsleiterpflichten für besondere organisatorische Pflichten bei dem Risikomanagement der Institute tragen wir inhaltlich mit. Bezüglich der erforderlichen Bestimmbarkeit einer konkreten Anordnung in Form eines Verwaltungsakts an die Normadressaten bestehen jedoch Bedenken.

Gegen die Einführung eines neuen Straftatbestandes bestehen Bedenken: Die Anhebung der Sanktionierung auf die Strafrechtsebene erscheint zunächst unverhältnismäßig. Darüber hinaus dürfte die erforderliche Kausalität zwischen der nicht ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und der hierdurch herbeigeführten Bestandsgefährdung des Instituts in der Praxis kaum nachzuweisen sein.

Der Gesetzentwurf im Einzelnen

Artikel 1 „Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten“

Einbeziehung der Deutschen Bundesbank

Bei der Einbeziehung der Deutschen Bundesbank in die Sanierungs- und Abwicklungsplanung besteht Bedarf zur Überarbeitung. Die Sanierungsplanung gehört zum Aufsichtsbereich der laufenden Überwachung und sollte daher der Regelung des § 7 KWG unterliegen. Bei der Abwicklungsplanung, die nicht dem Bereich der laufenden Überwachung zuzurechnen ist, sollte im Einzelnen – wie etwa auch im KreditReorgG oder §§ 48 a ff. KWG vorgesehen – die Beteiligung der Deutschen Bundesbank ausdrücklich geregelt werden.

Um ihre Aufgabe als Sachverhaltsaufklärer in der laufenden Überwachung und ihre Anhörungspflichten und Möglichkeiten zur Stellungnahme sowie ihre makroprudenziellen Aufgaben gemäß Finanzstabilitätsgesetz wahrnehmen zu können, benötigt die Deutsche Bundesbank in jedem Fall ausreichende Informationen über die Sanierungs- und Abwicklungsplanung.

Errichtung einer Abwicklungseinheit in der BaFin

Unklar ist, warum die organisatorische Vorgabe zur Einrichtung einer Abwicklungseinheit in der BaFin im KWG verankert werden soll. Aus unserer Sicht wäre hierfür das FinDAG besser geeignet. Eine klare Abgrenzung zwischen aufsichtlicher Tätigkeit und den Aufgaben einer Abwicklungsbehörde sollte zudem mit Blick auf den zukünftigen europäischen Aufsichtsmechanismus angestrebt werden. Insoweit sollte die vorgesehene Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Sanierungsplanung, die der aufsichtlichen Tätigkeit zuzuordnen ist, auf die Abwicklungseinheit überdacht werden.

Artikel 2 „Abschirmung von Risiken“

Der Gesetzentwurf bezweckt mit der Abtrennung und Übertragung bestimmter riskanter Geschäfte in ein Finanzhandelsinstitut die Sicherung der Solvenz der Institute und der nachhaltigen Stabilisierung der Finanzmärkte. Weiterhin soll verhindert werden, dass Einlagen von Bürgern dazu genutzt werden können, spekulative Hochrisikostrategien auf eigene Rechnung ohne die unter Marktbedingungen angemessene Risikoprämie auf Fremdkapital zu finanzieren.

Erreicht werden soll dies über eine bessere Abschirmung von Risikosphären innerhalb von Kreditinstituten, indem bestimmte Eigengeschäftsaktivitäten und andere riskante Geschäfte der Kreditinstitute vom Kundengeschäft abgeschirmt werden. Dabei ist laut Zielsetzung geboten, dass die Abtrennung riskanter Geschäfte, und damit die Abschirmung des Kundengeschäfts, nur dann erfolgt, wenn die riskanten Geschäfte einen bestimmten Umfang erreicht haben.

Konkret wird Einlagenkreditinstituten und Finanzgruppen, denen Einlagenkreditinstitute angehören, bei Überschreiten gewisser Schwellenwerte ein Verbot bestimmter Geschäfte auferlegt. Allerdings dürfen die verbotenen Geschäfte innerhalb der Gruppe weiter betrieben werden, wenn sie in eine wirtschaftlich, organisatorisch und rechtlich eigenständige Handelseinheit (Finanzhandelsinstitut) überführt werden.

Die genannten Schwellenwerte sind an den Liikanen-Bericht angelehnt. Erreicht ein Institut 100 Mrd. EUR in den IFRS Kategorien „afs“ und „hft“ oder in den HGB-Positionen „Liquiditätsreserve“ und „Handelsbestand“ oder erreichen bei Instituten mit einer Bilanzsumme von mehr als 90 Mrd. EUR die zuvor genannten Größen einen Anteil von mindestens 20 % an der Bilanz, fallen diese unter die Regelungen des Gesetzes.

