Viele Menschen überqueren eine Straße an einem Fußgänger-Überweg ©Adobe Stock / Dmytro

Monatsbericht: Deutsche Wirtschaft beginnt sich zu erholen

Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte im zweiten Quartal 2023 wieder leicht gestiegen sein, heißt es im Monatsbericht. Der zuvor rückläufige private Konsum stabilisierte sich wohl. Dazu beigetragen hatte nach Einschätzung der Fachleute, dass der Arbeitsmarkt nach wie vor in guter Verfassung war, die Löhne kräftig stiegen und sich der Preisanstieg nicht weiter verstärkte. Hiervon dürften auch die Dienstleistungsbranchen profitiert haben. 

Industrie und Bau konnten ihre Produktion gegenüber dem Vorquartal nicht ausweiten, obwohl sie von nachlassenden Lieferengpässen und einem hohen Auftragspolster profitierten. Gestiegene Finanzierungskosten dämpften die inländische Nachfrage in beiden Sektoren. Zudem wurde die Industrie durch eine nachlassende Auslandsnachfrage gebremst. Die Stimmung in den Unternehmen trübte sich nach Umfragen des ifo Instituts im Juni deutlich ein. Die wirtschaftliche Erholung im weiteren Jahresverlauf könnte daher etwas zögerlicher ausfallen als in der Juni-Prognose erwartet, folgern die Expertinnen und Experten.

Privater Konsum stabilisierte sich

Der private Konsum dürfte sich im Frühjahr stabilisiert haben, schreibt die Bundesbank. Das Gfk-Konsumklima, das die aktuelle Konsumstimmung der Privathaushalte in Deutschland wiedergibt, verbesserte sich. Insbesondere die Einkommenserwartung stieg deutlich an. Im Einzelhandel erhöhten sich die preisbereinigten Umsätze im Mai erneut. Die privaten Haushalte hätten zudem wohl wieder erheblich mehr für Reisen ausgegeben, dagegen seien die Pkw-Käufe deutlich zurückgegangen, heißt es im Monatsbericht. Auch die Dienstleister profitierten vom besseren Konsumklima: Ihre Produktion stieg im April im Vergleich zum Vorquartal spürbar und auch ihre Geschäftslage verbesserte sich im zweiten Quartal deutlich, wie Umfragen des ifo Instituts zeigen.

Arbeitsmarkt nach wie vor robust

Trotz der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung blieb der Arbeitsmarkt stabil. Allerdings kam der bemerkenswerte Beschäftigungsanstieg der vorangegangenen Monate im Mai zum Erliegen, schreiben die Fachleute. In den meisten Sektoren stagnierte die Zahl der besetzten Stellen. Im Handel und der Leiharbeit, die unter der Kaufzurückhaltung der Haushalte litten, waren weniger Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das ifo Beschäftigungsbarometer blieb im Juni weitgehend auf dem gedämpften Niveau des Vormonats, der entsprechende Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAN) gab hingegen nach. Daher sei in den nächsten Monaten nicht mit einem Beschäftigungsanstieg zu rechnen, so der Monatsbericht.

Die registrierte Arbeitslosigkeit stieg im Juni saisonbereinigt deutlich um 28.000 auf 2,61 Millionen Personen, die dazu gehörige Quote erhöhte sich um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Die Fachleute gehen in den kommenden Monaten aufgrund der nur langsamen konjunkturellen Erholung sowie der Beendigung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Integrationskursen davon aus, dass sich die Arbeitslosigkeit weiter erhöht.

Inflationsrate wegen Sondereffekt wieder höher

Im Juni stieg der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 0,5 Prozent und damit kaum schwächer als in den meisten Vormonaten. „Die Preise für Energie blieben zwar praktisch unverändert und Nahrungsmittel verteuerten sich, wie im Vormonat, weniger stark“, heißt es im Monatsbericht. Der Preisanstieg bei Industriegütern ohne Energie sowie Dienstleistungen sei jedoch nach wie vor überdurchschnittlich. 

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die HVPI-Rate merklich von 6,3 Prozent auf 6,8 Prozent, was die Fachleute aber auf einen Sondereffekt durch die vorrübergehende Einführung von Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket im Juni 2022 zurückführen. Ab September dürften Sondereffekte einen rechnerisch dämpfenden Effekt haben und damit dafür sorgen, dass die Inflationsrate in Deutschland wieder sinkt. Zudem geht die Bundesbank davon aus, dass die jüngsten Preisrückgänge bei Vorprodukten allmählich an die Verbraucher weitergereicht werden. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel dürfte dagegen über den Sommer sehr hoch bleiben, insbesondere da Pauschalreisen seit der Corona-Pandemie wieder ein wesentlich höheres Gewicht erhalten und ihre Preise im Sommer ein übliches Hoch verzeichnen dürften.