„Wir meistern den Wandel gemeinsam“ Interview im Intranet der Bundesbank
Herr Nagel, im vergangenen Jahr ist mit dem Programm Wandel ein Prozess in Gang gesetzt worden, der bereits für mächtig Bewegung in der Bank gesorgt hat. Wie erleben Sie diesen Prozess?
Das Programm Wandel hat in der Tat einen enormen Drive erzeugt. Das erfahre ich auch in vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen. Selten war in der Bank – und ich kenne sie ja nun wirklich sehr gut – so viel Aufbruchstimmung zu spüren. Das sehe ich als ein absolut positives Signal, denn wir brauchen diese gemeinsame Überzeugung, diesen Willen zur Veränderung, um uns so aufzustellen, dass wir unsere Aufgaben auch in Zukunft erfolgreich bewältigen können. Und mir sind auch die kritischen Stimmen willkommen, wenn es um die besten Lösungen geht.
Warum ist das Programm Wandel überhaupt nötig? Ist die Bundesbank ihren Aufgaben etwa nicht mehr gewachsen?
Die Bundesbank hat mit ihrem geldpolitischen Mandat, der Sicherung der Stabilität der Banken und des Finanzsystems und im Rahmen des baren und unbaren Zahlungsverkehrs enorm wichtige gesellschaftliche und systemrelevante Aufgaben. Wir verdanken es der großen Kompetenz und dem Engagement unserer Kolleginnen und Kollegen, dass die Bundesbank dabei auch international einen herausragenden Ruf erworben hat. Den wollen wir auch in einem außerordentlich herausfordernden Umfeld erhalten, das von einem rapiden technologischen Fortschritt und einer sich verschärfenden demografischen Entwicklung geprägt ist. Bis 2035 werden wir rund 50 Prozent unserer Beschäftigten durch Altersabgänge und Fluktuation verloren haben – und das bei wohl leergefegten Arbeitsmärkten. Hinzu kommen die Herausforderungen durch Klimawandel und geopolitische Ereignisse.
Vor diesen Herausforderungen können wir nicht die Augen verschließen. Wir können sie als Institution nur bewältigen, wenn wir insgesamt schneller, schlagkräftiger und flexibler werden. Und genau dafür ist das Programm Wandel da: Es geht darum, die Bundesbank zu einer zukunftsfähigen, agilen und digitalen Organisation weiterzuentwickeln. Der Anspruch des Vorstands ist, dass wir in Deutschland und im Eurosystem eine bedeutende Rolle behalten und allen unseren Beschäftigten ein modernes, attraktives und zukunftssicheres Arbeitsumfeld bieten. Dafür schaffen wir gerade die nötigen Grundlagen. Und ich bin mir sicher, dass wir dieses Ziel auch in der Zeit erreichen, die wir uns vorgenommen haben – das heißt bis Ende 2027. Wir meistern den Wandel gemeinsam – in Zentrale, Hauptverwaltungen und Filialen.
Wo steht die Bundesbank auf dem Weg dorthin?
Das erste Jahr steht unter dem Motto „Transformationsfähigkeit herstellen“, und hier haben wir schon in den ersten Monaten einiges erreicht. Das Programm hat nicht nur einen besonderen Spirit, also eine Aufbruchstimmung und Veränderungsbereitschaft, erzeugt. Es hat auch bereits jetzt für eine ganze Reihe an konkreten Verbesserungen gesorgt – über Prozessoptimierungen und eine Positionierung für Verbriefungen im Rahmen der Kapitalmarktunion haben wir erst kürzlich im Intranet berichtet. Seit unserer Auftaktveranstaltung Ende April arbeiten mehr als 200 Kolleginnen und Kollegen aus der gesamten Bank – aus den Filialen, den Hauptverwaltungen und der Zentrale – bereichsübergreifend daran, die Bank zukunftsfähig aufzustellen. In Teams wollen sie ganz konkrete Verbesserungen auf den Weg bringen: bei Strategie und Steuerung, Aufbauorganisation und Führungskultur, Prozessoptimierung sowie Agilisierung.
Sie betonen die Aufbruchstimmung. Das ist aber nur die eine Seite. Die andere ist, dass Veränderungen auch mit Sorgen einhergehen. Wie gehen Sie mit solchen Reaktionen um?