Die Kategorien zur Berechnung der Schwellenwerte (bestimmte Bilanzpositionen) sind nicht mit den verbotenen Geschäften identisch, die letztlich zu separieren sind. Aufgrund einer fehlenden Bagatellgrenze für die verbotenen Geschäfte kann dies dazu führen, dass ein Institut zwar die Schwellenwerte überschreitet, und somit die verbotenen Geschäfte separieren muss, diese aber nur einen äußerst geringen Anteil der Bilanz ausmachen und auch keine für das Finanzsystem insgesamt relevante Größenordnung erreichen.

Die in § 3 Abs. 2 KWG-E definierten verbotenen Geschäfte umfassen:
(i) das Eigengeschäft, also den nicht kundenbezogenen Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung[1];
(ii) Kredit- und Garantiegeschäfte mit bestimmten Hedgefonds und EU-AIF oder ausländischen AIF mit hohem Fremdkapitaleinsatz und
(iii) den Hochfrequenzhandel[2], insoweit dieser kein Market-Making[3] darstellt.

Von dem genannten Verbot des Eigengeschäfts ist eine Ausnahme für Geschäfte vorgesehen, die zur Absicherung von Geschäften mit Kunden getätigt werden, die der Zins-, Währungs- und Liquiditätssteuerung des Kreditinstituts dienen oder die dem Erwerb oder der Veräußerung langfristig angelegter Beteiligungen dienen.

Zulässig für das Einlagenkreditinstitut bleibt zudem das Erbringen des Eigenhandels, also die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten auf eigene Rechnung als Dienstleistung für andere. Darunter fallen Geschäfte im Kundenauftrag, insbesondere das Market-Making.

Unseres Erachtens ist unklar, ob und mit welchen Kontrahenten das Einlagenkreditinstitut weiterhin Absicherungsgeschäfte für Adressausfallrisiken tätigen kann (z.B. Kauf von Credit Default Swaps (CDS)), da in der Ausnahmeregelung des Gesetzesentwurfs lediglich auf die Zins-, Währungs- und Liquiditätssteuerung eingegangen wird. Die Ausnahme sollte unseres Erachtens nach auch Kreditrisikosteuerung beinhalten.

Das Verbot des Hochfrequenzhandels könnte in der derzeitigen Fassung – betroffen ist nur der Hochfrequenzhandel, der nicht Market-Making nach der Leerverkaufsverordnung[4] ist – ins Leere laufen.

In der Praxis würden wohl nach den Regelungen in § 3 Abs. 2 KWG-E neben dem Eigengeschäft nur die aufgeführten Kredit- und Garantiegeschäfte mit Hedgefonds und EU-AIF oder ausländischen AIF in das Finanzhandelsinstitut verpflichtend ausgelagert werden. Hier stellt sich die Frage nach der Tragfähigkeit eines solchen Geschäftsmodells. Soweit diese Form des Handels und dieser Geschäfte bisher nur aufgrund einer angenommenen Staatsgarantie und des Zugangs zum Sicherheitsnetz profitabel ist, könnte infolge einer Separierung die Marktdisziplin ggf. die Aufgabe dieser Aktivitäten erzwingen.

§ 3 Abs. 3 KWG-E enthält zudem eine Befugnis der Bundesanstalt, folgende Geschäfte zu verbieten bzw. die Separierung anzuordnen:
(i) das Market-Making und
(ii) sonstige Geschäfte, die ihrer Art nach eine Risikointensität aufweisen, wie die verbotenen Geschäfte oder das Market-Making. Die Eingriffsbefugnis kann ausgeübt werden, wenn diese Geschäfte die Solvenz des Einlagenkreditinstituts oder des Unternehmens zu gefährden drohen, und unterliegt nicht den oben genannten Schwellenwerten.

