April-Ergebnisse der Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey) in Deutschland Banken strafften Kreditrichtlinien
- Die im Rahmen des Bank Lending Survey (BLS) befragten deutschen Banken haben im ersten Quartal 2023 strengere Vergaberichtlinien für Unternehmenskredite, private Wohnungsbaukredite sowie Konsumenten- und sonstige Kredite angelegt. Die Anpassungen waren weniger restriktiv als im vierten Quartal 2022 und entsprachen im Unternehmens- und privaten Wohnungsbaukreditgeschäft den im Vorquartal geäußerten Planungen. Die Straffungen begründeten die Banken in allen Kreditsegmenten in erster Linie mit einem gestiegenen Kreditrisiko.
- Die Kreditbedingungen wurden im Firmenkundengeschäft und für Konsumenten- und sonstige Kredite restriktiver. Im Bereich der privaten Baufinanzierung lockerten die Banken die Bedingungen. Dies äußerte sich in einer Verengung der Margen.
- Die Kreditnachfrage ging in allen drei Kreditsegmenten zurück. Besonders stark nahm die Nachfrage nach privaten Baufinanzierungen ab. Hier kam es zum dritten Mal in Folge zu einem kräftigen Rückgang.
- Die Veränderungen der für geldpolitische Zwecke gehaltenen Wertpapierbestände, die sich aufgrund von Nettoankäufen oder unvollständigen Reinvestitionen ergeben können, wirkten in den vergangenen sechs Monaten negativ auf die Marktfinanzierungsbedingungen der Banken. Zu Änderungen der Kreditrichtlinien und -bedingungen führten sie aber nicht.
- Die Banken profitierten weiterhin von der Liquidität, die durch die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte III (GLRG III) bereitgestellt wurden. Allerdings schwächten sich die positiven direkten und indirekten Auswirkungen der GLRG III auf die finanzielle Situation der Banken in den vergangenen sechs Monaten weiter ab.
- Die Leitzinserhöhungen des Eurosystems wirkten sich über einen positiven Effekt auf das Zinsergebnis steigernd auf die Ertragslage der Banken im Winterhalbjahr 2022/23 aus.
Die Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey) erfasst drei Kreditsegmente: Unternehmenskredite, Wohnungsbaukredite an private Haushalte, sowie Konsumenten- und sonstige Kredite an private Haushalte. Die befragten Banken passten per saldo die Kreditrichtlinien (d. h. die internen Richtlinien oder Kriterien einer Bank für die Gewährung von Krediten) in allen drei Kreditsegmenten restriktiv an. Der Nettoanteil von Banken, die ihre Anforderungen erhöhten, lag bei Unternehmenskrediten bei +16 % (nach +19 % im Vorquartal), bei Wohnungsbaukrediten bei +11 % (nach +29 % im Vorquartal) und bei Konsumenten- und sonstigen Krediten bei +14 % (nach +25 % im Vorquartal). Die Banken begründeten die strengeren Anforderungen mit einem nach ihrer Einschätzung erhöhten Kreditrisiko.
Relevant hierfür waren im Unternehmensgeschäft vor allem die Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage und der Konjunkturaussichten sowie branchen- und firmenspezifische Faktoren. Für Wohnungsbaukredite spielte neben der Eintrübung der allgemeinen Wirtschaftslage und der Konjunkturaussichten die verschlechterten Aussichten am Wohnimmobilienmarkt und die gesunkene Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer die wichtigste Rolle. Für das zweite Quartal 2023 planen die Banken, ihre Richtlinien per saldo in allen drei Kreditsegmenten weiter zu straffen. Im Vergleich mit den aktuellen Straffungen sollen die Anpassungen im Firmenkundengeschäft und im Bereich der privaten Baufinanzierung aber geringer ausfallen.
Die Kreditbedingungen (d. h. die in den Kreditverträgen vereinbarten tatsächlichen Bedingungen für die Gewährung von Krediten) in der Gesamtbetrachtung strafften die Banken im Firmenkundengeschäft aufs Neue. Die Straffung fiel aber geringer aus als bei den vergangenen beiden Befragungen. Sie schlug sich vor allem in einer Ausweitung der Margen und erhöhten Anforderungen an die Sicherheiten nieder. Im Bereich der privaten Wohnungsbaukredite lockerten die Banken erstmals seit fünf Quartalen die Bedingungen insgesamt wieder. Die Anpassungen betrafen ausschließlich die Margen und wurden mit einem gestiegenen Wettbewerb begründet. Die Bedingungen für Konsumenten- und sonstige Kredite passten die Banken restriktiv an. Die Turbulenzen im Zusammenhang mit der Insolvenz der Silicon Valley Bank (SVB) und der Schieflage der Credit Suisse im März scheinen sich somit nicht in der Kreditangebotspolitik der deutschen Banken niedergeschlagen zu haben.