Veränderung bedeutet erstmal immer auch Unsicherheit. Ich kann gut verstehen, dass einige Kolleginnen und Kollegen das beunruhigt. Ich nehme die Sorgen unserer Beschäftigten ernst. Und konstruktive Skepsis kann durchaus dazu beitragen, dass wir bessere Ergebnisse erzielen.
Festzuhalten ist, dass viele Kolleginnen und Kollegen aktiv den Wandel angehen und mitgestalten. Niemand erwartet aber, dass jetzt alle „Hurra!“ rufen. Immerhin haben wir mit dem Programm Wandel einen der ambitioniertesten Veränderungsprozesse in der Geschichte der Bank gestartet. Dass das nicht nur Bewegung, sondern auch Unruhe und manches Ruckeln erzeugt, ist klar – zumal das alles neben dem Tagesgeschäft gestemmt werden muss.
Wir müssen miteinander im Gespräch bleiben und dürfen nicht nachlassen, zuzuhören und mit Ergebnissen zu überzeugen. Denn wir alle haben ein gemeinsames Ziel: dass die Bundesbank auch in Zukunft ihre Aufgaben bestmöglich erfüllt. Dabei werden wir im Vorstand den Weg der Veränderung auf eine Weise gehen, die unserer Bundesbank-Kultur entspricht.
Wie sieht diese Bundesbank-Kultur konkret aus?
Als fürsorglicher Arbeitgeber, der sich seiner Verantwortung gegenüber seinen Beschäftigten bewusst ist, müssen wir unser Handeln an dieser Verantwortung gegenüber den Beschäftigten auch messen lassen. Ich habe es seit dem Start von Wandel bereits mehrfach gesagt: Wandel ist ein Zukunftsprogramm. Niemand muss sich aufgrund von Wandel Sorgen um den Verlust seines Arbeitsplatzes machen – es wird keine Entlassungen geben.
Teile der Bank assoziieren Wandel trotzdem weniger mit Zukunft und Aufbruch, sondern mit Stellenkürzungen. Stichwort: „10 Prozent“.
Als erste Reaktion kann ich das sofort nachvollziehen, aber sie sollte nicht überdecken, dass die Bundesbank mit dem Stellenziel im Programm Wandel den notwendigen Raum schafft, damit wir Zukunftsthemen besser angehen können. Fakt ist, dass es für uns als verantwortungsvoller, fürsorglicher Arbeitgeber konkret heißt: Wir werden unser Stellenziel von 10.000 Vollzeitkräften über Altersabgänge und natürliche Fluktuation erreichen. Der Vorstand hat im Zusammenhang mit Wandel vorgegeben, 10 Prozent der Planstellen bis Ende 2027 einzusparen, um den Personalstand in Zukunftsbereichen gezielt aufstocken zu können. Unter dem Strich kommen wir damit auf insgesamt 10.000 Vollzeitstellen – eine Marke, die bereits in einem früheren Strategiezyklus beschlossen wurde. Mit diesen Veränderungen schaffen wir den notwendigen Gestaltungsraum, um uns frühzeitig für Themen aufzustellen, die unsere Zukunft bestimmen werden.
Können Sie einen Ausblick geben, wie es in Sachen Wandel weitergeht?
Dafür wird die Führungskonferenz, die jetzt am Donnerstag und Freitag stattfindet, wichtige Impulse liefern. Als der Vorstand im vergangenen Jahr beschlossen hatte, den nächsten vierjährigen Strategieprozess der Bundesbank anders als bisher zu gestalten, haben wir damit auch Anregungen und Kritik der Beschäftigten aufgegriffen. Dazu gehörte, dass wir nicht schnell genug vom Fleck kommen, wenn viele Themen gleich wichtig sind.
Im Strategieprozess müssen wir daher sicherstellen, dass wir klar priorisieren und notwendige Schwerpunkte setzen. Klar ist, wir wollen uns national und international stark positionieren. Wir wollen auch in Zukunft eine wichtige Stimme im Eurosystem sein, ein vertrauenswürdiger Partner.
Auf der Führungskonferenz wird es auch darum gehen, den notwendigen Kulturwandel weiter zu bestärken. Flexibilität, Schnelligkeit, Agilität, bereichsübergreifende Zusammenarbeit – das zu erreichen, erfordert von uns allen Vertrauen, Zusammenhalt und Mut – nicht zuletzt dazu wollen wir uns auf der Führungskonferenz austauschen.