Die in § 3 Abs. 3 Nr. 2 KWG-E für die Bundesanstalt vorgesehene Befugnis „sonstiger Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die ihrer Art nach in der Risikointensität mit den Geschäften des Absatzes 2 Satz 2 oder des Satzes 1 Nummer 1 vergleichbar sind" zu verbieten, sollte vorzugsweise bestimmter gefasst werden, zumal ein Verstoß gegen ein von der Bundesanstalt ausgesprochenes Verbot auch strafbedroht sein soll.[5]

Im Gesetzentwurf werden zudem bestimmte Anforderungen an das Finanzhandelsinstitut gestellt. So darf es nicht von ansonsten für gruppenangehörige Institute geltenden aufsichtsrechtlichen Erleichterungen profitieren (§ 2a KWG findet keine Anwendung). Das Finanzhandelsinstitut hat seine Refinanzierung eigenständig sicherzustellen und Geschäfte des Einlagenkreditinstituts oder der Unternehmen, die einer Institutsgruppe, einer Finanzholding-Gruppe, einer gemischten Finanzholding-Gruppe oder einem Finanzkonglomerat angehören, die bzw. das ein Einlagenkreditinstitut einschließt, mit dem Finanzhandelsinstitut sind wie Geschäfte mit Dritten zu behandeln. Eine konzerninterne Refinanzierung wäre somit nur zu Marktbedingungen zulässig. Das Finanzhandelsinstitut darf keine Zahlungsdienste erbringen und nicht das E-Geld-Geschäft im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes betreiben.

Da es sich bei dem Finanzhandelsinstitut um ein Konzernunternehmen handelt, sollte u.E. geprüft werden, wie sich die vorgesehene Stellung des Finanzhandelsinstituts als wirtschaftlich, organisatorisch und rechtlich eigenständiges Unternehmen auf die gesamte Gruppe bzw. den Konzern betreffende Regelungen auswirken würde – insbesondere bezüglich der Fragen der Bilanzierung und der Konzernhaftung. Hier sei darauf hingewiesen, dass nach dem Liikanen-Bericht (S. 98) für eine getrennte Handelseinheit insbesondere gefordert wird, dass eine separate Bilanzierung vorgenommen wird. Der Gesetzentwurf enthält demgegenüber keine Vorschriften, nach denen eine Einzelbilanzierung verpflichtend und insbesondere die Befreiung von Bilanzierungspflichten für das Finanzhandelsinstitut ausgeschlossen sein soll. Auch haftungsrechtliche Nachwirkungen im Zusammenhang mit der Separierung könnten einer strikten Abtrennung riskanter Geschäfte in ein Finanzhandelsinstitut für eine gewisse Zeit nach der Ausgliederung in diese Einheit entgegenstehen.

Die in § 25f Abs. 3 Satz 1 KWG-E gewählte Formulierung „Das Finanzhandelsinstitut hat seine Refinanzierung eigenständig sicherzustellen.“ erscheint zu unbestimmt, da auch das Verständnis bestehen könnte, dass ein Nichterfüllen dieser Anforderung zu einer nicht vollständigen und somit nicht ordnungsgemäßen Separierung der in § 3 Absatz 2 und 3 aufgeführten verbotenen Geschäfte führen könnte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der in § 54 KWG enthaltenen Strafandrohungen für einen Verstoß gegen § 3 Absätze 2 und 3 von Relevanz.

Mit Blick auf die Intention des Gesetzesentwurfs ist zudem aus unserer Sicht unklar, ob eine Unterstützung des Finanzhandelsinstituts durch das Einlagenkreditinstitut hinreichend ausgeschlossen wird.

Zur Kapitalisierung eines Finanzhandelsinstituts wird in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass grundsätzlich eine Rekapitalisierung des Finanzhandelsinstituts durch das Einlagenkreditinstitut erfolgen kann. Hier stellt sich die Frage, ob neben der Erhöhung des Eigenkapitals weitere Formen bzw. Verfahren der Rekapitalisierung durch das Einlagenkreditinstitut möglich sein können oder sollen.

Im Falle von Verbundstrukturen sollte untersucht werden, ob und inwiefern Finanzhandelsinstitute in den Genuss der Institutssicherung kämen.
 

Artikel 3 „Weitere Änderungen des Kreditwesengesetzes“

Zu § 25c Abs. 3a und 3b KWG-E, Besondere organisatorische Pflichten

Wenngleich die vorgesehenen Konkretisierungen der Geschäftsleiterpflichten bezüglich des Risikomanagements der Institute grundsätzlich inhaltlich mitgetragen werden, bestehen nach wie vor Bedenken bezüglich der erforderlichen Bestimmbarkeit des tatsächlich strafbaren Verhaltens für die Normadressaten.

