Joachim Nagel ©Frank Rumpenhorst

Nagel: Auslaufende Anleihen nicht mehr vollständig ersetzen

Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat sich bei einer Veranstaltung mit dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW) nochmals dafür stark gemacht, in naher Zukunft den Abbau der hohen Anleihebestände des Eurosystems – und damit eine Verkleinerung der Bilanz – in Angriff zu nehmen. „Ich kann mir vorstellen, Anfang nächsten Jahres damit zu beginnen, fällige Papiere im Rahmen des APP nicht zu ersetzen“, sagte er und verwies diesbezüglich auf die EZB-Ratssitzung am 15. Dezember.

In dieser Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) sei zudem mit einer weiteren Zinserhöhung zu rechnen. „Wir sind vorangegangen und im Dezember werden wir robust weitergehen“, erklärte Nagel vor den Mitgliedern des ICFW. 50 Basispunkte seien für ihn dabei ebenso wie 75 Basispunkte ein „starker Schritt“. Allerdings wolle er erst einmal schauen, wie das Datenbild im Dezember aussehe.

Preisauftrieb bleibt hoch

Um seine geldpolitische Einschätzung zu begründen, gab Nagel zu bedenken, dass der Preisauftrieb in Deutschland wie im gesamten Euroraum nicht nur in diesem Jahr hoch sei, sondern auch in kommenden Jahren hoch bleiben werde. Im Oktober habe die Inflation, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), 11,6 Prozent in Deutschland und 10,6 Prozent im gesamten Euroraum betragen. Er halte es für wahrscheinlich, dass im Jahresdurchschnitt 2022 die Inflation „deutlich über 8 Prozent“ liegen werde, sagte Nagel. 2023 werde sich das Inflationsbild voraussichtlich nicht deutlich verbessern und auch für 2024 sieht er eine hohe Unsicherheit.

Angesichts der angespannten Lage auf den Energiemärkten könnte die hohe Inflation hartnäckiger sein als erwartet. „Wir müssen daher noch ein wenig hartnäckiger sein“, so Nagel mit Blick auf die künftige Geldpolitik. Entscheidend werden zudem die neuen gesamtwirtschaftlichen Projektionen der EZB im Dezember sein, die darüber entschieden, welche weiteren geldpolitischen Maßnahmen nötig seien. 

Keine „harte Landung“ der Wirtschaft

Nagel wehrte sich zudem gegen den Vorwurf, dass die steigenden Zinsen die Wirtschaftsschwäche im Euroraum zusätzlich verschärfen würden. „Die von vielen befürchtete harte Landung sehe ich nicht.“ Er gehe für 2023 vielmehr von einer milden Rezession mit anschließend schwachem Wachstum aus und betonte nochmals, dass die aktuellen geldpolitischen Maßnahmen nötig seien, damit sich zu hohe Inflationserwartungen nicht verfestigten.