Ergebnisse der strukturierten Erhebung zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken unter deutschen Instituten Q1/2022 bis Q1/2023

Im ersten Quartal 2022 begann die Deutsche Bundesbank in Abstimmung mit der BaFin, in den jährlichen Aufsichtsgesprächen mit den Instituten unter nationaler Aufsicht deren Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu erheben. Ziel der Erhebung war es, einen Eindruck über den Umsetzungsstand der unverbindlichen Leitplanken aus dem BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken[1] in den Bereichen Strategie, verantwortliche Unternehmensführung, Geschäftsorganisation und Risikomanagement von ESG-Risiken zu erhalten. Gleichzeitig sensibilisierte die Erhebung die Institute für die aufsichtlichen Erwartungen im Hinblick auf die siebte Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk).[2] 

Bis zum Abschluss der strukturierten Erhebung im März 2023 nahmen insgesamt 810 Institute teil, darunter 443 Genossenschaftsbanken, 229 Sparkassen, 86 Kreditbanken sowie elf Förderbanken und zehn Bausparkassen. Laut eigener Einschätzung sehen sich die Institute hinsichtlich der Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in die Geschäftspraktiken mehrheitlich noch in der Planungsphase oder zu Beginn der Umsetzungsphase. Die erwarteten Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf das Gesamtrisikoprofil bzw. die Gesamtrisikolage werden über alle national beaufsichtigten Institute hinweg aktuell als begrenzt gesehen. Insgesamt geben 215 Institute bzw. 27 % an, dass ESG-Faktoren zur Wesentlichkeit einer oder mehrerer Risikoarten beitragen, vor allem im Bereich der Kredit-, aber auch der Marktpreis- und Reputationsrisiken. Demgegenüber äußerten vier von fünf Instituten in einer Erhebung der EZB bei den von ihr direkt beaufsichtigten Instituten, sich in wesentlichem Ausmaß klimabezogenen Risiken ausgesetzt zu sehen. Beim verbleibenden Fünftel wurden erhebliche Lücken in der Wesentlichkeitsbeurteilung festgestellt.[3]

70 % der Institute haben Nachhaltigkeitsrisiken in der Geschäfts- und/oder Risikostrategie aufgegriffen. Eine Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in die Geschäftsstrategie erfolgt bisher vor allem über Nachhaltigkeitsziele. Weitreichende Maßnahmen, wie die Einstellung von Geschäftsfeldern, kommen in der Praxis bisher kaum zum Tragen. Bei der Risikostrategie dominieren die Festlegung eines Risikoappetits, ESG-spezifische Ausschlüsse und Sektorausschlüsse. Insgesamt sind Maßnahmen in der Risikostrategie durchschnittlich noch seltener implementiert als in der Geschäftsstrategie.

Bezüglich der Durchführung von ESG-bezogenen internen Stresstests und Szenarioanalysen gaben 26 % der Befragten an, diese durchgeführt bzw. für das laufende Jahr geplant zu haben. Dabei scheinen nach den Angaben vor allem größere Institute Vorreiter zu sein. Viele Institute äußerten den Wunsch nach konkreten Verbandsempfehlungen in diesem Bereich. Eine Rückkopplung der Ergebnisse in die strategischen Überlegungen und das Risikomanagement erfolgt bisher nur begrenzt.

Die Verwendung von ESG-Ratings ist bisher in der Gesamtbetrachtung noch nicht weit verbreitet. Mehr als 40 % der befragten Institute gaben aber an, dies zu planen.

In der Gesamtschau zeigt sich, dass es noch deutlicher Anstrengungen bedarf, um einen adäquaten Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken sicherzustellen und die zukünftigen aufsichtlichen Anforderungen der siebten MaRisk-Novelle vollständig zu erfüllen. In erster Linie muss gewährleistet sein, dass grundlegende Methoden und Prozesse vorhanden sind, um die Wesentlichkeit von ESG-Risiken zu bestimmen und diese auf der Basis konkreter strategischer Vorgaben ganzheitlich in das Risikomanagement der Institute einzubeziehen. Diese Themen werden, gemeinsam mit dem parallelen Auf- und Ausbau einer quantitativen Datenbasis seitens der Institute, in den kommenden Jahren im Fokus der Aufsicht stehen. So sollen ESG-Risiken regelmäßig in Aufsichtsgesprächen aufgegriffen und entsprechende Schwerpunkte in bankgeschäftlichen Prüfungen gesetzt werden. Ebenso soll der Dialog mit den Verbänden intensiviert werden. Die Umsetzung der Institute wird hierbei generell vor dem Hintergrund des Proportionalitätsgedankens, der Wesentlichkeit und Methodenfreiheit betrachtet.
 

Fußnoten:

  1. Vgl. BaFin, Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.   
  2. Vgl. BaFin, Mindestanforderungen an das Risikomanagement.
  3. Vgl. EZB, Walking the talk – Banks gearing up to manage risks from climate change, S. 22