Die Vorschrift des § 25a KWG und die MaRisk geben einen sehr ausführlichen und detaillierten Leitfaden für die Ausgestaltung des Risikomanagements bei den einzelnen Instituten vor. Bisher verfolgt die Aufsicht den präventiven Ansatz, den Instituten prinzipienorientiert Leitlinien vorzugeben, ihnen die konkrete Ausgestaltung jedoch selbst zu überlassen. Die konkreten Anforderungen sind dabei aber von Institut zu Institut unterschiedlich und können nicht objektiv und generell für alle Institute niedergelegt werden. Dementsprechend scheint es kaum möglich, allgemein verbindliche Sicherstellungspflichten der Geschäftsleitung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Risikomanagements so konkret zu formulieren, dass deren Einhaltung bzw. Nichteinhaltung später gerichtsfest nachweisbar wäre. Anders als bei den sonstigen Verhaltenspflichten des KWG, die mit Straf- und Bußgeldtatbeständen bewehrt sind, ist somit hier kein von vornherein klar umrissener objektiver Tatbestand normiert.

Bedacht werden sollte ferner, dass im CRD IV-Umsetzungsgesetz nach jetzigem Stand bereits in § 25a Abs. 1 Satz 2 KWG die Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation festgeschrieben ist und eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation nachfolgend definiert wird sowie in § 25c Abs. 2 KWG entsprechende Pflichten der Geschäftsleiter aufgeführt werden. Nach unserer Auffassung sollte dies ausreichen, ein eventuelles Fehlverhalten sanktionieren zu können. Weitere Regelungen bergen die Gefahr der Doppelung bzw. Kollision.

Zu § 54a KWG-E, Strafrechtsnorm

Gegen die Einführung des neuen Straftatbestandes bestehen Bedenken. Ein eigener Straftatbestand fördert nicht den eigentlichen Zweck des § 25a KWG und einer präventiven Aufsicht, nämlich die Schaffung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation; er wäre möglicherweise sogar kontraproduktiv.

Durch die Schaffung eines eigenen Straftatbestandes ist zu befürchten, dass die Institute bei gleichbleibendem Personalaufwand stärkeres Augenmerk darauf verwenden, ihr Bemühen um ein „angemessenes“ Risikomanagement zu dokumentieren und weniger Mühe auf die tatsächliche Qualität dieses Risikomanagements verwandt werden würde. Die Unterscheidung zwischen qualitativ angemessenen Risikomanagementstrukturen und nicht ausreichenden Risikomanagementstrukturen wird für die Aufsicht hierdurch nur erschwert.

Auch bestehen starke Bedenken bezüglich der Bestimmtheit des strafrechtsrelevanten vorwerfbaren Verhaltens. Vor allem aber dürfte die nach § 54a erforderliche Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und einer hierdurch herbeigeführten Bestandsgefährdung des Instituts konkret nur schwer zu beweisen sein. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung der Marktmechanismen und der grundlegenden Komplexität der Ursachen und Gründe für die Bestandsgefährdung eines Instituts dürfte ein solcher Beweis, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu führen sein. Insoweit erscheint die praktische Relevanz dieses Straftatbestandes von vornhinein fraglich.

Mit der geplanten Anhebung der Sanktionierung der Pflichtverletzung auf die Strafrechtsebene wird aufgrund des gewählten Strafmaßes einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren das nicht vertretbare Ergebnis geschaffen, dass ein Geschäftsleiterverstoß gegen Sicherstellungspflichten in gleicher Weise bestraft wird, wie das Betreiben unerlaubter Bankgeschäfte nach § 54 Abs. 1 KWG. Dies scheint unverhältnismäßig.

Darüber hinaus bestehen Bedenken bezüglich der Stringenz des Strafmaßes beim Fahrlässigkeitstatbestand, der nach § 54 Abs. 2 KWG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren und nach § 54a Abs. 2 KWG-E mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren bedroht ist.

Die Einführung eines gesonderten Straftatbestandes ist auch nicht für eine vollständige richtlinienkonforme Umsetzung des Art. 67 Abs. 1 lit. d i.V.m. Abs. 2 CRD IV erforderlich, denn nach Art. 67 Abs. 2 CRD IV muss ein Verstoß gegen Governance-Regelungen für natürliche Personen (lediglich) mit einer Verwaltungsgeldstrafe von bis zu 5 Mio. Euro belegt werden können.


Fußnoten

  1. Eigengeschäft ist der Handel mit Finanzinstrumenten im Sinne des § 1 Absatz 11 Kreditwesengesetz, der nicht Eigenhandel   im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 4 Buchstabe c Kreditwesengesetz (KWG)
  2. § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 4 Buchstabe d KWG,
  3. Market-Making im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe k der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps
  4. Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps
  5. Nach § 54 Nr. 1 KWG ist das Betreiben von Geschäften, die nach § 3 verboten sind, strafbewehrt.