Die Kreditnachfrage der Unternehmen nahm abermals ab, aber geringer als im Vorquartal. Erneut dämpften vor allem das gestiegene allgemeine Zinsniveau und die Zurückhaltung der Unternehmen bei Anlageinvestitionen die Kreditnachfrage, vor allem nach langfristigen Ausleihungen. Der Mittelbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel stieg dagegen weiterhin an. Die Kreditablehnungsquote nahm gegenüber dem Vorquartal erneut spürbar zu.
Die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten ging zum dritten Mal in Folge beträchtlich zurück. Als wesentliche Gründe für diesen Rückgang gaben die Banken das gestiegene allgemeine Zinsniveau, die nach Einschätzung der Kreditnehmer deutlich verschlechterten Aussichten am Wohnimmobilienmarkt und das gesunkene Verbrauchervertrauen an. Die Kreditablehnungsquote nahm erneut zu, aber nicht so deutlich wie im Vorquartal. Die Nachfrage nach Konsumenten- und sonstigen Krediten sank abermals erheblich. Für die kommenden drei Monate erwarten die Banken eine Stabilisierung der Nachfrage der Unternehmen. Bei privaten Wohnungsbaukrediten und bei Konsumenten- und sonstigen Krediten rechnen sie dagegen mit einem weiteren Nachfragerückgang, der nach Einschätzung der Banken jedoch schwächer ausfallen dürfte als im Anfangsquartal 2023.
Die April-Umfrage enthielt zusätzliche Fragen zu den Refinanzierungsbedingungen der Banken, zu den Auswirkungen der geldpolitischen Portfolien des Eurosystems und zu den GLRG III. Zudem war erstmals eine Frage zu den Auswirkungen der Leitzinsentscheidungen des EZB-Rats enthalten.
Die deutschen Banken berichteten vor dem Hintergrund der Lage an den Finanzmärkten von einer im Vergleich zum Vorquartal leicht verschlechterten Refinanzierungssituation, unter anderem bei der Begebung von mittel- bis langfristigen Schuldtiteln. Die Veränderungen der für geldpolitische Zwecke gehaltenen Wertpapierbestände des Eurosystems, die sich aufgrund von Nettoankäufen oder unvollständigen Reinvestitionen ergeben können, beeinflussten die Liquiditätsposition der Banken und deren Ertragslage in den vergangenen sechs Monaten kaum. Der Einfluss auf die Marktfinanzierungsbedingungen der Banken war dagegen negativ. Hier drin dürfte sich die Einstellung der Nettoankäufe seit Juli 2022 und die Absenkung der Reinvestitionen seit März 2023 widerspiegeln. Zu Änderungen der Kreditrichtlinien und -bedingungen führten die Änderungen der geldpolitischen Portfolien bei den Banken aber nicht. Sie trugen jedoch zu einem Rückgang des Kreditvolumens bei Wohnungsbaukrediten und Konsumenten- und sonstigen Krediten bei. Die GLRG III führten im Winterhalbjahr 2022/23 laut Angaben der Banken erneut mittel- oder unmittelbar zu einer komfortableren Liquiditätsposition und zu einer Erhöhung der Profitabilität. Auch leisteten sie einen Beitrag zur besseren Erfüllung regulatorischer und aufsichtlicher Anforderungen. Im Vergleich zum Sommerhalbjahr 2022 nahmen diese Einflüsse aber deutlich ab. Auf die Kreditrichtlinien, -bedingungen und das Kreditvolumen hatten die GLRG III in den vergangenen sechs Monaten laut Angaben der Banken keinen nennenswerten Einfluss. Die Leitzinserhöhungen des Eurosystems beeinflussten die Ertragslage der Banken in den vergangenen sechs Monaten insgesamt positiv. Zwar belasteten sie das zinsunabhängige Ergebnis. Dem stand aber eine merkliche Verbesserung des Zinsergebnisses gegenüber.
Die viermal im Jahr durchgeführte Befragung zum Kreditgeschäft fand in der Zeit vom 22. März bis zum 6. April 2023 statt. An der Umfrage nahmen in Deutschland 33 Banken teil. Die Rücklaufquote lag bei 100 %.
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